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0x09: Sir Knaggels auf Wanderschaft – Teil 2

»Wandere des Tags getarnt,

schlafe des Nachts auf den Bäumen,

und verbirg deine besonderen Talente vor den Menschen…«

Claas der Rote

Sir Knaggels tat, wie ihm geheißen. Nachts schlief er in den Bäumen und tagsüber wanderte er - zunächst durch ein dünn besiedeltes Gebiet. Deshalb traf er selten auf die sogenannten Menschen und auch nur auf wenige Spuren ihrer Gesellschaft.

»Die dominante Spezies auf unserem Planeten Erde. Nimm dich vor ihnen und vor allem vor ihren Transportmitteln in Acht! Die sind überall! Insbesondere aber auf ihren befestigten Pfaden - Straßen oder Schienen genannt«, hallte die Stimme Claas des Roten noch immer in seinem Kopf. »Ihre Motorräder, Autos, Lastwagen und Züge sind schnell unterwegs. Wenn du nicht aufpasst, können sie dich sogar unabsichtlich töten. Oft bemerken sie davon nicht einmal etwas. Selbst einige meiner schlausten Kumpels kleben, weil sie zu leichtsinnig wurden, platt auf irgendeiner Straße!«

Inzwischen war Sir Knaggels ständig getarnt. Das erfolgte im Gegensatz zu früher ganz automatisch. Ihm war es mittlerweile schon fast zu anstrengend, den krakenartigen Form- und Farbwechsel seines Fells zu unterdrücken.

Manchmal war er drauf und dran seine natürliche Gestalt zu vergessen.

Die Greifvögel am Himmel, die größte natürliche Gefahr der Kleinsäugetiere, waren dadurch chancenlos ihn zu entdecken, und die Raubtiere am Boden konnten ihn, obwohl sie ihn oft witterten, niemals erspähen.

Eines Tages trank Sir Knaggels aus einer großen Pfütze an einem Wildschweintrampelpfad auf einer Lichtung. Weil er an diesem Tag sehr viel gewandert war, hatte er erschöpft darauf verzichtet, vorher die Umgebung auszukundschaften.

Augenblicklich wurde sein Fell hellgrau, kugelig und glatt, so dass er aussah wie ein großer Stein. Man hätte sich schon auf ihn setzten müssen, um den Unterschied zu bemerken.

Gierig schlürfte Sir Knaggels das Wasser, ohne zu registrieren, dass sich ein Luchs lautlos neben ihn gesellt hatte, um ebenfalls zu trinken, was die Gestaltwandlung bewirkt hatte.

Durch den Hasengeruch irritiert, hob das Raubtier immer wieder den Kopf, konnte aber niemanden entdecken.

Dabei hätte es nur die Pfote ausstrecken müssen, um Sir Knaggels zu berühren.

»Ich krieg wohl langsam Wahnvorstellungen. Bestimmt habe ich zu viele Chemikaliendämpfe eingeatmet, als ich gestern durch dieses überdüngte Maisfeld geschlichen bin,« knurrte der Luchs und pustete durch die Nasenlöcher seinen übelriechenden Atem aus.

»Oder es liegt an den vielen mit Glyphosphat vollgepumpten Mäusen, die ich immer so gerne fresse!«

Er schüttelte sich und blickte sich erneut suchend um.

Sir Knaggels, der mittlerweile entdeckt hatte, wer da neben ihm trank, blieb nichts anderes übrig, als sich mucksmäuschenstill zu verhalten und keinen Millimeter zu bewegen.

Der beißende Gestank des Raubtieres stieg ihm in die Nase und reizte seine Augen.

Bitte jetzt nicht niesen, dachte er und hielt den Atem an, während seine Augen immer stärker brannten und seine Nase kitzelte.

Ich muss mich ablenken, denk an irgendetwas anderes, Knaggels!

Also begann er die Fibonacci-Folge in seinem Kopf aufzuzählen. 0! Hmm, mit 0 oder ohne 0 starten, überlegte er.

Egal! Dann 1, dann nochmal 1, dann 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, 377, 610, 987, 1597, 2584.

Die Zahlen ratterten wie ein Güterzug durch seinen Kopf.

Luchs, Augen und Nase waren vergessen!

…135301852344706746049

…218922995834555169026

…354224848179261915075.

Sir Knaggels war bei der hundertsten Zahl der Folge angekommen.

»Puh, dass wären dann aber viele Karnickel«, kicherte er vergnügt, blickte auf und stellte verwundert fest, dass er wieder allein war.

Denn der Luchs hatte mittlerweile verwirrt das Weite gesucht, wobei er sich immer wieder umgeblickt, geschüttelt und die Nase gerümpft hatte.

Auch Sir Knaggels setzte seine Wanderung fort, ohne zu ahnen, dass er bereits fast den kompletten Schwarzwald in östlicher Richtung durchquert hatte.

Eines Tages traf er auf einen kleinen Fluss. Er begann seinem Lauf zu folgen und näherte sich damit unausweichlich immer mehr dem Einzugsgebiet der Menschen.

FRANKLIN BENJAMIN UND DAS RAUMZEIT-PUZZLE

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