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1.7Die Verwendung der Begriffe in OT
ОглавлениеAm 28.10.1965 standen zur Abstimmung und Verabschiedung das Dekret über das über die angemessene Erneuerung des Ordenslebens „Perfectae caritatis“ sowie das Dekret über die priesterliche Ausbildung „Optatam totius“. Während das Dekret „Perfectae caritatis“ weder das Adjektiv „catholica“ noch das Substantiv „catholicitas“ verwendet, greift das Dekret „Optatam totius“ fünfmal auf das Adjektiv „catholica“ zurück (vgl. Vorwort von OT; OT 2,1 inklusive Fußnote 3; 16,1; 20).
Bereits im Vorwort des Dekrets ist von der „Einheit des katholischen Priestertums“ („catholici sacerdotii unitatem“, Vorwort von OT) die Rede. Das Dekret macht den Erfolg einer „Erneuerung der ganzen Kirche“ („totius Ecclesiae renovationem“, Vorwort OT) abhängig vom priesterlichen Dienst („sacedotum ministerio“, Vorwort OT; vgl. Anmerkung 1 des Dekrets): „Wenn die Erneuerung der Kirche keine ausreichende Basis bei den Priestern erhält“, so der Tenor des Vorwortes, „und wenn sich dies nicht in der Ausbildung niederschlägt, ist die Erneuerung ‚zum größten Teil’ misslungen. […] [Dabei handelt] es sich hier nicht um eine klerikalisierende Herausstellung des Priesteramtes gegenüber dem Volk Gottes […], sondern um die Herausstellung der besonderen Verantwortung des priesterlichen Amtes für die gesamte Kirche“333. Mit der Erneuerung der „ganzen“ Kirche korrespondiert die Erneuerung des weltweiten Klerus, dessen Bildung allein schon „wegen der Einheit des katholischen Priestertums selbst für alle Priester beiderlei Klerus und jedweden Ritus notwendig“ (Vorwort OT) ist. Wie schon öfter fungiert das „catholica“ hier als „weitere“ Denominationsbezeichnung und unterstreicht den Horizont, den das Dekret eröffnet und vor dem die nachfolgenden Bestimmungen zu lesen sind: Die Rede ist von einer zwar notwendigen Einheit des priesterlichen Dienstes, dem auch eine einheitliche Bildung des gesamten katholischen Klerus geschuldet ist; dennoch bringt dieser wahrlich „katholische“ Klerus die Weite der kirchlichen Katholizität dadurch zum Tragen, dass es nicht nur den „Einheitspriester“ für den ganzen Geltungsbereich der katholischen Kirche gibt, sondern eine gewollte und geforderte Vielfalt bestehend aus Welt- und Ordenspriestern, bestehend aus römisch-katholischen Priestern und denjenigen der mit Rom unierten Ostkirchen. Diese gewollte Vielfalt darf aber nicht, so das Anliegen des Dokuments, zu einer Beliebigkeit oder gar zu einem qualitativen Gefälle unter den Priestern führen. Wie dem Verhältnis von Orts- und Gesamtkirche im Allgemeinen, so eignet auch dem Verhältnis von Diözesan- und Weltklerus im Konkreten die Notwendigkeit einer wie auch immer zu fassenden notwendigen Einheit, die qualitativ zu verstehen ist und die Vielfalt davor bewahrt, in einen Indifferentismus zu verfallen. Gleichermaßen darf diese Einheit nicht quantitativ missgedeutet werden, als wolle man weltweit einen vereinheitlichten Standard vorgeben, der nicht mehr auf die örtlichen und landestypischen Gegebenheiten und Ressourcen Rücksicht nimmt. Wenn auch klar umschrieben sein muss, was die gemeinsamen inhaltlichen Fundamente sind, auf denen die Priesterausbildung fußt, so muss doch den Ortskirchen Freiraum darin gewährt bleiben, auf diesen Fundamenten und den örtlichen Gegebenheiten angemessen weiterzubauen.334
In OT 2 wird das Adjektiv „catholica“ in Verbindung mit den „katholischen Verbänden“ („Consociationes Catholicae“, OT 2,1) verwendet und dies im konfessionellen Sinne. Fußnote 3 im selben Absatz zitiert die Adhortatio Apostolica Pius XII. „Menti Nostrae“, in der der Papst auf die Pflicht zu sprechen kommt, die priesterlichen Berufungen zu fördern, da „die Zahl der Priester […] sowohl in katholischen Gegenden als auch in Missionsländern den wachsenden Bedürfnissen meist nicht entsprechend“ (AAS 42 [1950] 682) sei („sacerdotum numerus cum in catholicorum regionibus, tum in missionalibus terris, impar plerumque increscentibus neccesitatibus est“); das „catholica“ wird auch hier im Sinne der Denominationsbezeichnung gebraucht. Ebenso greifen die Konzilsväter in OT 16 auf das Adjektiv „catholica“ zurück und gebrauchen es wiederum in konfessionellem Sinne, wenn sie von der „katholischen Lehre“ („doctrinam catholicam“, OT 16,1) sprechen.
In OT 20 schließlich wünschen sich die Bischöfe für ihre Alumnen jenen „wahrhaft katholischen Geist“ („spiritu vere catholico“, OT 20,1), der ihnen hilft, „die Grenzen der eigenen Diözese, Nation oder des eigenen Ritus zu übersteigen und die Bedürfnisse der ganzen Kirche zu unterstützen“ („propriae dioecesis, nationis vel ritus fines transcendere et totius Ecclesiae necessitates iuvare“, OT 20,1), eine Gesinnung also, die auch bereit ist, „das Evangelium überall zu predigen“ („parati ad Evangelium ubique praedicandum“, OT 20,1). Mit dem „catholico“ zielt das Dekret auf die quantitative Katholizität der Kirche und betont – unter Rückgriff auf LG 17 und darin mit Verweis auf den Sendungsauftrag von Mt 28,18–20 – seine Auffassung, dass sich die im Verhältnis von Orts- und Gesamtkirche ausdrückende Katholizität der Kirche auch im priesterlichen Dienst widerspiegeln muss: Der Priester ist nicht nur Priester seiner Gemeinden, sondern Priester seiner Ortskirche (Diözese) und darüber hinaus auch Priester der Weltkirche, was ihn teilhaben lässt an der Verantwortung für das Wohl aller Gläubigen. Diese Mitverantwortung kann und soll dort konkrete Formen annehmen, wo der Priester etwa über die Grenzen seines eigenen Kirchturms hinaus Kontakt zu anderen Ortskirchen pflegt, so dass „ein dichtes Netzwerk als begrenzte Erfahrung der Überregionalität des katholischen Kirche und darin der priesterlichen Verantwortung“ entsteht, ist „es doch eine besondere Sache des Priesters, diese globale Auferbauung des Leibes Christi in seiner Pastoral wahrzunehmen und auch die Feier der Eucharistie in diesen Horizont zu stellen.“335 Neuner weist in seinem Kommentar darauf hin, dass vor allem in den Modi der brasilianischen Bischöfe „noch die missionarische Orientierung und die Bereitschaft, sich selbst der missionarischen Aufgabe der Kirche zur Verfügung zu stellen, besonders empfohlen“336 wurde, was die katholische Weite des priesterlichen Dienstes zusätzlich unterstreichen sollte.