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Der Dritte Makedonische Krieg

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Einen anderen Verlauf hatte, wie wir bereits gesehen haben, die Beziehung zwischen Rom und den hellenistischen Königreichen im Osten genommen. Hier waren die Rhythmen von Friedens- und Kriegszeiten durch diplomatische Beziehungen wesentlich schärfer definiert als in Norditalien oder Spanien. Gerade die großen Reiche der Makedonen, Seleukiden und Ptolemäer wurden von römischer Seite aufgrund ihrer geographischen Ausdehnung und militärischen Schlagkraft durchwegs auf Augenhöhe gesehen. Die Kriege gegen Philipp V. und Antiochos III. hatten aus diesem Grund auch nicht zu größeren römischen Annexionen geführt. Stattdessen verfolgte Rom in Griechenland und im Ägäisraum eine indirekte Machtpolitik, die sich vor allem auf ein Bündnis mit kleineren Königreichen, Städtebünden und Stadtstaaten stützte, um die größeren Gegner in Schach zu halten. Doch zu Beginn der Sechzigerjahre des 2. Jh.s v. Chr. kollabierte dieses System in einer weiteren Welle von Krieg und Gewalt, die über die folgenden 15 Jahre zu einer radikalen Neuordnung Griechenlands führen sollte.

Nach dem Tod Philipps V. hatte sein Sohn Perseus im Jahr 179 v. Chr. den makedonischen Thron bestiegen. Er versuchte, die Position Makedoniens wieder zu stärken und auch die militärische Schlagkraft des Königreiches zu erneuern. Angesichts der engen Verbindungen, die mittlerweile zwischen Rom und einem Großteil der Städte und Königreiche östlich der Adria herrschten, war es freilich nur eine Frage der Zeit, bis diese Strategie zu einem offenen Konflikt mit den römischen Interessen führen musste. Ausgelöst wurde dieser schließlich durch den pergamenischen König Eumenes II., der im Jahr 172 v. Chr. nach Rom reiste, um den Senat eindringlich vor der wachsenden Macht des Perseus zu warnen. Dabei beschwor er sogar das Schreckensbild eines makedonischen Angriffs auf Italien herauf. Nach einem vermeintlichen Anschlag gegen eine Gesandtschaft der verbündeten Thebaner und nachdem Eumenes auf der Heimreise in Delphi von Attentätern schwer verwundet worden war, begann man sich von römischer Seite für einen unmittelbar bevorstehenden Militärschlag zu rüsten. Obwohl keineswegs geklärt war, ob der Anschlag auf Eumenes tatsächlich von Perseus in Auftrag gegeben worden war, konnte sich der Senat bei seinen Kriegsvorbereitungen auf eine breite Koalition griechischer Verbündeter stützen. Der Krieg begann gleich im folgenden Jahr. Nach wechselhaften Kämpfen, die sich auf Nordgriechenland und das gesamte illyrische Grenzgebiet ausweiteten, gelang es schließlich dem Konsul Lucius Aemilius Paullus, im Jahr 168 v. Chr. das makedonische Heer bei Pydna, am Fuße des Olymp, vernichtend zu schlagen. Mit dieser Schlacht wurde nicht nur die makedonische Königsherrschaft, sondern auch die größte politische Einheit des nordöstlichen Balkanraumes mit einem Schlag ausgelöscht. Rom hatte dem Reich Alexanders des Großen den Todesstoß versetzt.59

Doch nach wie vor hielt sich der römische Wille zur tatsächlichen Okkupation in Grenzen. Stattdessen teilte man das ehemalige Königreich Makedonien in vier Teile auf, die von gewählten Beamten regiert werden sollten. Auch die reichen makedonischen Bergwerke wurden, anders als etwa in Spanien nach dem Zweiten Punischen Krieg, nach dem Bericht des Livius geschlossen und nicht sofort den römischen Staatspächtern, den sogenannten publicani, überantwortet. Ähnliche Restriktionen galten für die Ausbeutung weiterer wichtiger Ressourcen, insbesondere von Holz aus den ehemals königlichen Wäldern.60 In Westgriechenland hingegen nahm das römische Vorgehen deutlich brutalere Züge an. Hier wurde Epirus, eine alte und seit dem 7. Jh. v. Chr. stark von griechischen Städten geprägte Kulturregion, im Anschluss an den Dritten Makedonischen Krieg einer bis dahin auch für römische Maßstäbe einzigartigen Strafaktion unterzogen. Auf seinem Rückmarsch nach Italien gab Lucius Aemilius Paullus, der Sieger der Schlacht von Pydna, den Befehl, insgesamt 70 epirotische Städte zu plündern und ihre Einwohner kollektiv zu versklaven.61 Dieses drastische Exempel galt wohl in erster Linie jenen Gemeinden, die sich auf die Seite des Perseus geschlagen hatten. Auf ähnliche Weise wurden auch systematische Plünderungen in Illyrien durchgeführt, da der illyrische König Genthios vor Pydna ebenfalls mit den Makedonen verbündet gewesen war.

Generell ist dabei zu beobachten, dass die westgriechischen, illyrischen und dalmatischen Regionen entlang der Adriaküste von Rom ganz anders behandelt wurden als das deutlich weiter von Italien entfernte makedonische Kernland im Osten der Balkanhalbinsel. Der Grund dafür liegt mit Sicherheit darin, dass die Römer diese gewaltige und unwirtliche Landmasse in erster Linie aus ihrer eigenen geographischen Perspektive, also von ihren wenigen festen Stützpunkten auf dem Gebiet des heutigen Albanien und im Ionischen Meer aus, betrachteten. Hier kontrollierten sie auf der Insel Korkyra (Korfu) nicht nur den Eingang in die Adria, sondern auch mit den beiden Städten Apollonia und Dyrrhachium die Landrouten entlang der südlichen Adriaküste. In dieser Region liefen die wichtigsten Wegverbindungen nach Epirus zusammen, die sich entlang der Küste beziehungsweise durch die Flusstäler des Drinos (Drino) und des Aoos (Vjosa) zogen. Spätestens ab der Mitte des 2. Jh.s v. Chr. bildete außerdem die von Dyrrhachium und Apollonia nach Thessalonika verlaufende Via Egnatia die einzige brauchbare Ost-West-Verbindung durch die extrem stark gegliederte Berglandschaft des Balkans. Die zentrale Rolle dieser Straße blieb ohne Unterbrechung bis in das Spätmittelalter und auch noch unter osmanischer Herrschaft bestehen.62 Das makedonische Kernland war hingegen aufgrund der geographischen Gegebenheiten eher auf die nordöstliche Ägäis und nach Thessalien und Mittelgriechenland hin ausgerichtet. Laut Livius bestanden die wesentlichen strategischen Ressourcen Makedoniens im früheren 2. Jh. v. Chr. in seinen reichen Metallvorkommen sowie in seinen Wäldern, die für den Schiffsbau ausgebeutet wurden.63 Sowohl für die Produkte der Bergwerke als auch für das makedonische Holz ist ein Export über den Seeweg nach Italien allerdings wesentlich wahrscheinlicher als über Land. Dies ergibt sich vor allem aus den hohen Kosten des antiken Landtransportes, die noch bis in die frühe Neuzeit herrschten.64 Im Waren- und Güterverkehr zwischen Italien und Makedonien kann dem langwierigen und teuren Landweg gegenüber der Seefahrt nicht die Hauptrolle zugekommen sein. Die an der Einfahrt vom Ionischen Meer in die Adria gelegenen römischen Hafenstädte und Inseln nahmen deshalb in den mit Italien verbundenen Handelsnetzwerken während des gesamten 2. und 1. Jh.s v. Chr. eine Schlüsselfunktion ein.65

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