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2 Einführung in die Hypnotherapie Dirk Revenstorf 2.1 Allgemeines

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Bestimmte Dinge werden in jeder Therapie ähnlich ablaufen, egal ob es um eine kognitiv-verhaltenstherapeutische, tiefenpsychologische, humanistische oder eine andere Art der Behandlung geht. Derartige Aspekte sind z. B. Einfühlung, Interesse zeigen, Exploration von aktuellen Themen oder von Erfahrungen seit bzw. in der letzten Sitzung, etc. Hypnotherapie unterscheidet sich im sprachlichen Duktus von anderen Therapien, da dem Pacing besondere Bedeutung gegeben wird (s. u.). Pacing im hypnotherapeutischen Sinne meint, sich als Therapeut zunächst ganz an die Gefühle, die Gedanken, die vorherrschenden Sinnesmodalitäten und das gezeigte Verhalten des Patienten anzudocken, die Äußerungen des Patienten dabei z. B. wortwörtlich zu wiederholen sowie ggf. auch schon mit einigen eingestreuten Sätzen zu kombinieren, die ein vertieftes (genetisches) Verständnis für das jeweilige Leiden ausdrücken.

Darüber hinaus gibt es spezifische Charakteristika der therapeutischen Nutzung der hypnotischen Trance, die hier kurz beschrieben werden.

Hypnose ist ein traditionelles Heilverfahren, das eine der Urformen der Psychotherapie darstellt, wenn man Mesmers Gruppensitzungen im 18. Jahrhundert als Vorläufer psychotherapeutischer Behandlung versteht. Er sah die Heilung in einer angenommenen Regulierung von Energieströmen im Organismus. Die heutige Hypnotherapie, die sich im 20. Jahrhunderts unter dem Einfluss des amerikanischen Psychiaters Milton H. Erickson entwickelte (Erickson und Rossi 2006), ist eine breit angelegte Methode mit einem vollkommen anderen Verständnis von Psychotherapie. Sie verfügt über eine Vielzahl unterschiedlichster Techniken, die praktisches Handwerkszeug zur Erreichung bestimmter medizinischer und psychotherapeutischer Ziele liefern. Sie ist in erster Linie an Problemlösung und Gesundung und erst in zweiter Linie an Ursachenforschung und Diagnostik orientiert.

Hypnose, bzw. genauer: hypnotische Trance ist nach neueren neurobiologischen Erkenntnissen ein Zustand veränderter mentaler Verarbeitung, in dem die Selbstreflexion vermindert, die Aufmerksamkeit fokussiert und die Absorption in Vorstellungen gesteigert sind (Revenstorf und Peter 2015; Revenstorf 2017; Peter und Revenstorf 2018). Dadurch entsteht eine größere Durchlässigkeit zu körperlichen Prozessen, zur Erinnerung, zu emotionalem inneren Erleben, ein eher intuitiver Zugang zu Bildern sowie eine erhöhte Suggestibilität. Hypnotische Trance geht im Allgemeinen mit einer Innenwendung der Aufmerksamkeit und einer größeren gedanklichen Freiheit einher, als sie das Alltagsbewusstsein zulässt, wodurch innere Suchprozesse und neue assoziative Verknüpfungen erleichtert werden. Dies kann zur Beeinflussung somatischer und psychosomatischer Probleme, zur Unterbrechung motorischer Muster, zur Erweiterung des Selbstbildes und anderer kognitiv-affektiver Schemata herangezogen werden. Empirische Belege der Wirksamkeit hypnotherapeutischer Interventionen liegen in unterschiedlichsten Bereichen vor, wie in der Schmerz- und Angstbehandlung und bei Verhaltensstörungen wie Tabakabusus und Übergewicht (Hagl 2016; Revenstorf und Peter 2015; Kap. 1.4). Hypnotherapie wurde 2006 vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie als Behandlungsmethode für bestimmte Indikationen anerkannt (Bekanntmachungen 2006).

Wissenschaftstheoretisch beansprucht die Hypnotherapie einen konstruktivistischen Standpunkt, in dem davon ausgegangen wird, dass Verhalten durch Schemata gesteuert wird, in die bestimmte, manchmal dysfunktionale Konzeptionen bezüglich der Umwelt und des Selbstbildes eingehen. Der veränderte Bewusstseinszustand der hypnotischen Trance erleichtert eine Revision dieser Sichtweisen und Haltungen. Während die allgemeinen hypnotischen Phänomene (Katalepsie, Zeitverzerrung, Amnesie, Hypermnesie, sensorische Illusionen) experimentell gut untersucht wurden, sind manche der theoretischen Annahmen, z. B. bezüglich der Wirkungsweise strategischer Interventionen, der Notwendigkeit von Konfusion oder Amnesie bisher eher spekulativ.

Ein wesentliches Merkmal hypnotherapeutischer Arbeit liegt im ressourcen-orientierten Vorgehen, d. h. die Ausrichtung auf die Fähigkeiten und noch unentwickelten Potenziale des Patienten und nicht auf dessen Defizite. Während die defizitorientierte psychiatrische Diagnostik eher zu einer Selbstwertschwächung des Patienten beiträgt, wird mit dem Utilisationsprinzip darauf hingearbeitet, Selbstheilungskräfte zu mobilisieren. Symptome – etwa Schmerzen, Rauchen, Phobien – werden als (meist obsolete) Lösungsversuche für bestimmte Probleme verstanden, für die eine Alternative angestrebt wird, die sich vom Problemverhalten dadurch unterscheidet, dass dafür bisher ungenutzte eigene Möglichkeiten des Patienten einbezogen (utilisiert) werden.

Mehr als in anderen Therapieformen wird das Behandlungsangebot auf die Individualität des Patienten abgestimmt. Es richtet sich nicht so sehr nach einem neu zu erlernenden Soll-Zustand, sondern versucht den Ist-Zustand und manchmal sogar das Symptom selbst für eine Veränderung zu nutzen. Die Betonung der individuellen Besonderheiten des Patienten unterstützt auch die Entwicklung einer positiven Beziehung zum Patienten. Dabei dient die Charakteristik seines Interaktionsstils als Hinweis für die Gestaltung der Beziehungsaufnahme auch in Hinblick auf die Psychodynamik der Interaktion und eine eventuelle Strukturschwäche des Patienten ( Kap. 3.3). Mit Eigenschaften wie Ressourcenorientierung, Utilisation und der veränderten Informationsverarbeitung bei inneren Suchprozessen erweist sich die Hypnotherapie als eine flexible Methode, die auch mit anderen Therapieformen kombiniert werden kann.

Ein Unterschied zu anderen Therapieformen besteht im Verzicht auf absolute Transparenz des Vorgehens in der Hypnotherapie und dem Vertrauen auf unbewusste Verarbeitungsprozesse. Es wird angenommen, dass der Patient aufgrund einer (momentanen) Verengung seines Erlebens nicht in der Lage ist, seine Ressourcen bewusst zu nutzen und ihm dazu in hypnotischer Trance besser verholfen werden kann. Das gelingt manchmal eher indirekt mithilfe von Strategien der Utilisation, der Verlagerung auf einen Nebenschauplatz mit Kaskadeneffekt, der Destabilisierung, der Beiläufigkeit und der Nichtaufdeckung der unbewussten Verarbeitung (s. u.).

Hypnotherapie bei Depressionen

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