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VORWORT Ein Katalane in München

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Am 16. Januar 2013 vermeldet der FC Bayern die Verpflichtung des Trainers Josep „Pep“ Guardiola zur Saison 2013/14. Die Nachricht schlägt wie eine Bombe ein, denn der 42-jährige Katalane ist derzeit der spannendste und begehrteste Trainer des Weltfußballs.

Zweimal hat Guardiola mit dem FC Barcelona in beeindruckender Weise die Champions League gewonnen, er gilt als „Schirmherr des schönen Fußballs“ (Ronald Reng). Für den „kicker“ ist „Fußball à la Guardiola das Muster für schönes Spiel mit all seinen modernen Facetten“. Weshalb alle, die Rang, Namen und/oder viel Geld im Fußball besitzen, ihn seit seinem Rücktritt bei Barça im Sommer 2012 jagten: Manchester City, Chelsea, Paris St. Germain, die Mailänder Klubs AC und Inter sowie Katar, das steinreiche Austragungsland der WM 2022.

Das Rennen aber macht der FC Bayern München. Mit einem kolportierten Jahresgehalt von acht bis zehn Millionen Euro wird Guardiola zwar zum bestbezahlten Trainer der Bundesligageschichte. Aber verglichen mit dem, was die Konkurrenten boten, bekommt ihn der deutsche Rekordmeister für weniger als die Hälfte des handelsüblichen Preises.

In München, wo Spieler häufig größer waren als ihre Trainer, ist nun der größte Star der Trainer. Als Guardiola am 24. Juni 2013 den Medien präsentiert wird, warten im Presseraum der Allianz Arena rund 250 Journalisten auf den ersten Auftritt des Mannes aus Katalonien. Es ist die bestbesuchte Pressekonferenz in der Geschichte des Klubs.

José Mourinho, Guardiolas großer Rivale, hatte sich 2004 beim FC Chelsea mit den Worten vorgestellt: „Entschuldigen Sie, wenn das arrogant klingt: Chelsea hat jetzt einen Toptrainer. Ich bin nicht arrogant, sondern ein Topmanager. Ein ganz besonderer.“

Louis van Gaal, einer von Guardiolas Vorgängern beim FC Bayern, erzählte auf seiner ersten Pressekonferenz in München, dass er ein Trainer sei, der „überall, wo ich war, Geschichte geschrieben“ habe, und präsentierte sich als Übervater, an dessen Wesen der FC Bayern und der deutsche Fußball genesen mögen.

Während sich Mourinho als „The Special One“ vorstellte und van Gaal als Trainergott, wird Guardiola zwar wie der Heiland angekündigt. Aber dort auf dem Podium in der Allianz Arena sitzt nun – eingerahmt von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge – ein Mann, dessen Auftreten im krassen Gegensatz steht zu dem Hype, der um ihn herum betrieben wird. Der den Eindruck erweckt, als habe er bislang eher den SC Freiburg oder Mainz 05 trainiert und nicht mit dem FC Barcelona innerhalb von nur vier Jahren 14 Titel geholt. Und dessen Demut und Bescheidenheit an diesem Montagmittag auch auf die Bayern-Bosse überspringt. Normalerweise lässt sie so ein Coup, und dies ist vielleicht der größte in ihrer Amtszeit, vor Stolz platzen.

Pressesprecher Markus Hörwick pfeift erst um fünf Minuten nach zwölf an, „denn zuvor laufen ja überall noch die Nachrichten, und es passieren so wichtige Dinge auf der Welt“. Daran muss erinnert werden, denn fast hätte man vergessen, dass es auch noch die Proteste in der Türkei gibt, den Krieg in Syrien, die Jagd der USA auf den vermeintlichen Spion Edward Snowden, die Verurteilung des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi zu sieben Jahren Haft oder das Dauerthema Eurokrise.

Und dann ist da noch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die stellt an diesem Montag ihr Wahlprogramm vor. Schlecht getimed von ihren Wahlkampfstrategen, denn wen interessieren schon die vielen angekündigten Geschenke, wo doch endlich das monatelange Warten auf Pep Guardiola ein Ende hat.

„Guten Tag, grüß Gott, meine Damen und Herren, verzeihen Sie mir mein Deutsch – aber ich habe ein Jahr in New York gelebt, und es ist nicht der optimale Ort, um Deutsch zu lernen“, begrüßt Pep Guardiola die Anwesenden. Es sei „ein Glück, ein Geschenk, hier zu sein.“ Er habe sich für die Bayern „wegen ihrer Geschichte“ entschieden, es gebe „wenige Vereine in der Welt, die speziell sind, und Bayern München ist einer dieser Vereine – wenn sie mich rufen, ist das eine Riesenchance für mich.“

Auch mit den Bayern möchte Guardiola „immer angreifen. Das ist meine Idee von Fußball.“ „Ich möchte immer angreifen“ – hat schon jemals ein Mensch diesen Satz in einem so schönen, freundlich klingenden Deutsch ausgesprochen wie der kultivierte Fußball-Verbesserer aus Katalonien? Zumindest noch kein Deutscher. Und wurde schon jemals mit diesem Satz, wenn er in deutscher Sprache vorgetragen wurde, so viel Positives assoziiert?

Mit Pep Guardiola bereichert ein Trainer die Bundesliga, den FC Bayern und das CSU-Land Bayern, den die Abenteurer und Offensivgeister seiner Branche inspirierten: César Luis Menotti, Marcelo Bielsa, Juanma Lillo und Johan Cruyff. Und über den der Argentinier Menotti, der Nestor eines „linken“ Fußballs, dem „Süddeutsche Zeitung Magazin“ erzählt: „Er (Guardiola) hat eine Vorstellung, wie sein Orchester klingen soll. Wenn einem Trainer nur wichtig ist zu gewinnen, dann wird es schwieriger. Außerdem hat er seinen Spielern etwas in den Kopf gesetzt, was andere Mannschaften nicht haben: Aus der Ordnung heraus gibt es eine große Freiheit für das Abenteuer. (…) Ein großartiger, intelligenter Trainer, der den Fußball liebt, aber nicht nur den Fußball. Frei nach Hippokrates: Wer nur die Medizin kennt, der weiß nichts von der Medizin, und wer nur vom Fußball was versteht, der versteht nicht mal was vom Fußball. (…) Guardiola ist ein Trainer aus unserer Ecke, aus Berufung.“

Wir dürfen gespannt sein.

Dietrich Schulze-Marmeling

Juli 2013

Guardiola

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