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Die Suche nach dem Pivote
ОглавлениеIn La Masia macht Guardiola zunächst weniger durch sein Fußballspiel auf sich aufmerksam als durch sein ständiges Nachdenken und Reden über Fußball. Jedes Training wird von ihm analysiert, manchmal können es seine jungen Mitspieler nicht mehr ertragen. Guardiola ist nicht besser als seine Mitschüler, aber niemand ist so besessen vom Fußball wie er. Bald zeigt sich: Er versteht das Spiel besser als mancher seiner Ausbilder und glänzt vor allem bei Taktikeinheiten. Jaime Oliver, ein ehemaliger Leiter der La Masia: „Vor allem Pep fragte nach. ‚Wäre es nicht besser, wenn wir dort Überzahl schaffen?‘ Analytisch war er eine Maschine. Und abends hat er das Gelernte mit den Teamkollegen noch im Zimmer wiederholt, hat erklärt und insistiert.“
Guardiolas Stammposition ist zunächst das rechte Mittelfeld, wo er aber nur seine Schwächen offenbaren kann, nicht seine Stärken. Aufgrund seiner körperlichen Defizite bleibt Guardiola bis zu seinem 18. Lebensjahr im Juvenil-A-Team und kommt erst anschließend in Barças B-Team. Einmal darf er nun in einem Freundschaftsspiel für die 1. Mannschaft auflaufen. Im Mai 1989 ist Pep in einem Benefizspiel gegen ein Amateurteam in Banyoles dabei. „Du hast langsamer gespielt als meine Großmutter“, raunzt der Chefcoach den Nachwuchsspieler anschließend an.
Einer von Guardiolas Mitspielern im B-Team ist der Niederländer Danny Muller, Sohn der Ajax-Legende Bennie Muller und Verlobter der Cruyff-Tochter Chantal. Anders als Guardiola wird er den Sprung in Barças 1. Mannschaft nicht schaffen und nach der Saison 1988/89 in die Niederlande zurückkehren. Muller ist Guardiolas erster niederländischer Teamkollege und erzählt später: „Pep ist ruhig. Reserviert. Ich erinnere mich, dass er in der Jugend schlank und groß war. Ein schlaksiger Kerl. Er hatte ein Babygesicht.“
Cruyff kreiert beim FC Barcelona eine Position, die man Pivote nennt und die heute dem modernen „Sechser“ entspricht. Anstelle des klassischen Zehners soll ein defensiver Mittelfeldspieler das Spiel lenken. Der Spielmacher wird so nach hinten gezogen und ist auch nicht mehr ausschließlich zentral postiert. Er wirkt aus der Tiefe des Raumes, wird zur Drehachse des Spiels, baut mal von links, mal von rechts oder aus der Mitte auf. Cruyff verlangt auch von den Nachwuchsteams, dieses System zu spielen.
Cruyffs Pivote muss nicht schnell mit den Beinen und kräftig sein. Für den Trainer zählen auf dieser Position vor allem Ballsicherheit und Spielintelligenz sowie Handlungsschnelligkeit. Der Erste, der diesen Anforderungen zu genügen scheint, ist Luis Milla. Als der FC Barcelona in der Saison 1988/89 den Europapokal der Pokalsieger gewinnt, ist Milla Stammkraft. Doch im Sommer 1990 zieht es den 24-Jährigen zu Real Madrid. (Nach dem Ende seiner Karriere trainiert Milla verschiedene Auswahlmannschaften Spaniens und wird 2011 mit der U21 Europameister.) Ein Teil des Vorstands um Vizepräsident Joan Gaspart ist strikt dagegen, dass man einen kommenden Starspieler an den größten Konkurrenten verkauft. Aber Cruyff meint, dass man Reisende nicht aufhalten darf. Für die Katalanen soll nur spielen, wer sich voll und ganz mit der Sache identifiziert.