Читать книгу Hypnotherapie bei Depressionen - Dirk Revenstorf - Страница 20
2.4.2 Tiefenpsychologie
ОглавлениеFreud stellte Anfang des 20. Jahrhunderts in der hypnotischen Trance eine starke Übertragungsreaktion fest, die er erotisch interpretierte. Viel später stellte man fest, dass die Trance selbst auch ohne Hypnotiseur als ein veränderter Bewusstseinszustand existiere, der durch sensorische Deprivation gefördert werde. Dieser Zustand, der primärprozesshaftes Denken auslöse, begünstige dann allerdings Regression und in der Folge eine Übertragung. Ein wesentliches Prinzip der Hypnose bestehe außerdem darin, dass der Patient durch gesteigerte Erinnerungsfähigkeit und eine verminderte Abwehr in hypnotischer Trance abgespaltene Erlebnisse erinnere, die mithilfe der Hypnose in der Rekonstruktion bewältigt werden könnten.
Aus der Sicht der Tiefenpsychologie Jungs (1921, S. 444–528), ermöglicht hypnotische Trance eine Dissoziation des Bewusstseins von der dominanten Persönlichkeitsstruktur (»Ich-Komplex«). Dabei wird die kohärenzstiftende Funktion des Alltags-Ich an den Therapeuten delegiert und verdrängte Ich-Anteile können wahrgenommen werden, die sonst im Hintergrund bleiben – wie »Anima«, »Animus« oder »Schatten« (Hall 1982). In der psychodynamischen Vorgehensweise dient die Hypnose der Aufdeckung dissoziierter, weil affektiv belasteter Inhalte. Tiefenpsychologisch kann die Hypnose also sowohl aufdeckend wie auch zur Förderung der Übertragung verwendet werden.
Hypnotherapie beschäftigt sich mit verschiedenen Ebenen der Informationsverarbeitung als Zugang nicht nur zu den bewussten, sondern auch zu den unbewussten Schichten. Es wird zunächst das Wachbewusstsein zur Schaffung des Rapports und für die Tranceinduktion angesprochen, das Vorbewusste für auftauchende »hypnoide« Bilder und das Trancebewusstsein zur abwehrfreien Bearbeitung belasteter Inhalte sowie schließlich die Subliminalebene durch die Verwendung von Metaphern oder auditiv markierter Einstreusuggestionen. Metaphern vermitteln außerdem Inhalte auf einer symbolischen Ebene, die nicht durch Argumente, sondern durch Analogieschluss überzeugen. Hypnotherapie stellt daher ein umfassendes Instrument zur Anregung mentaler Prozesse dar. Schon Freud bemerkte, dass der Traum sich wie die hypnotische Trance durch primärprozesshaftes Denken auszeichne, das offensichtlich kreativ ist und vorteilhaft für Problemlösungen herangezogen werden kann.