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VORWORT

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Während diese Sätze geschrieben werden, findet in Europa und im Nahen Osten eine humanitäre Katastrophe statt. Vom syrischen Bürgerkrieg und von den Gräueltaten des selbsternannten „Islamischen Staates“ Vertriebene suchen ihr Heil in der Flucht. Täglich sterben Menschen. Ertrunkene Kleinkinder werden an türkische Strände gespült, andere ersticken in den luftdicht verschlossenen Lastwägen ihrer vermeintlichen Fluchthelfer. Zur selben Zeit ermorden Selbstmordattentäter, von denen nicht wenige in Mitteleuropa aufgewachsen sind, scheinbar wahllos die Angehörigen einer ihrer Meinung nach degenerierten und gottlosen Wohlstandsgesellschaft. Europäische Staaten reagieren auf diesen Terror nach außen hin mit geballter militärischer Macht. Im Inneren herrscht jedoch ein Gefühl der Angst und Ratlosigkeit.

Zugleich wird in vielen Ländern Mittel- und Osteuropas und, was besonders beunruhigend ist, gerade auch in den europäischen Wohlfahrtsstaaten der Zustrom zu nationalistischen und völkisch-radikalen Parteien immer größer. Der Ruf nach der Abgrenzung eines kollektiv-rauschhaft als „Wir“ begriffenen Bildes gegen die „Anderen“ (Migranten, Ausländer, Andersgläubige) wird laut und mischt sich mit dem Wunsch nach charismatischen Führerfiguren. Es geht um die Verteidigung von Privilegien, Besitz und Identität gegen ein zwar nur unscharf wahrgenommenes, aber durch kollektive Paranoia umso mächtigeres Gefühl der Bedrohtheit. Die Geschwindigkeit der Ereignisse erlaubt es dabei kaum, Abstand von ihnen zu gewinnen und ihre Bedeutung kritisch zu reflektieren. Wahlergebnisse werden ungläubig kommentiert oder gar beharrlich ignoriert; Herausforderungen für die Gesellschaftsordnung und das politische System werden zwar teilweise erkannt, doch zum größten Teil mit den traditionellen und daher kaum wirksamen Methoden der Elterngeneration bekämpft.

In historischer Perspektive erscheinen viele dieser Geschehnisse nicht neu: Massenmigration, Konflikte um Bürgerrecht und Status, wachsendes Wohlstandsgefälle, religiöse Furcht und das Versagen politischer Eliten im Angesicht von Krisensituationen prägten auch die letzten 100 Jahre der römischen Republik. Sie führten zu grausamen Exzessen innerer Gewalt, die das Leben mehrerer Generationen auf nachhaltige Weise beeinflussten, bevor das republikanische System schließlich offiziell wiederhergestellt, de facto jedoch durch die Herrschaft eines Einzelnen abgelöst wurde. Diese Aspekte der römischen Bürgerkriege waren es, die für mich vor dem Hintergrund aktueller Krisen und Konflikte den Anstoß zu dem vorliegenden Buch gegeben haben.

Sein Entstehen verdankt es darüber hinaus auch den Arbeiten von Enzo Traverso. Fern der Antike hat Traverso die kulturellen und politischen Vorgänge im Europa der Jahre 1914 bis 1945 vor dem Hintergrund eines zum Dauerzustand gewordenen Bürgerkrieges neu gelesen. Vergleichbares wollte ich, gestützt auf historische und archäologische Quellen, für die letzten Generationen der römischen Republik versuchen. Die Auswahl der Themenbereiche und die spezifische Darstellungsweise gehen dabei auf meine Überzeugung zurück, dass die Suche nach Form, Botschaft und Bedeutung antiker Überreste nicht das alleinige Ziel des Archäologen, sondern nur der Beginn einer umfassenderen historischen Erzählung sein kann. Gerade in der deutschsprachigen Klassischen Archäologie ist ein solcher Ansatz jedoch keineswegs selbstverständlich. Diese Erfahrung hat mich darin bestärkt, diese Arbeit genau so zu schreiben, wie sie nun vorliegt. Denn meines Erachtens besteht die größte Gefahr für die Klassische Archäologie zu Beginn des 21. Jh.s in dem ebenso selbstgerechten wie unreflektierten Rückzug auf „Kernkompetenzen“ und „Fachgrenzen“. Es ist kein Zufall, dass damit häufig auch der Bezug zu historischen Problemfeldern, ja sogar zu den drängenden politischen und sozialen Fragen der Gegenwart verloren geht.

Viele Menschen haben, bewusst wie unbewusst, zum Entstehen dieses Buches und seiner zentralen Ideen beigetragen. Tagungen und Vorträge in Augsburg, Bangor, Berlin, Bochum, Bonn, Cottbus, Darmstadt, Heidelberg, Nottingham, Oxford, Rom, Tübingen, Wien und Zürich gaben mir die Gelegenheit, meinen Gedanken im Dialog mit diskussionsfreudigen Zuhörerschaften schärfere Konturen und Struktur zu verleihen. Meine Studierenden in Darmstadt, Birmingham und Wien waren ebenso scharfsinnige wie unbestechliche Kritiker, wenn es in Seminaren und Vorlesungen darum ging, diese Struktur in eine klarere Sprache zu übersetzen.

Sowohl die Details als auch die großen Linien der Darstellung führten mich immer wieder an die Grenzen meiner fachlichen Expertise. Ohne Diskussion, Ratschläge und Hilfestellung in solchen Situationen wäre das Buch wohl ewiges Fragment geblieben. Mein zutiefst empfundener Dank gilt deshalb den folgenden Personen, die alle auf jeweils unterschiedliche Art und Weise einen Beitrag zum Gelingen dieses Projekts geleistet haben: Christoph Baier, Ed Bispham, Marion Bolder-Boos, Andrea Carini, Alessandro D’Alessio, Janet DeLaine, Gabriel Dette, Francesca Diosono, Burkhard Emme, Paul Erdkamp, Simon Esmonde Cleary, Johanna Fabricius, Manuel Flecker, Lennart Gilhaus, Vibeke Goldbeck, Nikolas Hächler, Moritz Hinsch, Michael Kalina, Rudolf Känel, Fleur Kemmers, Heiner Knell, Valentin Kockel, Patric-Alexander Kreuz, Friedrich Krinzinger, Franziska Lang, William Mack, Caterina Maderna, Marion Meyer, Marcello Mogetta, Sven Page, Patrizio Pensabene, Federico Santangelo, Thomas Schäfer, Andreas Schmidt-Colinet, Barbara Sielhorst, Kai Töpfer, Monika Trümper, Claudia Widow, Ulrike Wulf-Rheidt und Mantha Zarmakoupi.

Beim Verlag Philipp von Zabern hat Constanze Holler die erste Phase des Buchprojekts tatkräftig begleitet. Julia Rietsch und Regine Gamm führten ihre Arbeit nicht nur weiter, sondern ertrugen selbst die größten Flauten und Stürme meiner auktorialen Produktivität mit unglaublicher Geduld und nie versiegender Zuversicht. Holger Kieburg war ein großartiger Navigator in schwierigen Gewässern.

Besonderen Dank schulde ich Johannes Lipps sowie meinen Eltern, Renate und Dietrich Maschek, die beinahe das gesamte Manuskript vor Drucklegung gelesen und mich vor einigen Irrtümern und sprachlichen Fehlgriffen bewahrt haben. Alle noch bestehenden Fehler oder Ungenauigkeiten sind selbstverständlich dem Autor anzulasten, ebenso wie etwaige Fehlstellen im Anmerkungsapparat, der aus Gründen der Textökonomie vergleichsweise schlank gehalten werden musste.

Letzten Endes wäre das Schreiben dieses Buches jedoch niemals möglich gewesen, hätte ich nicht vor vielen Jahren das Zittern der Zeit im Zug nach Neapel verspürt. Gewidmet ist es deshalb den drei Menschen, die jeden Tag meines Lebens mit Wärme und Licht erfüllen: Konstantin, Julian und Ute, ich danke euch!

Fichtelgebirge und Birmingham, November 2017

Die römischen Bürgerkriege

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