Читать книгу Die Katholizität der Kirche - Dominik Schultheis - Страница 46
ОглавлениеAls Zwischennotiz bleibt festzuhalten, dass das Konzil mit dem vorliegenden Artikel und dem verabschiedeten Ökumenismusdekret insgesamt – anders noch als das erste Schema – die wesentlichen kirchentrennenden Differenzen „nicht in der Ekklesiologie, sondern ‚in der Auslegung der geoffenbarten Wahrheit’ […] lokalisiert“323 und „das Gemeinsame und das Schätzenswerte hervorzuheben“324 versucht, ohne bestehende Unstimmigkeiten zu verschweigen.
Artikel 20 gebraucht einmal das Adjektiv „catholica“ zur Bezeichnung der (römisch-)katholischen Kirche („catholicae Ecclesiae“), wiederum im konfessionellen Sinne, wohl aber in ungewohnter Satzstellung („doctrina catholicae Ecclesiae“ statt „doctrina Ecclesiae catholicae“).
Auch im nächsten Artikel 21 findet man das Adjektiv „catholica“ im konfessionellen Wortsinn verwendet, wenn vom „katholischen Glauben“ („fidem catholicam“, UR 12,3) die Rede ist.
Wenn Artikel 23 den Katholiken („Catholici“, UR 23,3) im Unterschied zu anderen Christen eine andere sittliche Auslegung der Frohen Botschaft Jesu attestiert und damit Unterschiede im Bereich der Ethik benennt, so gebraucht das Ökumenismusdekret das Substantiv „Catholici“ im konfessionellen Sinne zur Bezeichnung der Katholiken im Sinne der Konfession „(römisch-)katholisch“.
Mit Artikel 24 endet das Ökumenismusdekret, und dreimal findet das Adjektiv „catholica“ in diesem Schlussartikel Verwendung: zweimal im konfessionellen Sinn zur Bezeichnung der (römisch-)katholischen Kirche („Ecclesia catholica“ in UR 24,1 und UR 24,2) und einmal im ausdrücklich wörtlichen, d.h. qualitativen Sinn („catholica“ in UR 24,1), zur Zielbeschreibung dessen, was einen ökumenischen Dialogs für die Zukunft auszeichnen soll. Dieser kann in seiner Ausrichtung nämlich nur „im vollen und ehrlichen Sinn katholisch“ (UR 24,1) sein, will er dem „wahren Fortschritt der Einheit“ (UR 24,1) auch wirklich dienen. Das meint weder ein Überbordwerfen eigener Glaubensgrundsätze und Überzeugungen mit dem Ziel eines größtmöglichen Konsenses noch ein Verschanzen hinter die Mauern der eigenen Lehre und Tradition. Vielmehr appellieren die Konzilsväter an die Verwirklichung einer echten Katholizität im Sinne einer legitimen Vielfalt unter gleichzeitiger Wahrung des für die (römisch-)katholische Kirche wesentlichen apostolischen Ursprungs, ihrer katholischen Tradition sowie ihrer kirchlichen Sendung. Aufrichtige Ökumene kann es aus Sicht der (römisch-)katholischen Kirche nur dann geben, wenn sie einerseits „der Wahrheit treu [ist], die wir von den Aposteln und Vätern empfangen haben, und mit dem Glauben übereinstimmend, den die katholische Kirche immer bekannt hat“, andererseits „zugleich zur Fülle strebend, mit der der Herr will, dass im Verlauf der Zeiten sein Leib wachse“ (UR 24,2). Gerade die letzten Worte mahnen die (römisch-)katholische Kirche, sich ihres Pilgerdaseins immer wieder neu bewusst zu werden (vgl. LG 8; UR 3f; UUS 34f. 38). Sie ist noch nicht am Ziel ist, sondern noch auf dem Weg, und kann die ihr eigene Katholizität in ihrer ganzen Fülle je mehr konkret verwirklichen, desto eher alle Christen mit Christus und untereinander im Sinne der Communio-Ekklesiologie eins sind.