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Krönung in Wembley

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In der Saison 1991/92 gewinnt der FC Barcelona erneut die Meisterschaft, dieses Mal allerdings nur äußerst knapp. Die Krönung des Cruyff’schen Schaffens erfolgt im Europapokal der Landesmeister. Es ist die 37. und letzte Auflage des Wettbewerbs, der eine Spielzeit später von der Champions League abgelöst wird – einem Kompromiss zwischen einer europäischen Liga und dem alten, klassischen K.o.-Wettbewerb.

In seiner letzten Saison nähert sich der Landesmeistercup bereits dem neuen Format an. So wird nach zwei K.o.-Runden erstmals in zwei Vierergruppen gespielt, deren Sieger anschließend das Finale austragen. Guardiola und Barça treffen in der frühen K.o.-Phase auf zwei deutsche Mannschaften; zunächst wird Hansa Rostock ausgeschaltet, der letzte Meister der DDR-Oberliga. Nach dem ostdeutschen wartet in der zweiten Runde der westdeutsche Meister auf die Katalanen. Der 1. FC Kaiserslautern hatte in der Liga überraschend den FC Bayern München auf Platz zwei verwiesen, doch auf europäischer Bühne traut man den Pfälzern nicht viel zu. Das Hinspiel gewinnt Barça mit 2:0, aber im Rückspiel wird der Betzenberg um ein Haar zum Stolperstein auf dem Weg zum Titel. Bis zur 90. Minute führen die Pfälzer mit 3:0, dann trifft Bakero mit dem letzten Angriff, und Barça kommt aufgrund des auswärts erzielten Tores doch noch weiter. Die 90 Minuten vom Betzenberg stecken Guardiola noch 17 Jahre später in den Knochen. In der Saison 2008/09 schlägt Barça den FC Bayern München im Hinspiel des Viertelfinales der Champions League souverän mit 4:0. Aber der Chefcoach Guardiola warnt vor dem Rückspiel in München: „Ich war damals in Kaiserslautern dabei. Wir müssen verhindern, dass sich eine ähnliche Dynamik entwickelt.“

In der Gruppenphase muss sich der FC Barcelona nun mit Sparta Prag, Benfica Lissabon und Dynamo Kiew messen. Es scheint ein souveräner Durchgang für Barça zu werden, bis die Katalanen nach einer 0:1-Niederlage in Prag noch einmal zittern müssen. Doch am letzten Spieltag schlägt man Benfica mit 2:1, während Sparta in Kiew 0:1 unterliegt. Damit steht der FC Barcelona zum zweiten Mal nach 1986 im Finale des europäischen Meisterwettbewerbs, wo im Londoner Wembley-Stadion Italiens Champion Sampdoria Genua wartet.

Sampdoria wird vom Jugoslawen Vujadin Boskov trainiert, der wenige Tage vor dem Showdown seinen 61. Geburtstag feiert und zu den erfahrensten Trainern Europas zählt. Von 1974 bis 1978 hatte er in den Niederlanden gearbeitet (ADO Den Haag, Feyenoord), anschließend in Spanien (Real Saragossa, Real Madrid, Sporting Gijon) und in Italien (Ascoli Calcio, Sampdoria Genua). Mit den Genuesen gewann er 1990 bereits den Europapokal der Pokalsieger. Der Jugoslawe ist ein Disziplinfanatiker und wie Cruyff ein Verfechter des offensiven Fußballs, der für ihn aber – anders als für den Niederländer – in erster Linie ein Laufspiel ist.

35.000 Genuesen und 30.000 Katalanen sorgen im mit 75.000 Zuschauern ausverkauften Wembley-Stadion für eine fantastische Stimmung. Für Cruyff ist es keine Frage, wer gewinnen wird: „Wir gewinnen, weil wir den besseren Fußball spielen.“ Dabei setzt der Trainer auf die Aufstellung: Zubizarreta – Koeman – Ferrer, Nando – Eusebio, Guardiola, Juan Carlos – Laudrup, Bakero – Salinas, Stoichkov. Auch Sampdoria kann einige bekannte Spieler aufbieten: Gianluca Pagliuca hütet das Tor, den Sturm bilden Gianluca Vialli und Roberto Mancini, der spätere Inter-Mailand- und Manchester-City-Trainer.

Cruyff, dem der Spaß am Spiel wichtig ist, gibt seiner Mannschaft als letzte Anweisung auf den Weg: „Geht raus und genießt.“ Was die Zuschauer in der ersten Halbzeit von beiden Teams geboten bekommen, ist allerdings vornehmlich Rasenschach. Erst nach der Pause entledigt man sich der taktischen Fesseln und riskiert mehr. Barça entwickelt aus dem Mittelfeld heraus viel Druck und Tempo, aber Pagliuca und einmal der Pfosten (nach einem Schuss von Stoichkov) verhindern die Führung. Mit der Zeit werden die Konter der Italiener immer gefährlicher. Zu Barças Glück versemmelt Vialli drei gute Möglichkeiten. Trotz des offenen Schlagabtauschs bleibt das Spiel auch nach 90 Minuten torlos und muss in die Verlängerung.

Cruyff interessierte sich nie für den ruhenden Ball, Standards wurden unter ihm kaum trainiert. Umso kurioser, dass es die erfolgreiche Ausführung einer Standardsituation ist, die dem Trainer Cruyff den größten Triumph beschert. Denn in der 110. Minute schenkt der deutsche Schiedsrichter Aron Schmidhuber aus Ottobrunn Barça einen Freistoß, den der überragende Antreiber Ronald Koeman, einer der besten Freistoßschützen der Fußballgeschichte, zum 1:0 in die Maschen donnert. Eine Minute später kommt für Guardiola der 36-jährige Zentralverteidiger José Ramón Alexanko auf das Spielfeld, der bereits im zwölften Jahr bei Barça spielt und dem Cruyff nun noch einige Minuten schenkt.

Nicht nur rein sportlich betrachtet ist der FC Barcelona der Saison 1991/92 ein Dream-Team. Andoni Zubizaretta: „Barça spielte damals auf einem außerordentlich hohen Niveau, aber gleichzeitig gab es unter den Spielern starke menschliche Beziehungen, die von gegenseitigem Respekt und Bewunderung gekennzeichnet waren. Gemeinsam bildeten wir ein ganz besonderes Team, in dem es weder einzelne Stars noch Hauptdarsteller gab.“ Auch in dieser Beziehung wird der 1992er Europapokalsieger dem späteren Trainer Guardiola als Blaupause dienen.

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