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§ 19.

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Solches wird vielleicht eine derartige, von Schwierigkeiten gedrückte Auffassung vorbringen; wir aber werden von ihr verlangen, die Wirklichkeit der Tatsachen ins Auge zu fassen, und uns erkühnen, zunächst folgendes zu behaupten: Das Übel ist nicht aus dem Guten, und wenn es aus dem Guten ist, so ist es kein Übel. Denn dem Feuer ist es nicht möglich, zu kühlen, und dem Guten ist es nicht möglich, das Nichtgute hervorzubringen. Und wenn alle Wesen aus dem Guten sind (denn das Gute ist seiner Natur nach dazu angetan, hervorzubringen und zu bewahren, während das Böse die Natur hat, zu verderben und zu zerstören), so ist keines der Wesen aus dem Übel. Auch an und für sich selbst ist das Übel nicht existierend, da es für sich selbst ein Übel wäre. Und wenn dem nicht so ist, so ist das Übel nicht in jeder Beziehung ein Übel, sondern hat irgendeinen Anteil am Guten, wodurch es überhaupt existiert.

Alle Wesen begehren nach dem Schönen und Guten; alles, was sie tun, wirken sie wegen des Schönen und Guten, sofern es ihnen als solches erscheint, und jegliches Abzielen der Wesen hat zum Ausgangs- und Endpunkt das Gute (denn kein Ding hält bei all seinem Wirken sein Absehen auf die Natur des Bösen gerichtet); wie wird also das Übel in den Wesen sein oder, wenn es überhaupt ein (positives) Sein hat, des Strebens nach dem Guten beraubt sein? Wenn ferner alles Seiende aus dem Guten ist und das Gute über alles Seiende hinausliegt, so ist im Guten auch das Nichtseiende ein Seiendes, das Übel aber ist kein Seiendes; widrigenfalls aber ist es nicht in jeder Beziehung ein Übel und auch kein vollständiges Nichtseiendes, denn ein ganz und gar Nichtseiendes gibt es nicht, falls man es nicht im Guten nach dessen Überwesenheit finden wollte. Das Gute wird also eine viel höhere Stellung inne haben als das einfach Seiende und als das Nichtseiende. Das Übel ist demnach weder in den existierenden noch in den nicht-existierenden Dingen, sondern vom Guten noch weiter entfernt als das Nichtseiende, weil es fremdartig und noch wesenloser ist.

„Aber woher kommt denn das Übel?“ möchte einer fragen. Denn wenn das Übel nicht vorhanden ist, so ist Tugend und Schlechtigkeit identisch, sowohl der ganze Bereich der Tugenden ist eins mit dem ganzen Umfang des Übels (des Bösen), wie die einzelne Tugend mit dem betreffenden einzelnen Laster, oder es wird das Übel (das Böse) gar nicht im Kampfe mit der Tugend liegen. Und doch bilden Ehrbarkeit und Ausgelassenheit, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit diametrale Gegensätze. Ich will keineswegs das nur vom ehrbaren und ausgelassenen, vom gerechten und ungerechten Menschen in konkretem Sinne gesagt wissen, sondern schon vor dem äußerlich hervortretenden Unterschied des tugendhaften und entgegengesetzten Lebens und in der Seele selbst sind viel früher die Tugenden von den Lastern vollständig geschieden und kämpfen die Leidenschaften wider die Vernunft. Notwendig muß man daher zugeben, daß es ein dem Guten entgegenstehendes Böses gibt. Denn das Gute ist sich nicht selbst entgegen, sondern erfreut sich, weil von einem Prinzip und einer Ursache stammend, an Gemeinschaft, Einigung und Freundschaft. Nicht einmal das geringere Gute ist ein Feind des größeren (Guten), ist ja auch das minder Warme oder Kalte der größeren Wärme oder Kälte nicht feindlich. Mithin ist das Böse in den Dingen und hat ein Sein und ist dem Guten feindlich entgegengesetzt. Wenn es dann ein Vergehen der Dinge gibt, so verdrängt auch diese Tatsache das Übel nicht aus dem Sein; es wird vielmehr selbst ein Seiendes sein und das Entstehen von Wesen bewirken. Oder bildet nicht oftmals das Verderben des einen Dinges das Entstehen eines andern? Und auch zur Vollendung des Universums wird das Übel mit beitragen und durch sich dem Weltall die Unvollkommenheit benehmen.

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