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2.2 Impulse zur Neuentdeckung der Charismenlehre in der Theologie des 19. Jahrhunderts

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Die von Tobias Pfanner definitorisch fixierte Historisierung des Charismabegriffs wurde von den unterschiedlichen Frömmigkeitsbewegungen des 17., 18. und 19. Jahrhunderts nur zögerlich überwunden. Die neutestamentliche Charismenlehre wurde auch dort nur selten rezipiert, wo sich die Reformbemühungen auf die geistliche Mündigkeit und Aktivierung der (erweckten) Gemeindeglieder konzentrieren.

So propagiert zum Beispiel Philipp Jacob Spener in seinen «Pia Desideria» die «auffrichtung und fleissige übung deß Geistlichen Priesterthums» und empfiehlt die Einrichtung von «versamlungen […], auff die art wie Paulus I.Corinth. 14. dieselbe beschreibet / wo nicht einer allein aufftrette zu lehren / (welches zu andernmahlen bleibet) sondern auch andere / welche mit gaben und erkanntnuß begnadet sind».[152] Die neutestamentliche Charismenlehre klingt hier und an wenigen weiteren Stellen an.[153] Sie hat aber für Speners Theologie keine konstitutive Bedeutung. Die argumentative Begründung des geistlichen Priestertums bleibt daher, wie Hans-Martin Barth bemerkt, «eher dürftig»[154], der «ihm so wichtige pneumatologische Ansatz [wird] nicht nach allen Hinsichten einfaltet, die dieser ihm zur Verfügung stellen würde»[155]. Die fehlende theologische Reflexion kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Charismenlehre den weitgehend unthematisierten Legitimationshorizont für die praktische Realisierung der Laientätigkeit in den Spener’schen Collegia pietatis oder in der Herrenhuter Brüdergemeine mit ihren an Röm 12 orientierten Ämtern und ihrer Durchgliederung in «Banden», «Classen» bzw. «Chöre» bildet.[156] So ist es wenig verwunderlich, dass ein «Herrnhuter […] von einer höheren Ordnung»[157] sich von 1Kor 12 inspirieren lässt.

Charisma als Grundbegriff der Praktischen Theologie

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