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Der Wissbegierige

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In der Saison 1990/91 ist Pep Guardiola fest im Kader der 1. Mannschaft des FC Barcelona integriert. Sein Kumpel Tito Vilanova indes wird den Sprung aus dem B-Team nicht schaffen. Vilanova wechselt 1990 zum Zweitligisten UE Figueres und spielt anschließend, von 1992 bis 1995, für den Erstligisten Celta Vigo, kommt aber in drei Jahren nur auf 26 Einsätze in der Meisterschaft. Anschließend tritt er noch für den RCD Mallorca, UE Lleida und den FC Elche vor den Ball, aber eine erinnerungswürdige Profikarriere ist ihm nicht beschieden. 1998 wird er für Lleida gegen seinen alten Klub auflaufen. Im katalanischen Pokal gewinnt Barça 2:1, für den Underdog trifft Vilanova.

Während der Zeit als Spieler von Barça-B hat Guardiola sein Abitur bestanden. Thema seiner Abschlussarbeit war der deutsche Philosoph und Aufklärer Immanuel Kant. Cathrin Gilbert in einem Porträt des „Philosophen“ Guardiola in der „Zeit“: „Er erläuterte, warum ihn die Rolle der Vaterfigur, die von der reinen Vernunft infrage gestellt wird, so sehr interessiere. ‚Sehr gut‘, befanden die Prüfer.“ Anschließend begann Guardiola zunächst, Jura zu studieren: „Ich möchte mein Hirn nicht nur in den Füßen haben.“ Nun aber, als Profi, schmeißt er das Studium.

Auf Geheiß von Cruyff nimmt Ronald Koeman den Neuling unter seine Fittiche. Koeman: „Als Cruyff Pep in die Mannschaft brachte, sagte er zu mir: ‚Du wirst dich um den Jungen kümmern. Du wirst sein Tutor sein. Du wirst ihn entwickeln und ihm den niederländischen Fußballstil beibringen. Von jetzt an ist er dein Zimmergenosse.‘“ Eine gute Entscheidung, denn Guardiola bewundert den fast acht Jahre älteren Niederländer, der 1988 mit dem PSV Eindhoven den Europapokal der Landesmeister und anschließend mit der Elftal die Europameisterschaft gewonnen hat: „Er war einer der ersten Zentralverteidiger, die mehr als nur Abwehrspieler waren. Und er konnte Finals spielen, als ob es Freundschaftsspiele seien. Er konnte Drucksituationen großartig überwinden.“

Koeman schwärmt vom Wissensdurst des jungen Mitspielers: „Pep war fantastisch. Er war begierig zu lernen, er wollte alles wissen. Von Anfang an fragte er mich alles über Ajax und die Ajax-Jugendakademie. Er sagte: ‚Ronald, wie trainieren sie? Was machen sie? Wie spielen sie?‘ Er wollte alles über die niederländische Fußballschule wissen. Mehr als irgendein anderer Spieler wollte er über den One-touch-Fußball erfahren und über das Positionsspiel. Er hatte einen unstillbaren Hunger nach Informationen und ein massives Interesse am Spiel. Wir verbrachten viele Stunden damit, über Fußball zu reden.“

Ähnliche Eindrücke hat Ronald de Boer, der mit Guardiola in Barcelona und in Katar spielte: „Pep liebte den niederländischen Fußball. Er sprach ständig über totaal voetbal, über Angriffspressing, über das, was Johan ihn gelehrt hatte, und über niederländische Spieler.“ Guardiola bekennt später: „Ajax ist das Team gewesen, von dem ich am meisten gelernt habe. Sie spielten großen Fußball im Kollektiv. Ballbesitz war ihr Mantra.“ Ajax-Fußball ist die perfekte Mischung aus Einfachheit und technischer Brillanz.

Auch der Baske José Marí Bakero erinnert sich an einen extrem neugierigen Mitspieler, der seinen erfahreneren Kollegen Löcher in den Bauch fragt: „Obwohl noch so jung, versprühte er schon bald eine natürliche Autorität. Seine Begeisterung war echt, er saugte alles auf und wertete es aus. Im Grunde war er schon auf dem Spielfeld ein Trainer.“

Guardiola hat das Glück, dass Cruyff und Rexach mit ihren Spielern gerne diskutieren. Rexach: „Er hatte die Persönlichkeit, mit uns in Dialog zu treten, er hinterfragte die Entscheidungen. Wenn ein Spieler so strukturiert denkt, dann stört das nicht. Niemals.“ Manchmal sei es aber auch ihm und Cruyff zu viel gewesen: „Viele Haken, nur um am Ende so weit zu sein wie am Anfang. Manchmal fragte er Cruyff und mich so oft ‚warum‘, dass uns nichts anderes übrig blieb, als ‚deshalb‘ zu antworten.“

Auch einigen Mitspielern geht Guardiolas Wissbegierde auf die Nerven. So etwa Frankreichs Weltmeister Emmanuel Petit, der im Sommer 2000 zum FC Barcelona kommt, wo er sich von der katalanischen Gemeinschaft um Guardiola ausgeschlossen und schlechtgeredet fühlt. „Dieser Typ macht mir echt Kopfschmerzen, weil er ständig nach dem Warum fragt.“

Als Persönlichkeit ist der junge Guardiola ein Prototyp seiner späteren Spieler. Ronald Koeman: „Er war freundlich, normal, ohne jeden Hauch von Arroganz. Er benahm sich nicht wie ein Star. Ich erinnere mich, dass er einen gebrauchten VW Golf fuhr, als er zur 1. Mannschaft stieß. Drei Jahre später fuhr er noch immer einen VW Golf.“

In der Saison 1990/91 kommt Guardiola auf vier Einsätze in der Primera División, für Barça-Präsident Núñez nur ein „kindischer Scherz“. Sein Debüt feierte er 19-jährig am 16. Dezember 1990 beim Heimspiel gegen Cadiz. Im April 1991 läuft er gegen CD Castellón, FC Sevilla und RCD Mallorca auf. Der FC Barcelona wird erstmals seit fünf Jahren wieder Meister – mit zehn Punkten Vorsprung auf „Vize“ Atlético Madrid.

(*) Bis 1991 hieß die 2. Mannschaft des FC Barcelona noch Barcelona Atlètic, seither FC Barcelona B.

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