Читать книгу Die Wächter - Elisabeth Eder - Страница 8

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4 Ein Hort des Wissens

Sie befanden sich in einer riesigen Marmorhalle. Blassrote Fließen sprenkelten den weißen Boden, Säulen mit goldenen Verzierungen stützten eine gewölbte Decke, an der verschiedene Wandmalereien pragten.

Bücherregale standen links und rechts an der Wand, in der Mitte waren edle Holztische mit rot gepolsterten Sesseln. Die Bücher waren groß und klein, in Leder oder hartes Papier gebunden oder von Hand bemalt. Staunend blickte Kai zu dem schimmernden Kristallleuchter in der Mitte des Saales.

Eine Weile blieb die Truppe stehen und starrte ehrfürchtig in den Raum.

„Da entlang“, befahl Exoton.

Es war, als würden einige der Diebe erneut anfangen zu atmen. Solch ein prächtiges Gebäude hatten sie nie von innen gesehen. Kai packte den Schlüsselbund fester und marschierte hinter Exoton her, der sie durch die gewaltige Halle führte. Die Regale ragten hoch über ihnen auf, hin und wieder sah man weiß gestrichene Türen, deren vergoldete Klingen man nur drücken musste, um in einen anderen Bereich zu kommen.

Exoton blieb vor einer Türe zwischen zwei unscheinbaren Regalen stehen. Schatten umhüllte die Diebe und Männer. Der neue Anführer drehte sich zu Kai um: „Jetzt bist du dran. Öffne sie.“

„Nichts leichter als das“ Der Junge drückte seinem Nachbarn die Schlüssel in die Hand und trat an das Schloss heran. Er zog einen schmalen Dolch aus dem Gürtel und kniete sich nieder. Mit geübten Augen spähte er durch das Schloss, strich einmal mit den Fingern darüber und setzte das Messer dann präzise hinein.

Eine rasche Drehung des Handgelenks später klickte es. Kai drückte die Türklinge hinunter und betrat den Raum. Darin befand sich ein großer Turm mit mehreren Wendeltreppen. Eiserne Geländer spannten sich zwischen Brücken, auf denen Regale und Pergamentstapel lagen. Unter ihnen befanden sich verschiedene Ebenen. Alles war vollgestopft mit Büchern und ging in schwindelerregende Höhen hinauf.

Ania schloss als Letzte die Türe. Exoton war eine schmale Wendeltreppe hinaufgestiegen, die anderen folgten ihm im Gänsemarsch. Immer höher kamen sie hinauf, bis sie ein kleines „Zwischengeschoss“ erreichten. Diesmal musste Kai sich anstrengen, die schmale Türe zu öffnen. Die anderen Diebe betrachteten fasziniert die Bücher und blätterten in den Pergamentstößen.

Endlich stieß Kai das Tor auf. Er tauchte sofort in die Dunkelheit dahinter und fand sich in einem schmalen Gang wieder. Er kniff die Augen zusammen.

„Folgt mir“, flüsterte Ania in der Dunkelheit. Kai legte ihr seine Arme auf die Schultern und spürte sogleich Exotons Pranken auf den Seinen. Ein letztes Mal drehte er sich noch zu den restlichen Jungen und Mädchen um, die hier warten sollten. „Bleibt hier. Wir sind bald zurück.“

Dann schluckte die Tür das letzte Licht, das hereingefallen war. Der Zug setzte sich lautlos in Bewegung. Auf leisen Sohlen tappten sie durch den Gang.

Ania sah ausgezeichnet im Dunkeln. Zielsicher führte sie die Männer hinter ihr in der Dunkelheit. Sie marschierten lange Zeit schweigend, dann blieb Ania so abrupt stehen, dass Kai beinahe in sie hineingestolpert wäre. Er hörte, wie eine Klinge quietschend hinuntergedrückt wurde. Ania zog eine Türe auf.

Kai ließ ihre Schultern los und trat hinter ihr in den Raum, der ebenfalls in völlige Dunkelheit gehüllt war. Misstrauisch sah er sich um. Etwas raschelte in seiner Nähe, dann hörte er ein dumpfes Geräusch und einen unterdrückten Fluch.

„Schhh!“, zischte Exoton und rief leise: „Ania? Hast du es?“

„Da stehen tausende von Büchern“, kam es von weit her. Kai erfasste nun Panik, denn er war blind wie ein neugeborenes Katzenbaby in dieser Schwärze. Er konnte sich nur auf die Geräusche verlassen, die an seine Ohren drangen. Unruhiges Auftreten von Füßen, Kleiderrascheln, Atmen, geflüsterte Gespräche, zu leise, um sie zu verstehen.

Beinahe hätte er aufgeschrien, als Ania ihn an der Schulter antippte und sagte: „Alles klar. Gehen wir.“

Kai tastete in die Dunkelheit und bekam ihre Schultern zu fassen. Dann spürte er Exotons Hände wieder und spannte seine Muskeln an. Sie drehten sich kompliziert um – wobei er mit dem Knie gegen eine scharfe, metallene Ecke stieß und leise fluchte – und marschierten zurück. Allerdings waren sie noch nicht weit gekommen und der Schmerz an Kais Knie war noch nicht verklungen, als plötzlich eine Reihe von Klatschtönen leise an ihre Ohren drang.

Sieben schnelle.

Kai sog scharf die Luft ein. Sein Herz begann zu rasen, er spürte, wie die anderen ebenfalls unruhig wurden. Er flüsterte ein Wort: „Soldaten.“

„Kommt“ Ania ging nun schneller. Sie liefen halb durch die dunklen Gänge. Das Geräusch vom Klirren von Metall auf Metall drang zu ihnen. Wütende Schreie, alarmierte Rufe. Kais Herz zersprang ihm in der Brust. Er keuchte und dachte daran, was mit denen geschah, die in königliche Privateigentümer eindrangen. Öffentliche Hinrichtungen … Verfütterung an Dämonentiere … Jahrelange Zwangsarbeit in H’ll …

Schwacher Lichtschein drang an Kais Augen. Vor sich erkannte er Anias wilde Haarmähne. Sie blieb plötzlich stehen. Er hörte die Geräusche von schweren Stiefeln und eine Stimme, die rief: „Ihr fünf – mitkommen! Vielleicht sind da welche!“

Das Licht wurde heller, flackerte.

Kai besaß genug Geistesgegenwärtigkeit, um Ania in einen kleinen Seitengang zu ziehen. Die Männer folgten ihnen und drängten sie weiter zurück. Kai stieß mit dem Rücken gegen eine eiskalte Türe. Schaudernd drehte er sich um und probierte, ob er sie öffnen konnte. Es funktionierte.

„Da rein!“ Er zuckte zusammen, als von draußen ein gellender Todesschrei ertönte. Schuldgefühle nagten in seiner Brust und schnürten ihm die Kehle zu. Seine Diebe … wurden draußen hingerichtet. Und sie mussten durch eine Hintertüre fliehen – alles nur wegen diesem Buch …

„Los“, wisperte Ania und gab ihm einen kleinen Stoß, als die Soldaten auf dem großen Gang vorbeimarschierten. Zwei von ihnen kamen näher und tauchten das geschliffene, schwarze Holz mit ihren Fackeln in unheimliches Dämmerlicht.

Kai fiel beinahe die schmale Wendeltreppe hinab, die nach unten führte. Er stolperte vorwärts und bekam den eiskalten Griff eines Geländers zu fassen. Nervös tastete er sich weiter nach vorne. Exoton überholte ihn und lief mit überraschender Geschwindigkeit hinunter.

Das Geräusch einer schließenden Türe war zu hören. Gespenstische Stille herrschte in der Dunkelheit. Sie liefen beinahe eine Ewigkeit, schließlich rief Exoton – dessen Stimme klang, als wäre sie ganz weit entfernt – gedämpft: „Die hier führt in den Keller, glaube ich. Vielleicht gibt es durch eines der Fenster einen Ausweg.“

„Besser als oben als Raubtierfutter zu enden“, erwiderte einer der Männer.

Kai stimmte dem im Stillen zu. Sie liefen weiter hinunter, bis er – daran sollte er sich gewöhnen – in den großen Mann hineinrannte. Exoton packte ihn an den Schultern: „Vorsicht, Junge.“

Er drückte ihn zur Seite und Kai zog die Brauen zusammen. Jemand rüttelte an der Tür. Lautes Scheppern drang durch den gesamten kleinen Turm, in dem sie sich befinden mussten.

„Hey, Dieb!“, rief einer. „Sperr das auf!“

„Wie, wenn ich nichts sehe?“, fauchte Kai.

Plötzlich blendete ihn ein helles Licht. Anias blasses Gesicht wurde in strahlendes Gelb getaucht und überschwemmte die Dunkelheit. Mit zusammengekniffenen Augen starrte Kai zu ihr. Er blinzelte öfters und das nicht nur wegen dem blendenden Licht.

Sie hielt eine weißgelbe Lichtkugel in der Hand. Mit offenem Mund fragte er: „Ania – wie?“

Die Angesprochene lächelte schmal, als wäre sie stolz darauf, es endlich erzählen zu dürfen. Als hätte sie das Geheimnis lange mit sich herumgetragen. „Wir sind nicht nur Friedensfürsten. Wir von Phyan werden auch Wächter genannt, Wächter der Natur und des Friedens. Einige haben magische Begabungen. Aber was uns alle verbindet: Wir können uns in Tiere verwandeln.“

„Wieso erzählst du ihm das?“, fragte Exoton scharf.

In Kais Kopf drehte sich alles, während Ania fortfuhr, ohne auf Exoton einzugehen: „Ich bin eine Katze. Bei den Sterblichen werden Hexen immer mit Katzen in Verbindung gebracht. Jetzt rate mal, woher das kommt.“ Sie grinste schelmisch und tippte dann Exoton auf den gigantischen Brustkorb: „Diese Herrschaften hier sind die Wölfe. Es gibt mehrere Tiere; auch Fabelwesen. Wir müssen uns zusammenschließen, damit wir mit unseren Königen das Land zurückerobern können. Denn es gibt einen neuen König und eine neue Königin. Sie wurden auserwählt.“

„Er ist ein Dieb!“, zischte Exoton und kam grimmig auf Kai zu, der zurückwich. Der Dolch blitzte in seiner Hand auf. „Das wirst du niemandem erzählen, klar?“

„Als würde euch Verrückten jemand Glauben schenken!“, knurrte er. Schon spürte er das kalte Metall an seiner Kehle und sammelte seine Kräfte zum Gegenschlag; währenddessen huschten seine Augen von einem Mann zum Nächsten, um einen Schwachpunkt in der Kette zu finden …

„EXOTON!“ Anias Stimme war durchdringend und scharf. Ihre Augen funkelten wütend und Exoton drehte sich mit zusammengekniffenen Brauen zu ihr um. Die Hexe trat neben Kai: „Er soll es wissen!“ Exoton nahm den Dolch zurück, während Kai verwirrt die Stirn runzelte. Die „Wölfe“ wurden unruhig und warfen sich gegenseitig Blicke zu. Verwirrung lag in ihren Gesichtern, Missfallen und Misstrauen. „Und du garantierst mir das?“, fragte Exoton scharf, der es als oberste Priorität erachtete, das Geheimnis zu wahren und dem es nicht gefiel, dass ein Dieb alles verraten könnte. „Ja, garantierst du es für den schmutzigen, kleinen Dieb, der euch alle hier reingebracht hat?“ Kai funkelte sie wütend an und verschränkte die Arme vor der Brust. Ania schüttelte stumm den Kopf: „Alles wird sich weisen. Es hat seine Richtigkeit.“ „Dann mach weiter“, befahl Exoton. Wütend trat er auf die Tür zu und rammte den Dolch ins Schloss. Einige Drehungen seines Handgelenks später schwang die Tür nach innen auf. Der Geruch von Feuchtigkeit und Verwesung stieg ihm entgegen. Er steckte den Dolch zurück und knurrte: „Bitte sehr, der Weg für die Herrschaften!“ Exoton nickte, aber er musterte Kai mit völlig neuen Augen. Kam es dem jungen Dieb nur so vor oder sah er Neugierde, Respekt, Nachdenklichkeit? Auch die anderen sahen ihn mit diesem Blick an, der Kai langsam unheimlich wurde. Was war hier los? Was hatte zu dem plötzlichen Stimmungswandel geführt? Langsam wurde es heiß. Die Lichtquelle von Ania verströmte auch Hitze, aber je länger sie dastanden, desto mehr Zeit rann ihnen durch die Finger. Die Männer traten zögernd in das Kellergewölbe. In der Dunkelheit knurrte etwas, schnappte mit den Zähnen. Kai sah kurz das Blitzen zwei giftgrüner Augen, dann herrschte wieder Schwärze. „Oh nein“, fluchte Exoton. „Sie halten da unten Sux!“ „Sux?“ Kai schluckte. Er dachte an die buckeligen Wesen mit grünem Fell und rattenartigem Schwanz, die oft als Suchtiere eingesetzt wurden. Sie waren zwar klein, aber kräftig gebaut und ein Hieb konnte einem Menschen den Kopf vom Körper schleudern. Er wich zurück. Er war Vieles, aber sicher nicht lebensmüde. Exoton hingegen knurrte ebenfalls. Er bäumte sich auf, seine Arme und Beine schienen zu wachsen. Seine Nase und sein Mund wurden länglich, die Ohren spitzer. Fell spross ihm aus dem gesamten Körper, sein Rücken wurde buckelig und seine Zähne lang und rasiermesserscharf. Mit klopfendem Herzen beobachtete Kai, wie sich der Mann tatsächlich in einen bärengroßen Wolf verwandelte und dann knurrend ins Dunkle starrte. Ania nickte dem Wolf zu, der sich bei der Türe aufbaute und teilte ein: „Kai – du reitest auf Exoton. Klettere hinauf, keine Sorge. Wir bringen dich zu einem der Fenster und dann rennst du davon. Wir kümmern uns um die anderen Diebe. Du musst aber wegrennen. Weg, verstanden?“ Kai rührte sich nicht. „Hab ich dein Wort, dass die überlebenden Diebe in Sicherheit gebracht werden?“ Sie nickte. „Ich schwöre.“ „Gut.“ Exoton machte sich kleiner. Kai schwang ein Bein um den Wolf und vergrub seine Hände in dem schwarzen, dichten Fell. Schwungvoll richtete sich der Wächter auf und ging langsam rückwärts. Einige der anderen seiner Gruppe hatten sich ebenfalls in Wölfe verwandelt. Nur die Fellfarbe und die Augenfarbe zeugten noch davon, dass sie keine normalen Tiere waren. Kai konnte es nicht fassen. Er war – ohne es zu wollen – in eine magische Welt voller Verschwörungen, Geheimnisse und Prophezeiungen geraten, das spürte er so deutlich wie die Kälte, die aus dem Keller kam. Die Wölfe traten langsam und bedrohlich knurrend in die Dunkelheit. Einen kurzen Moment überlegte Kai, ob er nicht einfach wieder hinaufrennen und sich den Soldaten ausliefern sollte, entschied sich aber dagegen. Sein Blick fiel auf die steinernen Fließen am Boden. Dann löschte Ania die Lichtkugel in ihren Händen. Das Letzte, was Kai sah, war, dass vier der Wölfe Exoton und ihn flankierten.

Langsam setzte sich der große Körper unter ihm in Bewegung. Kai klammerte sich an das Fell und spürte, wie sich die Rückenmuskeln anspannten, Scharren und Knurren war zu hören. Die grünen Augenpaare leuchteten wie Schlitze aus der Dunkelheit, plötzlich hörte er ein tiefes Grollen, ein Fauchen und Gedränge. Wieder ertönte Knurren und Fauchen, die Wölfe bellten wild. Kai hörte das Geräusch von Zähnen, die aufeinander schnappten und zog sein Schwert aus der Scheide. Mit einer Hand hielt er sich im Fell fest und in der anderen hatte er das Schwert.

Exoton hatte angefangen zu laufen. Kühle Luft sauste ihnen entgegen. Das Kampfgeräusch der Tiere hielt weiter an, hin und wieder schnappte Exoton mit seinen kräftigen Kiefern zu. Kai kam sich hilflos vor und hoffte, dass alles gut gehen würde.

Endlich kamen sie zu einem der Fenster. Durch die Gitterstäbe schien blassweißes Mondlicht und erhellte den dreckigen Boden. Kleine Knochen lagen auf dem Stein.

Eines der Sux ließ sich auf einmal von der Decke fallen. Kai zuckte zusammen und riss sein Schwert hoch, als er die hungrigen, grünen Augen erblickte. Das Tier spannte die Muskeln, ebenso wie der Wolf –

Es sprang.

Kai hatte gerade noch Zeit, das Schwert hochzureißen. Exotons Kiefer schnappten nach einem Bein des Dämons und rissen ihn so aus dem Sprung. Einen Moment lang verharrten die scharfen Reißzähne des Ungeheuers direkt vor Kais Stirn. Dann schlug er kräftig nach dessen Kopf. Blut spritzte ihm ins Gesicht und er schloss die Augen. Er hörte ein dumpfes Geräusch, Exoton bewegte ruckartig den Kopf, als würde er etwas wegschleudern – dann rannte der Wolf hechelnd weiter.

Kai wischte sich über das feuchte Gesicht. Zwei Wölfe ordneten sich wieder vor ihnen ein und ihre grauen Schwänze waren drohend nach hinten gelegt. Die nächsten Sux, denen sie begegneten, wichen fauchend und knurrend zurück, sprangen jedoch das nachfolgende Rudel an.

Der Dieb auf dem Wolfsrücken starrte zu den Fenstern, doch sie waren alle vergittert. Die kalten Eisenstangen glänzten im Mondlicht. Plötzlich blieb Exoton stehen. Kai wäre fast von dem Rücken des riesigen Tieres gestürzt und starrte nach vorne.

Eine Eisentüre.

Ania tauchte aus der Dunkelheit auf und ließ eine pulsierende Lichtkugel vor das Schloss schweben. Ihre schwarzen Augen blickten ihn unergründlich an. Eine Blutsspur rann über ihre bleichen Wangen. Kai schwang sich von dem Wolf und zückte sein kleines Messer, während er mit der anderen Hand das blutverschmierte Schwert in die Scheide steckte – zum Säubern war keine Zeit. Er fühlte die Blicke der lauernden Sux wie Dolche im Nacken.

Knurrend und zähnefletschend versammelten sich die restlichen Wölfe im Kreis um ihn. Nervös kniete er sich zum Schloss und stocherte darin herum. Seine Hände zitterten. Immer wieder hörte er das Schnauben der Raubtiere hinter sich und spannte die Nackenmuskeln. Der Geruch von Verwesung, der in der Luft hing, raubte ihm fast das Bewusstsein.

Endlich klickte es leise.

Er stieß die Türe auf und fand sich vor einer Treppe. Fackeln hingen an den Wänden und tauchten die Steine in braungoldenes Licht. Ohne sich umzusehen hechtete er hinauf. Bald schon war einer der Wölfe hinter ihm, Kai spürte seinen heißen Atem im Nacken, aber er kümmerte sich nicht darum. Sein einziger Gedanke war: Raus! Weiter unten brach ein Kampf aus, denn die Sux wollten auch an die Freiheit. Kai sah eine Eichenholztüre mit poliertem Eisengriff. Er drückte die Klinge hinunter und warf sich dagegen. Mit einem lauten Krachen flog die Tür auf, Kai ließ den Griff los und taumelte ein paar Meter in den nächsten Raum. Oder besser gesagt in den Hauptraum der Bibliothek, in dem es von schwer bewaffneten Soldaten nur so wimmelte. Einen Augenblick blieb er atemlos stehen, dann zückte er sein Schwert und duckte sich hinter einem der Tische, denn mehrere Pfeile sausten auf ihn zu. Sie schlugen in das Holz ein und bohrten sich hindurch. Einer streifte Kais Wange. Panisch starrte er zu den Wölfen, die herausgestürmt kamen und sich bellend auf die Soldaten stürzten. Diese waren so erschrocken, dass sie keine Zeit mehr hatten, Pfeile an die Sehnen zu legen. Kai erblickte Exoton, der stehen geblieben war und offenbar nach ihm Ausschau hielt. Er sprang auf den Tisch und machte einen großen Satz. Er verlor beinahe das Gleichgewicht, als er auf dem Rücken des Wolfs landete. Der ließ ihm nur kurz Zeit, sich an sein Nackenfell zu klammern, dann preschte er auf den Ausgang zu. Kai sah sich hastig nach seinen Dieben um, aber die waren nirgends zu sehen. Hinter ihm ertönte das gierige Krächzen der Sux, die sich nun auch ins Getümmel stürzten und sowohl Soldaten als auch Wölfe angriffen. Schreie, Knurren, Jaulen und Heulen waren zu hören. Die große Halle verstärkte diese Geräusche mit ihrem Echo. Die Wölfe sprangen die Soldaten an und brachen ihnen mit einem lauten Knirschen das Genick, während die Sux nach Armen und Beinen schnappten. Einige der Soldaten rannten davon, andere sprangen auf Tische und warfen ihre Dolche. Neben Kai ging ein Wolf zu Boden, dem ein Messer im Genick steckte. Am Ausgang standen fünf der Männer postiert. Ihre langen Lanzen deuteten drohend auf ihn und Exoton. Kai zuckte zusammen, während die Soldaten am Eingang eine kauernde Haltung einnahmen. Er packte sein Schwert fester und schickte ein Stoßgebet an alle vorhandenen und nicht vorhandenen Götter, ehe Exoton knurrend stehen blieb. Mit überraschender Schnelligkeit packte er die Lanze des nächsten Soldaten mit seinem scharfen Gebiss und riss sie ihm aus der Hand, dann drehte er den Kopf mit den wissenden Augen in Kais Richtung. Der verstand sofort, packte den groben Holzstab, den der Wolf im Maul hatte und drehte ihn. Die Soldaten drängten nach vor. Exoton wich langsam zurück. Einer der Männer des Königs rannte von hinten auf Kai zu. Er wartete, bis er nahe genug war und stieß ihm die Lanze vor die Brust. Sie hinterließ eine Delle in seiner Rüstung, ließ ihn zurücktaumeln und zu Boden sinken. Rasch wandte sich Kai wieder dem Geschehen vor ihm zu. Exoton schlug mit seinen riesigen Pranken nach dem unbewaffneten Soldaten, der schreiend zu Boden krachte, als ihm ein Teil seines Kettenhemdes vom Leib gerissen wurde und die Krallen tiefe Schnittwunden in seinem Fleisch hinterließen. Die anderen Vier wichen nun beständig zur Seite. Kai schwang drohend die Lanze und sein Schwert in beide Richtungen, ehe Exoton mit einem gewaltigen Satz vor die Tür sprang und hinaushechtete. Einer der Speere bohrte sich nur Zentimeter entfernt in die offenen Türflügel.

Die Wächter

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