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1.11Die Verwendung in DiH

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Gut drei Wochen später, am 7.12.1965, nehmen die Konzilsväter die Erklärung „Dignitatis humanae“ mit großer Mehrheit an. Diese weist an insgesamt sechs Stellen das Adjektiv bzw. Substantiv „catholicus“ auf (DiH 1,2.3; 10; 14,1.3; 15,3).

DiH 1 wiederholt, bevor sich das Dokument grundsätzlich zur Frage der Religionsfreiheit eines jeden Menschen äußert, das ekklesiologische Selbstverständnis der katholischen Kirche, das bereits in LG grundgelegt wurde. Dies dürfte erfolgen, um etwaigen Fehlinterpretationen von DiH vorzugreifen und ein mögliches „Abgleiten in den religiösen Indifferentismus“340 zu vermeiden, was von einzelnen Konzilsvätern bis zuletzt befürchtet worden war und deren ablehnende Haltung gegenüber der Erklärung evozierte.341 DiH betont, dass Gott in Jesus Christus einen Weg zum Heil eröffnet hat, und zwar in der einzig wahren Religion („unicam veram Religionem“, DiH 1,2), die in der katholischen und apostolischen Kirche verwirklicht ist („subsistere […] in catholica et apostolica Ecclesia“, DiH 1,2).

Die Rede von der „catholica et apostolica Ecclesia“ könnte für sich genommen – wären „catholica“ und „apostolica“ zusätzlich groß geschrieben – die „Catholica“ des Glaubensbekenntnisses bezeichnen, der sich Gott bedient, um sein in Christus begonnenes Heilswerk auf Erden fortzuführen. Der im „subsistit in“ jedoch deutlich werdende terminologische Rückgriff auf LG 8 lässt darauf schließen, dass die Adjektive im Sinne der notae ecclesiae zu lesen sind und somit die konkrete Existenzform der Catholica in der (römisch-)katholischen Kirche ausgesagt werden soll. Offensichtlich wählten die Konzilsväter ganz bewusst diese beiden der vier notae aus, um den inneren Grund herauszustellen, der die besondere „Nähe“ der (römisch-)katholischen Kirche zur Kirche Jesu Christi begründet bzw. sie als deren vollkommenste Existenzform qualifiziert. Das „catholica“ wäre dann nicht gewählt worden, um auf die allen christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zukommende Katholizität anzuspielen, sondern einzig, um die Catholica als in der (römisch-)katholischen Kirche „am meisten“ verwirklicht auszusagen. Hätte man sich ausschließlich für ein „catholica“ ohne „apostolica“ entschieden, wäre der Bezug zu den notae ecclesiae und die innere Aussageabsicht weniger augenfällig, hätte das „catholica“ schließlich als reine Denominationsbezeichnung „katholisch“ gelesen werden können, wie es etwa in DiH 14 geschieht, wobei hier – wie schon in anderen Papieren – das „catholica“ im „weiteren“ konfessionellen Sinne zu lesen ist, weil das „katholisch“ auch jene Kirchen des Ostens mit einschließt, die mit Rom uniert sind. Die Ergänzung des „catholica“ um das „apostolica“ lässt jedoch den Eindruck gewinnen, man habe hier mit Nachdruck die Exklusivität der (römisch-)katholischen Kirche betonen wollen.342 Dieser Eindruck verhärtet sich, zieht man die Textgenese von DiH in Betracht: Es fällt nämlich auf, dass erst mit dem fünften Textentwurf, dem „Textus recognitus“ vom 25.10.1965343, besagter Passus zum Wahrheitsanspruch der Kirche eingeschoben wurde, wahrscheinlich als Reaktion auf die Minorität von Konzilsvätern, die die Gefahr eines religiösen Indifferentismus und Pluralismus in der mehrheitlichen Haltung der Konzilsväter zur Frage der religiösen Freiheit gegeben sahen:

„Primum itaque profitetur et asserverat Sacra Synodus Deum Ipsum vias generi humano notas fecisse per quas, Ipsi inserviendo, homines in Christo salvi et beati fieri possint. Hanc unicam veram Religionem subsistere credimus in catholica et apostolica Ecclesia, cui Dominus Iesus munus concredidit eam ad universos homines diffundendi, dicens Apostolis: ‘Euntes ergo docete omnes gentes baptizantes eos in nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti, docentes eos servare omnia quaecumque mandavi vobis’ (Mt. 28,19–20).”344

Der „Textus denuo recognitus“ verändert diesen Passus noch einmal dahingehend, dass das „asserverat“ ausgelassen wird und der Plural „Wege“ („vias“) zum Heil, die („quas“) Gott den Menschen offenbar gemacht habe, um in Christus das Heil zu finden, in den Singular gesetzt wird. Fortan ist also nur noch von einem Weg („viam“) zum Heil die Rede, was mit der „einzigen wahren Religion“ („unicam veram Religionem“) korrespondiert, die das Konzil in der (römisch-)katholischen Kirche verwirklicht sieht und an dieser Stelle deutlich hervorhebt.

Damit verstärkt sich die Annahme, dass mit dem „catholica“ im Sinne der dritten nota die (römisch-)katholische Kirche explizit ausgesagt wird, um deren einzigartige Qualität im Sinne von Glaubensfülle und -wahrheit zu unterstreichen (qualitative Katholizität), verwirklicht sie doch als „einzige wahre Religion“ die Catholica des Glaubensbekenntnisses in vollkommener Weise. Diese Interpretation ist gestützt durch die Tatsache, dass die Aufnahme des Passus nur aus dem Grund erfolgte, um eine dem Papier inhärente Beliebigkeit auszuschließen. Damit aber muss diese Passage inhaltlich als Rückschritt hinter das weiter gefasste Verständnis des „subsistere“ in LG 8 gewertet werden, wo ja das frühere exklusive Selbstverständnis der katholischen Kirche („est“) in ein bewusst „weiteres“ („subsistit in“) geändert wurde. Auch steht die exklusive Verwendung des „catholica“ in DiH 1 in einem gewissen Widerspruch zu der sonst in den Konzilstexten herauszulesenden „weiteren“ Verwendung, wo in inkludierender Weise auf die in ihrer Katholizität gründende Fülle und Weite der (römisch-)katholischen Kirche abgezielt wird, die – nach (römisch-)katholischem Verständnis zwar in graduell verschiedener Weise – allen christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften gleichermaßen zukommt.

Die weiteren Belegstellen sprechen allesamt in konfessioneller Lesart entweder von der „katholischen Lehre“ („doctrina catholica“ in DiH 1,3 und DiH 10), von der „katholischen Kirche“ („Ecclesia catholica“ in DiH 14,1.3) oder von den „Katholiken“ („Catholici“ in DiH 15,3).

Die Katholizität der Kirche

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