Читать книгу Herz-Sammelband: Elisabeth Bürstenbinder Liebesromane - Elisabeth Bürstenbinder - Страница 18

15

Оглавление

Inhaltsverzeichnis

Am nächsten Morgen erschien ein junger Geistlicher, der schon am Abend vorher spät in E. angelangt war, vor dem dortigen Gefängnisse und verlangte den in Untersuchungshaft befindlichen Gutsherrn von Dobra zu sprechen. Das Benedictinergewand und die Abzeichen des hochverehrten Stiftes, welche er trug, öffneten ihm sofort alle Thüren. Man befürchtete nur, daß sich Günther schwerlich bereit finden lassen werde, einen katholischen Priester zu empfangen; wider Erwarten aber willigte er sofort ein, als ihm Pater Benedict genannt ward, und diesem, der, wie man glaubte, im Auftrage des Prälaten kam, gelang es auch, ein ungestörtes Alleinsein mit dem Gefangenen durchzusetzen.

Die Unterredung war lang und inhaltvoll gewesen, man sah es an dem Gesicht Günther’s, das seinen sonst so ruhigen gleichgültigen Charakter völlig verleugnete, es sprach ein unverhülltes Grauen, zugleich aber auch eine tiefe Bewegung daraus, als er dem jungen Priester die Hand reichte und einfach sagte: „Ich danke Ihnen!“

Benedict’s Züge waren unbewegt geblieben, stumm und düster nahm er den Dank in Empfang und wandte sich dann zum Gehen, Bernhard hielt ihn zurück.

„Sie wollen nach dem Stifte?“

„Zum Prälaten! Er vertraut bei alledem noch meinem Schweigen, ich mag es nicht heimlich, nicht hinterrücks brechen, er soll wissen, was er von mir zu erwarten hat. Sie haben mein Bekenntniß, haben es schriftlich für alle Fälle, machen Sie davon Gebrauch zu Ihrer Rettung, wenn man etwa Lust zeigen sollte, mich – verschwinden zu lassen.“

„Und warum stellten Sie es dann nicht zuerst in den Schutz der Gerichte?“ fragte Günther rasch.

Ein Ausdruck des Hohnes überflog Benedict’s Züge. „Weil ich weiß, wie weit die Macht unseres Stiftes reicht! Der Prälat würde den ersten Wink erhalten! Ich ziehe es denn doch vor, ihm freiwillig gegenüberzutreten, als ihm als ‚geisteskrank‘, wie es heißen würde, ausgeliefert zu werden. Hier giebt es nur ein Mittel, die vollste Oeffentlichkeit und das Zeugniß von Hunderten. Und müßte ich auch die Kirche entweihen mit meiner Anklage, die Schuld fällt aus Jene, die mir keinen andern Ausweg übrig ließen.“

Er wandte sich von Neuem der Thür zu, Günther hielt ihn zum zweiten Male zurück.

„Der Prälat ist ein ehemaliger Graf Rhaneck?“

„Der Bruder des Majoratsherrn.“

„Und wann sahen Sie diesen zum letzten Male?“

Das Auge des jungen Priesters sank zu Boden. „An der Leiche seines einzigen Sohnes!“ entgegnete er tonlos.

„Seines einzigen? Er hatte zwei Söhne!“

Benedict schüttelte den Kopf. „Graf Ottfried besaß keinen Bruder, so viel ich weiß.“

„Sie können es auch nicht wissen, Bruno!“ sagte Günther plötzlich fest und scharf. „Man hat es gerade Ihnen von jeher auf das Sorgfältigste verhehlt.“

„Woher kennen Sie meinen früheren Namen?“ fragte Benedict befremdet aufblickend. „Wir sind einander nie begegnet, bevor ich in den Orden trat.“

Günther umging die Antwort. „Sie sind dem Grafen Rhaneck befreundet?“ fragte er seinerseits.

„Ich verdanke ihm Alles, meine Erziehung, meine Ausbildung; er nahm sich des armen Knaben an –“

„Des armen Knaben!“ unterbrach ihn Jener bitter. „Sie waren nicht arm, Bruno, wenigstens von Vaters Seiten nicht, und Sie brauchten dem Grafen nicht zu danken für das, was er Ihnen gab. Anklagen hätten Sie ihn sollen, wegen des armseligen Almosens, mit dem er den Diebstahl wieder gut machen wollte, den er an dem Namen und Recht seines ältesten Sohnes beging!“

Benedict fuhr mit dem Ausdruck des vollsten Entsetzens zurück. „An mir?“

„An Ihnen, Bruno Rhaneck! Ihnen allein gebührte die Stellung, die Graf Ottfried in der Welt einnahm.“

Der junge Priester stand da, wie vom Blitze getroffen, jeder Blutstropfen war aus seinem Antlitz gewichen, plötzlich schlug er beide Hände vor das Gesicht und sank wie vernichtet in einen Stuhl.

Günther war zu ihm getreten und wartete schweigend einige Minuten lang den Ausbruch der Erschütterung ab, endlich legte er die Hand leise auf seine Schulter.

„Und Sie fragen mich nicht nach Ihrer Mutter?“ sagte er vorwurfsvoll.

Benedict ließ die Hände sinken, das Antlitz war noch so farblos als vorhin.

„Ich weiß, daß es von jeher nur eine Gräfin Rhaneck gab,“ entgegnete er dumpf, „und daß diese meine Mutter nicht ist. Ersparen Sie es mir, die meinige – verachten zu müssen.“

Günther’s Stirn umwölkte sich. „Werfen Sie Ihre Verachtung nach einer anderen Seite, die Mutter verdient sie nicht! Vor Gott war sie die einzig rechtmäßige Gemahlin, Sie waren der einzig legitime Sohn des Grafen; Ihrem Oheim, dem Prälaten, gebührt das Verdienst, den Altar, den er in seinem Glauben vertritt, in einem anderen verleugnet und das Band zerrissen zu haben, das dort geknüpft ward. Jetzt freilich würde ihm nicht mehr gelingen, was er damals mit dem Gesetze in der Hand vollbrachte.“

Benedict sprang auf, aber die dumpfe Verzweiflung in seinen Zügen machte jetzt einer anderen, drohenderen Empfindung Platz.

„Meine Eltern waren – vermählt?“

„Ja! Aber werden Sie erst ruhiger, Bruno, so können Sie mich ja weder fassen noch verstehen.“

Die Ermahnung war nothwendig, aber sie nützte nichts, Benedict rang vergebens mit seiner furchtbaren Aufregung, er vermochte nicht ihrer Herr zu werden. Günther trat ihm beschwichtigend näher.

„Ich fragte Sie schon einmal nach Ihrer Herkunft, nach einer Aehnlichkeit, die mir auffiel. Ich wußte, woher sie stammte, aber ich wollte wissen, ob auch Sie eine Ahnung davon hätten. Ihre Antwort zeigte mir, daß es nicht der Fall sei, damals mochte ich Ihnen mein Geheimniß nicht aufdringen, den jungen Mönch, den ich fanatisch begeistert wähnte für seinen Beruf, hätte es nur unglücklich gemacht, jetzt habe ich keinen Grund mehr zu schweigen. Wollen Sie mich hören?“

Der junge Priester entzog ihm heftig seine Hand und machte rasch einen Gang durch das Gemach. Als er zurückkehrte, war die Ruhe, äußerlich wenigstens, erzwungen, er blieb dicht vor Günther stehen.

„Ich höre!“

„Vor etwa vierundzwanzig Jahren,“ begann dieser, „machte mich der Zufall zum Zeugen eines Duells. Ich half, das Opfer desselben in seine Wohnung bringen und erlebte dort eine herzzerreißende Scene, die Verzweiflung einer jungen Frau, die mit dem Todten ihren einzigen Schutz und Beistand auf Erden verlor. Der Arzt, der jenem Zweikampfe beigewohnt, nahm sich später der ganz Verlassenen an und gewährte ihr eine Zuflucht in seinem Hause. Dort sah ich sie öfter und dort erfuhr ich schließlich auch die Namen und die näheren Umstände, die in den betreffenden Kreisen kein Geheimniß waren.“

Benedict hörte schweigend zu, ohne durch einen Laut oder eine Bewegung die Erzählung zu unterbrechen, aber sein Auge hing unverwandt an den Lippen des Sprechenden.

„Damals war Graf Rhaneck noch keineswegs der voraussichtliche Majoratserbe,“ fuhr dieser fort. „Als jüngster Sohn des Hauses war er größtentheils auf seine eigene Laufbahn angewiesen, und aus diesem Grunde in die Armee unseres Staates übergetreten, um schneller Carrière zu machen. Er lernte ein achtzehnjähriges Mädchen kennen, eine Waise aus bürgerlicher protestantischer Familie, die bei ihrem Bruder, einem Arzte, lebte, der mit angestrengter Thätigkeit sich und die Schwester erhielt. Der junge Officier mit seiner bestechenden Persönlichkeit und seinen glänzenden Eigenschaften errang bald genug den Sieg, aber er wußte, daß er die Geliebte nur als Gattin besitzen konnte, und er war jung und leidenschaftlich genug, sie auch wirklich zum Altare zu führen. Seine ahnenstolze, streng katholische Familie durfte natürlich von diesem Schritt nichts wissen, der ihr bei der Entfernung auch leicht zu verbergen war, und da ein katholischer Priester sich geweigert hätte, die Ehe einzusegnen, so vollzog ein protestantischer Geistlicher, dessen Bedenken man zu besiegen gewußt hatte, die Trauung, welcher nur der Bruder der Braut und ein Freund desselben als Zeugen beiwohnten. Es mögen dabei wohl manche von den Förmlichkeiten, welche die Gesetze damals noch bei einer Verbindung zwischen dem hohen Adel und dem Bürgerthum, zwischen Katholik und Protestantin, zwischen den Angehörigen verschiedener Staaten verlangten, unterblieben sein. Man scheute vermuthlich das Aufsehen, die Streitigkeiten mit den Priestern, mit der Familie; Absicht war es wohl nicht, einer solchen Niederträchtigkeit möchte ich den Grafen denn doch nicht zeihen. Genug, man ließ es bei der einfachen kirchlichen Trauung bewenden, der jungen Frau war es genug, daß die Hand des Geistlichen sie am Altar ihrem Gatten vermählte, diesem schien es genügend, und die Ehe dauerte ungefähr ein Jahr lang.

Da plötzlich starb der älteste Bruder des Grafen, der Majoratserbe, der zweite war bereits im Kloster, und Titel und Güter der Familie fielen so dem jüngsten zu, der sofort nach Rhaneck berufen wurde. Die drei Monate, welche er dort zubrachte, wurden verhängnißvoll für drei Menschenleben. Er wagte es nicht, seine Vermählung dem Vater einzugestehen, und vertraute sich dem Bruder an. Der Prälat, von seinem Standpunkte aus, sah in dieser Ehe eines Rhaneck mit einer Bürgerlichen, eines Katholiken mit der Protestantin ein Verbrechen; er ist eine eiserne, mitleidslose Natur, ich habe es gesehen bei unserer ersten Begegnung. In der Minute, in welcher er von der Verbindung erfuhr, war auch ihr Todesurtheil gesprochen. Ob und welche Kämpfe es gegeben, ob man Bitten, Drohungen oder Ueberredung angewendet, mag dahin gestellt bleiben; genug, die Familie siegte, der Graf trennte sich von seiner Gemahlin und diese erhielt zugleich mit der Nachricht, daß er seine Ehe für nichtig erkläre, das Anerbieten einer Entschädigung, wenn sie freiwillig zurücktrete. Beides kam von der Hand des Prälaten, Graf Ottfried hatte denn doch nicht die Stirn gehabt, sein Weib in solcher Weise zu beschimpfen.“

Benedict schwieg noch immer, nur in seinem Auge glühte es seltsam und unglückverheißend: was er auch empfinden mochte bei diesen Aufschlüssen über das Geschick seiner Mutter, Weichheit war diese Empfindung sicher nicht.

„Ich will Ihnen die ausführliche Beschreibung dessen, was nun folgte, ersparen,“ sagte Günther rascher, denn er mochte wohl fühlen, daß seine Erzählung einer Folter gleichkam. „Die Gräfin vertheidigte vergebens ihr und ihres Sohnes Recht, sie mußte jetzt das Vertrauen büßen, das sie einst in argloser Liebe dem Gatten entgegengetragen. Der Graf und der Prälat siegten, denn sie hatten den Buchstaben des Gesetzes für sich. Die einseitig protestantische Trauung ward nicht anerkannt, die ohne Einwilligung der Familie geschlossene, im Auslande vollzogene Ehe für nichtig erklärt, und der Spruch der Gerichte raubte der Mutter und ihrem Kinde Namen und Ehre. Ihr Bruder hatte bis zum letzten Augenblicke dafür gekämpft, jetzt schlug er das Einzige in die Schanze, was ihm noch übrig blieb, sein Leben. Er forderte den Grafen und dieser stellte sich ihm; aber die Hand des Arztes wußte nur schlecht mit Pistolen umzugehen, er fehlte.“

„Und Graf Rhaneck?“

„Der Graf – schoß den Bruder seines Weibes nieder!“

Es entstand eine Pause, aber Bernhard trat plötzlich auf den jungen Priester zu und legte, wie in erwachender Besorgniß, die Hand auf dessen Arm.

„Wischen Sie den Zug da weg von Ihrer Stirn, Bruno!“ sagte er ernst, „er verheißt immer nur Unglück oder Verbrechen. So, gerade so sah Ihr Vater aus, als Ihr Oheim von seiner Hand fiel. Dem geübten Schützen wäre es ein Leichtes gewesen, den Gegner nur zu verwunden; aber dieser Rhaneck’sche Zug stand auch auf seiner Stirn, und er forderte gebieterisch den Tod Dessen, der ihn öffentlich einen Schurken genannt. Hüten Sie sich vor dieser Ader Ihres Geschlechts; es ist das Einzige, was Sie von ihm ererbt haben, aber Sie kann auch Ihnen zum Verhängniß werden.“

Benedict fuhr langsam mit der Hand über die Stirn. „Fürchten Sie nichts! Sie soll sich gegen dies Geschlecht wenden, so wahr – so wahr ich meine Mutter an ihm zu rächen habe! Es hat auch ihren Tod auf dem Gewissen, nicht?“

„Sie überlebte den doppelten Schlag nicht lange. Das Kind wurde von dem Vater in Anspruch genommen. Er hatte jenem zwar Alles geraubt, worauf ihm die Geburt ein heiliges Recht gegeben; aber ihm ließ man nichtsdestoweniger das Recht, den Knaben seiner Heimath und dem Glauben, in dem er auf Wunsch der Mutter getauft war, zu entreißen, um ihn den Händen seines Bruders zu übergeben und endlich in’s Kloster zu stecken. Die Kirche forderte wohl diese Sühne für jene ‚Vereinigung‘, und die ‚Priesterweihe‘ sollte den letzten Rest des ‚Ketzerblutes‘ tilgen, das es gewagt hatte, sich mit dem Rhaneck’schen zu vermischen.“

„Sie sollen dies Blut kennen lernen! Noch Eins – was Sie mir sagten, ist nicht nur gehört, sondern verbürgt?“

„Ich stehe für jedes Wort ein, das ich gesprochen, wenn es sein muß, mit meinem Schwur.“

„So haben Sie Dank für Ihre Mittheilung. Mein Entschluß war vorher gefaßt, aber Sie nehmen ihm das Schwerste. Das Gefühl der Dankbarkeit machte mich immer noch feig den Beiden gegenüber; jetzt weiß ich, daß der Haß Recht behalten hat, der sich immer und immer in mir gegen sie aufbäumte, weiß, wer hier zu richten hat – ich gehe zum Prälaten.“

Im Stifte sollte das feierliche Todtenamt für den jungen Grafen Rhaneck gehalten werden. Der Rang und Name des Verstorbenen und die Umstände seines Todes erhoben diese Feier zu einer außergewöhnlichen, die selbstverständlich all den kirchlichen Pomp und Glanz beanspruchte, den ihr düsterer Charakter nur gestattete. Der ganze Adel der Umgegend erschien, um den Eltern seine Theilnahme zu beweisen, aber auch die sämmtlichen Dorfschaften, welche unter der Herrschaft des Stiftes oder des Schlosses Rhaneck standen, hatten ihre Bewohner gesandt, es galt ja dem Neffen des Prälaten und dem Sohne des Majoratsherrn. Die Landleute drängten sich noch sämmtlich in dem Klosterhofe, um zu sehen, wie der Prälat an der Spitze seiner Geistlichkeit und begleitet von dem Adel und den Beamten der Umgegend sich in die Kirche begeben werde.

Die Gräfin Rhaneck hatte den ersten furchtbaren Schlag einigermaßen überwunden, aber ihr Zustand gestattete ihr noch immer nicht, einer so aufregenden Feier beizuwohnen, der Graf dagegen war erschienen und hatte sich bis zum Beginn derselben in die Gemächer seines Bruders zurückgezogen.

Seine Uniform trug heute die Abzeichen tiefer Trauer, und wer ihn so sah, wie er im Armsessel saß, den Kopf in die Hand gestützt, das Auge düster vor sich hinstarrend, der hätte in ihm kaum den noch immer schönen, lebenskräftigen Mann wiedererkannt, die wenigen Tage hatten ihm etwas Greisenhaftes gegeben. Der Prälat, der kalt, selbstbewußt und energisch wie immer neben ihm stand, erschien heute als der Jüngere von Beiden.

„Quäle Dich und mich doch nicht mit solchen Sorgen, Ottfried!“ sagte er nachdrücklich. „Die Beweise gegen diesen Günther sind nicht erschöpfend genug, um ihm ernstlich etwas anzuhaben. Wir können ruhig der Untersuchung zusehen, im schlimmsten Falle bleibt es uns immer noch, unseren Einfluß geltend zu machen, um das Aeußerste zu verhüten.“

Rhaneck’s Antlitz hellte sich nicht auf, trotz dieses Zuredens. „Du hast ihn schon einmal vergebens geltend gemacht, als es sich darum handelte, die Untersuchung überhaupt zu verhindern, es gelang Dir nicht.“

Der Prälat zog die Stirn in Falten. „Dieser neue Landrichter ist eine höchst unbequeme Persönlichkeit, die erste dieser Art, die man uns nach E. schickte; ich werde sorgen, daß er nicht allzulange dort bleibt. Aber ich wiederhole es Dir, diese Kette von Zufälligkeiten war genug, Günther zu verhaften, nicht ihn zu verurtheilen, dazu gehören andere Beweise, man wird ihn wegen Mangels derselben freisprechen müssen.“

„Und damit einen ewigen Makel auf seine Ehre werfen.“

„Willst Du es unternehmen, ihn davon zu reinigen, so thue es!“ sagte der Prälat scharf.

Der Graf machte heftig eine abwehrende Bewegung und wandte sich nach dem Fenster, seine Augen schweiften theilnahmlos über die Landschaft draußen, aber man sah es, seine Gedanken waren ganz wo anders. Der Prälat schwieg, doch ein leiser Ausdruck von Befriedigung lag in seinem Blick; ihm war es vielleicht nicht unlieb, daß die Untersuchung gerade diese Wendung genommen; wurde damit doch ein Feind unschädlich gemacht, der mit seinen Neuerungen und seiner Autorität die ganze Gegend bedrohte; was galt ihm die bedrohte Freiheit und Ehre dieses Mannes! Er war künftig machtlos dem Volke gegenüber, wenn ein solcher Flecken an seinem Namen haften blieb.

„Hast Du – hast Du die Maßregeln ausgeführt, von denen Du mir schriebst?“ fragte der Graf plötzlich. Die Frage kam bebend und leise von seinen Lippen und er wandte sich dabei nicht um, um dem Auge des Bruders begegnen zu müssen.

„Ich habe!“ erwiderte dieser ruhig. „Das Hochgebirge war seit drei Tagen abgeschnitten von uns, erst seit gestern sind die Wege wieder passirbar, ich habe das sofort benutzt, um einen Boten hinaufzusenden. Er bringt Benedict meinen Befehl, N. unverzüglich zu verlassen und nach dem Kloster abzureisen, das ich ihm bezeichnete. Der Bote muß ihn gestern noch erreicht haben, und jetzt ist er jedenfalls schon auf dem Wege nach seinem neuen Bestimmungsorte.“

„Und nach welchem Kloster hast Du ihn gesandt?“ Es klang durch die Frage wieder etwas von der früheren Angst hindurch.

„Ottfried, die Angelegenheit liegt in meinen Händen,“ sagte der Prälat kalt, „laß sie mich auch allein zu Ende führen. Es handelt sich jetzt nur darum, Benedict fern zu halten, und zu verhindern, daß man ihn zu einem Zeugniß herruft, ich werde es verhindern – wegen des Weiteren frage mich nicht.“

Mit einem schweren Seufzer ließ sich der Graf wieder nieder. Sein Bruder hatte richtig gerechnet, er ließ den einst so leidenschaftlich vertheidigten Schützling widerstandlos in seinen Händen – der Schlag hatte zu hart getroffen.

Die Thür ward leise geöffnet und der Kammerdiener erschien in derselben.

„Ist es schon Zeit für die Kirche?“ fragte der Prälat sich umblickend.

„Noch nicht, Euer Gnaden, aber der Herr Pater Benedict wünscht –“

„Wer?“ fuhr der Prälat auf, während auch Rhaneck bei dem Namen emporzuckte.

„Herr Pater Benedict wünscht, sofort vorgelassen zu werden und –“ weiter kam der Meldende nicht, denn der Genannte stand bereits neben ihm auf der Schwelle und sagte fast gebietend:

„Lassen Sie es gut sein! Der Herr Prälat wird mich empfangen!“

Der Kammerdiener erschrak beinahe vor diesem Tone, er hatte so gar nichts mehr von der Art, mit der ein Mönch bei seinem Oberen eintritt. Pater Benedict that ja, als hätte er hier zu befehlen, und er drängte auch wirklich den Mann zurück in’s Vorzimmer, schloß die Thür und schritt rasch durch das Gemach auf den Prälaten zu.

Der Graf war bei seinem Erscheinen aufgesprungen und schaute ihn mit einem unbeschreiblichen Ausdruck von Angst und Schmerz an, aber der junge Priester sah das nicht, oder wollte es nicht sehen, er streifte fast den Arm Rhaneck’s, ohne auch nur mit einem Blicke von ihm Notiz zu nehmen.

Vor dem Abte blieb er stehen und verneigte sich, es war noch der übliche Klostergruß, aber es schien, als habe der Nacken des Mönches es auf einmal verlernt, sich zu beugen, so gezwungen war die Bewegung. Der Prälat schaute ihn streng an.

„Sie hier, Pater Benedict? Haben Sie meine Botschaft nicht erhalten?“

„Welche Botschaft?“

„Den Befehl, unverzüglich den Pfarrer Clemens zu verlassen und sich nach dem Kloster zu begeben, das ich Ihnen nannte, vor allen Dingen aber das Gebiet von E. nicht wieder zu betreten. Der Brief muß schon gestern Abend in Ihren Händen gewesen sein.“

„Gestern Abend war ich bereits in E.,“ sagte Benedict kalt.

„Und was führte Sie ohne Erlaubniß dorthin?“ frug Jener drohend.

„Die Verhaftung Bernhard Günther’s!“

Der Prälat ballte unwillkürlich die Hand. „Sie wissen –“

„Ich erfuhr, was man mir um jeden Preis verbergen wollte, weshalb ich heimlich entfernt werden sollte, und ich komme, um Sie jetzt zu fragen, Hochwürdigster: verlangen Sie noch mein Schweigen?“

Es kam zu keiner Erwiderung, denn der Graf, der bisher regungslos der Unterredung zugehört, trat jetzt dazwischen.

„Wenn mein Bruder Dein Schweigen forderte,“ sagte er gepreßt, „er hatte Recht, Bruno. Ich verlange es auch von Dir!“

Benedict hatte sich bei dem Klange der Stimme umgewandt, und der unglückverheißende Ausdruck trat wieder in sein Auge.

„Sie auch, Herr Graf? Also wirklich!“

„Laß es an dem einen Opfer genug sein!“ fuhr Rhaneck dumpf, aber fest fort. „Ich will kein zweites, Du sollst Dich nicht auch noch in’s Verderben stürzen!“

Einige Secunden lang stand der junge Priester da und sah ihn völlig verständnißlos an, dann auf einmal blitzte die Wahrheit in ihm auf.

„Ich mich in’s Verderben stürzen?“ brach er heftig aus. „Halten Sie etwa mich, mich für den Mörder Ihres Sohnes?“

„Du bist es nicht?“ schrie der Graf auf und es klang wie der Jubel eines Erlösten von Todesqualen.

„Nein!“

„Gott sei gelobt! – Und Du,“ wandte sich Rhaneck jetzt sprühenden Auges an seinen Bruder, „Du sagtest mir –“

„Ich sagte Dir nichts!“ unterbrach ihn der Prälat finster. „Erinnere Dich, daß Du es warst, der den ersten Argwohn weckte, nicht ich!“

„Aber Du nährtest ihn absichtlich mit Deinem Doppelsinn! Du wußtest, in welche Verzweiflung er mich stürzte, ein Wort von Dir hätte sie lösen können, und Du schwiegst!“

Es war, als sei mit der furchtbaren Last, die von seiner Seele gesunken war, auch die Gebrochenheit verschwunden, er stand wieder aufrecht und fest, das Auge flammte wieder in der alten Leidenschaftlichkeit, und die Stimme klang voll und drohend.

„Der Herr Prälat konnte Ihnen den Thäter nicht nennen!“ sagte Benedict fest. „Sie hätten alsdann Aufschluß über die völlig räthselhafte That verlangt. Er hätte Ihnen zugleich bekennen müssen, wem sie galt und – wer sie befohlen.“

Das Antlitz des Prälaten wurde wieder fahl wie damals, als er die Beichte des jungen Mönches empfing, aber er richtete sich stolz empor.

„Pater Benedict, Sie vergessen, daß Sie vor Ihrem Abte stehen!“

„Vor dem Manne, der meinen Tod beschloß! Ich klage Sie nicht an deswegen, denn ich weiß, es war kein persönlicher Haß. Sie opferten den Ungehorsamen, den Abtrünnigen, der den Orden bedrohte, und es ward Ihnen vielleicht schwer, daß Sie damit gerade mein Todesurtheil aussprechen mußten. Ein Höherer hat Ihnen gezeigt, wer allein Herr ist über Leben und Tod! Der Schlag, der mich vernichten sollte, er traf Ihren Neffen, den Letzten Ihres Stammes und Namens, vor der Welt wenigstens, und vor ihr geht auch das Geschlecht der Rhaneck mit ihm zu Grabe. Sie werden auch das überwinden, denn Sie stehen auf einer Höhe, bei der einem Andern das Blut zu Eis erstarrt, aber es ist eine Höhe, weil ihr nichts Gemeines anhaftet. Wenn Sie noch menschlich fühlten, so hätten Sie dem Grafen wenigstens die Qual ersparen müssen, zu glauben, der Bruder sei von der Hand des eigenen Bruders gefallen!“

Die Wirkung dieser letzten Worte war eine unendlich verschiedene bei den beiden Zuhörern. Der Prälat ließ einen unterdrückten Ausruf der Wuth hören, bei dem Grafen aber rissen sie die letzte Schranke nieder, mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit streckte er beide Arme nach seinem Sohne aus.

„Bruno, Du weißt –?“

Benedict wich finster zurück vor der Umarmung und ein Eisesblick traf den Vater.

„Wer meiner Mutter die Treue brach und sie und mich dann verrieth und verließ? Wer meinen Oheim niederschoß? Ja, das weiß ich, Herr Graf Rhaneck!“

Wenn der Graf Alles ertragen hatte, die schneidende Verachtung in diesen Worten ertrug er nicht. Die Verurtheilung aus dem Munde des Einzigen, was er auf Erden wahrhaft geliebt, warf ihn nieder, wie vernichtet sank er in den Sessel.

Der Prälat behauptete allein seine eiserne Ruhe, dieser Mann war nun einmal nicht zu erschüttern. Er erkannte klar die Gefahr, die diese Entdeckung gerade in solchem Augenblicke brachte, er sah die Macht seinen Händen entgleiten und machte noch einen letzten gewaltsamen Versuch, die Zügel wieder an sich zu reißen.

„Bruno, Du vergißt, daß sich diese Sprache dem Vater und dem Oheim gegenüber nicht ziemt!“ sagte er mit der vollen gebietenden Macht seiner Persönlichkeit. „Dem Sohne meines Bruders und meinem Neffen will ich sie verzeihen. Jetzt aber erinnere Dich, daß Du dem Orden angehörst, und was er von Dir verlangt.“

Benedict kreuzte die Arme, wie um sich zur Ruhe zu zwingen, und wandte seinem Vater den Rücken.

„Sie haben Recht, Hochwürdigster, und deshalb allein kam ich hierher. Ich frage Sie jetzt im Angesichte des letzten Ereignisses: was haben Sie beschlossen?“

„Mein Verbot bleibt in vollster Kraft bestehen! Was zwischen uns Dreien verhandelt ward, bleibt begraben für immer. Du schweigst auch ferner gegen Jeden!“

„Auf die Gefahr von Günther’s Verurtheilung hin?“

„Die Verantwortung fällt auf mich! Du hast nur zu gehorchen!“

Mit einer zuckenden Bewegung richtete sich Benedict auf; als werfe er eine langgetragene Fessel ab, so stand er plötzlich vor dem Abte und es loderte furchtbar auf in seinem Auge.

„Gehorchen und immer nur gehorchen! Das ist Euer ewiges Wort; aber es ist jetzt genug der Sclaverei, jetzt kann ich nicht mehr und jetzt will ich auch nicht mehr! Ihr habt mich in Fesseln geschlagen seit meiner Kindheit, habt mich in Eurem Banne gehalten mein Lebelang, habt eine Scheidewand zwischen mir und der Menschheit aufgerichtet, und wenn ich mich empörte dagegen, dann wurde mir immer und immer das Wort entgegengehalten, mit dem ich mich der Kirche zugeschworen. Ich habe es gehalten unter tausendfachen Kämpfen, es gehalten bis zu diesem Augenblick, denn ich wußte, es galt nur mein Verderben, jetzt aber, wo die Ehre, das Leben eines Anderen auf dem Spiele steht, jetzt gehorche ich nicht, zum Verbrechen lasse ich meinen Eid nicht mißbrauchen! Ihr habt mir die Augen darüber geöffnet, daß ich ihn nicht Gott geschworen, sondern Euch allein, und Ihr habt ihn entweiht, nicht ich! Der Altar, der mich binden soll für alle Ewigkeit, er galt Euch nichts, als es sich darum handelte, meine Mutter von ihrem Gatten zu reißen, Ihr habt mich gelehrt, wie man Eide bricht – ich zerreiße den meinen!“

Es lag eine erschütternde Gewalt in dieser jäh hervorbrechenden Empörung, in diesem endlichen Freiwerden eines jahrelangen Ringens und Kämpfens. Der Prälat sah, daß hier Alles zu spät kam, er wahrte vielleicht nur seine Stellung, als er noch eine letzte Drohung versuchte.

„Also eine förmliche Lossagung! Wir werden Mittel finden, Dich zu zwingen, Abtrünniger!“

Bruno schüttelte die dunklen Locken und zum ersten Male hob sich seine Brust unter dem niegekannten Gefühl der Freiheit.

„Mich zwingt Niemand mehr! Was das Kloster auch beschließen mag, es droht nur dem Mönche, der sich gehorsam dem Befehl seiner Oberen beugt. Wenn ich mit meinem Wortbruch fertig werde – Eure Macht ist zu Ende in dem Augenblick, wo ich sie nicht mehr anerkenne!“

Er wandte sich und verließ das Gemach, auch nicht ein einziger Blick war mehr auf den Grafen gefallen. Der Prälat verharrte einige Minuten lang in finsterem Schweigen, plötzlich aber zuckte eine Ahnung in ihm auf.

„Der Prior! Das Volk im Klosterhofe! Er ist zu Allem fähig – wenn er dort spricht, ist nichts mehr zu retten!“

Er eilte nach, aber es war bereits zu spät. Bruno hatte in stürmischer Eile die Gemächer verlassen und durchschritt eben den Kreuzgang, der zum Klosterhofe führte.

Im Begriff aber, hinauszutreten, kam ihm schon die Geistlichkeit entgegen, den Prior an der Spitze und gefolgt von den vornehmeren Leidtragenden, um den Prälaten in seinen Gemächern abzuholen. Bruno erkannte die Gefahr, die ihn hier mitten im Kreuzgange und abgeschnitten von der Welt bedrohte. Er mußte sprechen, mußte seine Anklage in die Welt schleudern, ehe ihn der Prälat erreichte, er wußte, daß ihm nur Minuten blieben, sollte seine Stimme nicht ungehört verhallen. Das Auge flammend in leidenschaftlicher Erregung, das jugendliche Haupt aufgerichtet, als gelte es den Kampf mit einer Welt, eilte er dem Zuge der Geistlichen entgegen, schritt auf den Prior zu, legte die Hand auf seine Schulter und sagte klar, fest und laut, so daß es weithin vernommen wurde:

„Entweihen Sie das Gedächtniß des Grafen Rhaneck nicht, Pater Prior! Sie haben ihn gemordet. Ich war Zeuge davon.“

Ein Schrei des Entsetzens ließ sich ringsum hören, die furchtbare, mitten unter die Priester geschleuderte Anklage wirkte mit der Gewalt eines jäh herniederfahrenden Blitzes. Entsetzt stoben die Mönche auseinander, schreckensbleich drängten die Leidtragenden heran, und es war wohl schon zu spät, als das Thor des Kreuzganges laut krachend zufiel, von einem besonnenen Mönche rasch in’s Schloß geworfen.

Aber mehr als selbst die Anklage sprach der Anblick des Schuldigen. Er war zusammengebrochen vor dem Schlage, der ihn mitten in der vollsten Sicherheit getroffen; mit erdfahlem Gesichte, mit bebenden Lippen und zitternden Knieen stand er da, der Ueberfall kam zu plötzlich, als daß seine mönchische Gewandtheit und Verstellungskunst ihn noch hätte retten können; er besaß nicht einmal mehr die Kraft zum Leugnen.

Jetzt erschien auch der Prälat; aber ein einziger Blick auf den Prior, auf die entsetzten Gruppen ringsum sagte ihm, daß er zu spät kam. Nach dieser vor Hunderten von Zeugen geschehenen Anklage ließ sich nichts mehr verbergen und verleugnen; sie wußten es jetzt Alle, daß ein Mörder unter den Geweihten stand, – und im Ornate hatte man den Priester angegriffen!

Der ersten starren Pause folgte jetzt eine stürmische Bewegung. Die Mönche schaarten sich um ihren Abt, von ihm Rath und Hülfe verlangend, die Verwandten und Freunde der Familie drängten sich bestürzt Bruno entgegen, wie um weiteren Aufschluß zu verlangen. Der Landrichter aus E., der ebenfalls mit im Zuge gewesen, näherte sich dem Prälaten, ehrfurchtsvoll, aber mit einer Miene, welche zeigte, daß er nicht gesonnen war, den Pflichten seines Amtes auch nur das Geringste zu vergeben.

„Hochwürdigster – ?“

Der Prälat stand allein unbewegt da wie ein Fels in der Brandung. Zu ihm floh Alles, an ihn wendete sich Alles, an seinem Antlitze hingen all diese Blicke; es zuckte nicht und erbleichte nicht, als er that, was er thun mußte. Er erklärte, daß die furchtbare Anklage, die Pater Benedict allein zu vertreten habe, auch ihn schwer getroffen, verhieß die strengste Untersuchung und gab Befehl, den Schuldigen abzuführen.

Bis zu diesem Augenblicke hatte sich der Prior noch aufrecht erhalten; sein Auge hing immer nur an dem Prälaten, als solle und müsse ihm dieser Schutz und Rettung gewähren; aber als auch der Abt ihn preisgab, als der sich von ihm wandte und er sich verloren sah, da flammte der giftige tödtliche Haß wieder auf in seinen Zügen; aber diesmal richtete er sich gegen den Obern.

Bruno, der bisher fest und unverrückbar an seiner Seite gestanden, sah diesen Ausdruck und ahnte das kommende Unheil; er beugte sich herab zu ihm.

„Schonen Sie unsern Abt!“ sagte er halblaut und lateinisch. „Er muß den Schuldigen preisgeben. Schonen Sie seine und des Stiftes Ehre!“

Aber er irrte, wenn er bei dem Prior eine Handlungsweise voraussetzte, wie er sie in solchem Falle geübt hätte; bei dem Elenden siegte das Bewußtsein, verloren, aufgegeben zu sein von den Seinigen, selbst über die Gewohnheit und Erziehung des Mönches. Mit dem ganzen Haß des Gemeinen, das seine einzige Genugthuung darin findet, im Sturze noch einen Andern mit sich zu reißen, richtete er sich auf und rief höhnisch:

„Fragt den Herrn Prälaten, ob die That seinem Neffen galt oder einem Andern! Er wußte darum, er hat mich – absolvirt!“

Diesmal gab sich kein Laut des Entsetzens kund; still, todtenstill war es in der ganzen Versammlung, sie wich stumm immer weiter zurück vor dem Prälaten, selbst die Priester flohen vor ihm – er stand ganz allein.

Noch stand er; aber man sah es, der Schlag hatte ihn bis in’s innerste Leben getroffen; er wußte, daß der Eindruck dieser Worte nicht mehr zu verwischen war, und wenn sie zehnfach widerrufen wurden, und es war nur noch eine Form, die er mechanisch wie eine letzte Pflicht erfüllte, wenn er sich jetzt zum Landrichter wandte und erklärte, daß man den „Unsinnigen“ in Sicherheit bringen müsse, bevor er noch zu weiteren Lügen seine Zuflucht nehme.

Kein Laut ließ sich vernehmen, als er sich zurückzog; in dem Schweigen lag sein Urtheil. Der stolze Abt, der den Ruf und die Ehre seines Klosters über Alles gesetzt, er brach mit diesen beiden zusammen!

Herz-Sammelband: Elisabeth Bürstenbinder Liebesromane

Подняться наверх