Читать книгу Charisma als Grundbegriff der Praktischen Theologie - Dirk Kellner - Страница 18

2.2.4 Rudolph Sohm und Max Weber: Charisma als anti-institutionelles Prinzip und außergewöhnliche personale Qualität

Оглавление

Der Charismabegriff erfuhr ein eigentümliches Schicksal. Nachdem er viele Jahrhunderte von der Theologie kaum beachtet und erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts allmählich wieder in seiner Bedeutung erkannt wurde, kam es bereits am Ende jenes Jahrhunderts zu einer soziologischen Rezeption durch Max Weber, die ihm über die Grenzen der Wissenschaften hinaus eine weite Bekanntheit bescherte. Mit dieser Entwicklung ging ein Bedeutungswandel einher: Die überkommene Bindung an das Amt schlug ins Gegenteil um, der Aspekt des Wunderhaften und die Tendenz zu einem habituellen Verständnis wurden wiederaufgenommen und modifiziert fortgeschrieben: «Charisma» gilt als eine außergewöhnliche Qualität des Individuums und als prinzipiell anti-institutionelle bzw. anti-amtliche Größe. Diese Akzentuierung ist von Rudolph Sohm beeinflusst, dessen Thesen einer rein charismatischen Organisation der Urchristenheit weite Verbreitung erfuhren, heftige Diskussionen auslösten und dadurch der Charismenlehre erhöhte Beachtung verschafften. Die besondere Prägung des Charismabegriffs durch Sohm und Weber beeinflusst bis heute den allgemeinen Sprachgebrauch und konnte nicht ohne Einfluss auf das theologische Denken bleiben. Eine kurze Skizze des Sohm’schen und Weber’schen Charismakonzeptes ist daher im Rahmen der gegenwärtigen Untersuchung notwendig, um bis in die Gegenwart nachweisbare Verengungen und einseitige Akzentuierungen im theologischen Charismenverständnis zu verstehen und ihnen kritisch begegnen zu können.

Charisma als Grundbegriff der Praktischen Theologie

Подняться наверх