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Das Ende des Ersten Punischen Krieges

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Die Radikalität und Geschwindigkeit der römischen Expansion in den westlichen und östlichen Mittelmeerraum war bereits für die antiken Geschichtsschreiber, allen voran Polybios, ein Phänomen von epochalen Ausmaßen. Der Sieg über Karthago im Ersten und im Zweiten Punischen Krieg, die sukzessive Eroberung der Iberischen Halbinsel und die rasante Überwindung mehrerer hellenistischer Königreiche im Osten hatten die von Rom ausgeübte Hegemonie ab dem Ende des 3. Jh.s v. Chr. innerhalb von wenigen Generationen auf den gesamten Mittelmeerraum ausgeweitet. Zu den neu gewonnenen oder unter römischen Einfluss geratenen Gebieten gehörte seit 241 v. Chr. insbesondere Sizilien. Der Großteil der Insel stand nach dem Ende des Ersten Punischen Krieges unter direkter römischer Kontrolle, im Südosten herrschte der mit Rom verbündete König Hieron II. von Syrakus über die Territorien mehrerer griechischer Städte. Nur drei Jahre später kamen auch die vormals von Karthago beherrschten Inseln Korsika und Sardinien hinzu, die seit dem Jahr 227 v. Chr. zu einer gemeinsamen Provinz zusammengefasst wurden. Die römische Machtausübung gestaltete sich allerdings aufgrund von anhaltenden, in euphemistischer Weise als Aufstände bezeichneten Kämpfen mit der einheimischen Bevölkerung über mehr als 100 Jahre hinweg äußerst schwierig.3 Dennoch war die Einrichtung der Provinzen auf Sizilien, Sardinien und Korsika von enormer Bedeutung für die Veränderung der römischen Territorialpolitik in der zweiten Hälfte des 3. Jh.s v. Chr., da dies die ersten bedeutenden Gebiete außerhalb Italiens waren, die direkt von römischen Magistraten verwaltet wurden. Bezeichnete der Begriff „Provinz“ (provincia) zunächst alle militärischen und verwaltungstechnischen Aufgaben dieser Statthalter, so nahm er aufgrund der naturräumlichen Gliederung der kontrollierten Gebiete doch bald auch Züge eines territorialen Herrschaftsraumes an. Da eine exakte verwaltungsrechtliche Definition aber lange Zeit unterblieb, hatten die jeweiligen Statthalter einen durchaus beträchtlichen Spielraum in der Auslegung ihrer Kompetenzen und militärischen Ziele.4

Diesen Umstand spiegeln nicht zuletzt die Ergebnisse neuerer archäologischer Forschungen wider: So blieben etwa auf Sardinien die althergebrachten Siedlungsmuster, Hausformen und Bestattungssitten erhalten. Eine Übernahme römischer Architektur oder Stadtplanung fand im 3. und 2. Jh. v. Chr. kaum statt. Andererseits gibt es im selben Zeitraum aber auch klare Hinweise auf eine veränderte Landnutzung, eine Intensivierung landwirtschaftlicher Produktion und ein verstärktes Aufkommen römischer Keramik. Okkupation bedeutete im Fall von Sardinien also offenbar weniger eine massive kulturelle Überformung, als vielmehr die forcierte Integration der Insel in ein mediterranes Wirtschaftssystem, das auf die Maximierung von Gewinnen und die Zahlung von Tributen an die neuen Machthaber ausgerichtet war.5

Dies trifft auch auf Sizilien zu. Die Insel war bereits seit dem 7. Jh. v. Chr. von einem Nebeneinander mehrerer Kulturen geprägt. An den Küsten lagen griechische Koloniestädte, im Hinterland einheimische Siedlungen, die mehr oder weniger starken Kontakt zu den Griechen pflegten. Weite Teile von Westsizilien hatten sich außerdem seit dem späten 5. Jh. v. Chr. unter karthagischer Kontrolle befunden und wiesen sowohl in ihren Siedlungsformen als auch in ihrer materiellen Kultur starke punische Einflüsse auf. Viele Aspekte dieser kulturellen Vielfalt blieben bis in die späte Republik bestehen. Die unmittelbarste Folge der römischen Eroberung scheint weniger in einer kulturellen Assimilation als in der Eingliederung Siziliens in den römischen Militär- und Wirtschaftsbereich bestanden zu haben. Ein deutlicher Anstieg von italischen Weinamphoren im Fundspektrum einiger sizilischer Zentren weist auf einen Austausch hin, der sich in erster Linie auf die von Rom geforderten Tributzahlungen stützte. Der zum größten Teil in Getreidelieferungen zu leistende Zehnte der Provinz Sizilien wurde nämlich seit dem Beginn des 2. Jh.s v. Chr. über den kampanischen Hafen Puteoli nach Rom transportiert. Im Gegenzug kam kampanischer Wein nach Sizilien, ein Geschäft, von dem nicht nur die römischen und italischen Produzenten und Händler (negotiatores), sondern auch die beteiligten Gemeinden auf Sizilien profitieren konnten.

Trotz dieser spürbaren Intensivierung des Warenverkehrs ist allerdings auch zu beobachten, dass die Prägung und der Umlauf lokaler Münzen, mit der wichtigen Ausnahme der Silberprägungen, nach der römischen Eroberung nicht endeten. Dieses Geld setzten die sizilischen Städte nicht nur dazu ein, um römische Garnisonstruppen zu finanzieren, sondern auch, um selbst militärische Kontingente zu unterhalten und den Schutz der Insel gegen Seeräuber zu organisieren. Dies zeigt das Weiterbestehen lokaler Verwaltungsformen an und beweist, dass eine vollständige wirtschaftliche Integration zwischen Mittelitalien und Sizilien im modernen Sinne bis in das 1. Jh. v. Chr. eindeutig nicht erreicht worden ist.

Vielmehr beruhte diese Form der Wirtschafts- und Verwaltungspolitik auf persönlichen Kontakten zwischen führenden Familien. So fungierten die römischen Claudii Marcelli nach der Eroberung von Syrakus durch Marcus Claudius Marcellus im Jahr 212 v. Chr. als Patrone der Stadt. Ihrerseits bemühten sich auch die örtlichen Eliten intensiv um Kontakte zu einflussreichen Familien des römischen Senats, wie insbesondere aus den im Jahr 70 v. Chr. gehaltenen Reden Ciceros gegen Gaius Verres, den ehemaligen Statthalter von Sizilien, hervorgeht. Eine Mischung aus militärischer Oberhoheit, indirekter Machtausübung und gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen verbanden also die Führungsschichten in Rom und die im 3. Jh. v. Chr. neu eingerichteten Provinzen. Dieses Muster sollte sich später auch andernorts wiederholen.6

Die römischen Bürgerkriege

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