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5 Flucht

Auf dem großen Hauptplatz war die Hölle losgebrochen. Diebe und Soldaten kämpften brüllend gegeneinander. Einige Magier waren aus deren Schule gekommen und attackierten Kais Diebe mit grünen und blauen Energieblitzen, die sie schreiend zusammenbrechen ließen. Fässer fingen Feuer, als verfehlte Zauber sie trafen. Von überall hörte man Brüllen und Fluchen, dann mischte sich das untrügliche Geräusch von Hufen, die auf den Steinboden schlugen, dazu.

Einige Soldaten auf Pferden galoppierten schreiend auf den Platz. Die Diebe waren zunehmend in eine Ecke gedrängt worden, ein kleiner, unorganisierter Haufen aus Jugendlichen mit lumpiger Kleidung und alten, verrosteten Waffen. Exoton hielt auf die kleine Kavallerie zu, obwohl ihn Kai anbrüllte, den Jungen und Mädchen zu Hilfe zu eilen.

Schließlich sprang er von dem Wolf. Er landete hart auf den Knien und stützte sich mit seiner Schwerthand ab, rappelte sich auf und stand vor einem grinsenden Soldaten. Ohne zu Zögern rammte er ihm den Speer in die Magengegend, den er noch immer in der Hand hielt. Er wandte rasch den Blick ab und lief weiter, in Richtung seiner Diebe.

Einer der Männer kam auf einem gigantischen Schlachtross auf ihn zu. Kai duckte sich und spannte die Muskeln an. Er spürte, wie er zitterte. Noch nie hatte er getötet, er hatte gedacht, nie damit anfangen zu müssen und schon gar nicht hatte er damit gerechnet, sich diesen vielen Soldaten in den Weg stellen zu müssen. Die Sterne waren von dunklen Wolken verschluckt worden, der Mond halb hinter ihnen verborgen. Die Kampfgeräusche und Schreie der Verwundeten und Sterbenden hallten in seinen Ohren. Es roch nach Blut und Metall und Pferden.

Plötzlich sprang Exoton den Reiter an. Der Wolf schlug ihm seine Fänge ins Genick und warf ihn vom Pferd, überschlug sich beinahe und rollte über den Boden, während er den Soldaten biss. Das Pferd wieherte und scheute, stellte sich auf die Hinterbeine und schlug kräftig aus.

Kai warf sich platt auf den Boden. Ein Klappern sagte ihm, dass es wieder auf die Hinterfüße gekommen war. Keuchend schoss er in die Höhe, bevor das Pferd erneut durchgehen konnte. Er packte die ledernen Zügel und schwang sich hinauf. Dann nahm er die Magier ins Visier, die nun bedrohlich auf den Wolf zukamen, in ihren Händen leuchten zuckende, dunkelviolette Blitze.

Als Exoton sah, was der junge Dieb vorhatte, rannte er bellend und zähnefletschend auf das Pferd zu. Das stellte sich schrill wiehernd auf die Hinterfüße, während es wild mit den Vorderhufen ausschlug. Kai klammerte sich mit aller Kraft an den Hals des Tieres. Seine Armmuskeln protestierten, sein Körper war ohnehin schon erschöpft vom Kampf. Das panische Wiehern hallte in seinen Ohren, als das Pferd auf die Hufe kam und losgaloppierte. Vage bekam er mit, wie der Wolf das Pferd in eine der Seitenstraßen scheuchte, weg von den schreienden Jungen und Mädchen und den Magiern und den Soldaten. Ein Lichtblitz schlug neben ihm in den Boden. Krachend wurden Fliesen herumgeschleudert – das Pferd schlug erneut mit den Hinterbeinen aus und beschleunigte sein Tempo.

Häuser und überraschte Soldaten zischten an ihm vorbei. Die Kampfgeräusche wurden leiser. Keuchend schnappte er nach Luft. Er wagte es, den Griff um den muskulösen Hals des Tieres zu lockern und richtete sich auf.

Vor ihm thronte das Innenstadttor. Niemand war davor postiert – alle schienen bei der Bibliothek zu sein. Keuchend nahm er die Zügel wieder in die Hand. Kai fühlte das weiche Leder unter seinen nervösen Fingern. Dann erinnerte er sich daran, wie das Reiten funktionierte und lenkte das Pferd in seinem schnellsten Galopp durch die dunklen Gassen, in denen die schrecklichsten Gefahren lauern konnten. Hin und wieder blieb das Ross stehen und tänzelte unruhig, doch Kai brachte es immer erneut dazu, weiterzulaufen.

Er war beinahe am Stadtrand, als der Ruf einer ihm allzu bekannten Stimme ertönte: „KAI!“

Der Angesprochene riss so stark an den Zügeln, dass das Pferd aufstieg und ihn abwarf. Keuchend griff er nach seinem Waffengürtel, aber das Schwert hatte er im Kampfgetümmel verloren. Er konnte von Glück reden, dass ihn die schweren Hufen nicht zerquetschten, als der Hengst davongaloppierte.

Angsterfüllt drehte er sich im Schlamm auf den Rücken und wollte sich aufsetzen, da drückten ihn zwei riesige Knie zu Boden.

Kai begann zu Zittern. Vor ihm war Brimir.

„Da bist du also! Was tust du mit dem Soldatenpferd?“

Er spürte eine kalte Klinge an seiner Kehle. Kai wagte nicht, sich zu rühren. Er spürte, wie alle Farbe aus seinem Gesicht wich. Die eisgrauen Augen starrten ihn verächtlich an: „Du blutest. Hast du das Pferd geklaut?“

„Geht dich nichts an“ Kais Stimme klang mehr wie ein Piepsen als wie eine Drohung.

Brimir lachte und strich mit der Klinge über seinen Hals. Kai verkrampfte sich schlagartig.

„Vermutlich“, sagte der Mann, „wirst du es mir sowieso erzählen. Aber das interessiert mich im Moment nicht. Der Preis wird verdoppelt. Allerdings hast du mir lange nichts gebracht, hm?“

„Ich bin nicht dein Diener!“, zischte Kai. Seine Stimme zitterte leicht.

„Natürlich nicht. Du tust das freiwillig“ Brimir lächelte: „Allerdings muss ich dich noch bestrafen, will du das Geld nicht herausgerückt hast. Nie. In drei Jahren.“

Kai erwiderte nichts. Er wusste, dass Flehen oder Drohen keinen Sinn machen würde. Er regte sich nicht und starrte Brimir einfach mit einer Mischung aus feurigem Hass und eiskalter Angst entgegen.

Plötzlich riss dieser seinen Dolch von Kais Kehle und drückte ihn an dessen Brust. Stechender Schmerz fuhr Kai durch die Rippen, flammte auf wie magisches Feuer, dass er oft gesehen und bewundert hatte, als sich der Dolch hineinbohrte und Brimir ihn langsam weiterzog – direkt über sein Herz, das ihm laut gegen die Rippen pochte.

Qualvoll schrie er auf. Tränen stiegen ihm in die Augen, Hitze wallte über seine Brust, er spürte warmes Blut hervorsprudeln wie eine frische Wasserquelle …

Wildes Fauchen ertönte.

Eine orangerote Katze landete im Gesicht des Mannes und fuhr mit ihren messerscharfen Krallen darüber. Brimir riss sein Messer mit einem flappenden Geräusch aus Kais Haut und entlockte ihm damit einen weiteren Schmerzensschrei – allerdings merkte er es nicht, denn der Mörder selbst war damit beschäftigt, aufzuspringen und fluchend zurückzutaumeln. Kai wich auf Händen und Füßen zurück. Jede kleine Bewegung bereitete ihm Schmerzen.

Exoton kam in seiner Menschengestalt um die Ecke. Er hielt einen großen Stein in der Hand, rannte auf Brimir zu, der versuchte, die Katze zu erstechen. Mit einem dumpfen Schlag wurde der Verbrecher ins Land der Träume befördert.

Exoton wandte sich Kai zu: „Alles in Ordnung?“

Er kniete sich nieder und untersuchte Kais Wunde. Nach einer Weile runzelte der Gestaltwandler die Stirn und seufzte tief. Dann packte er Kais Oberarm, zog den Dieb hoch und schleifte ihn mit sich. Kai stolperte neben dem Riesen her. Ängstlich starrte er zu Exoton auf, der entschlossener denn je zu sein schien. Heißes Blut strömte über Kais Bauch, das Pochen seines Herzens jagte explodierende Schmerzen durch seinen Körper.

Hätte Exoton mehr gewusst, hätte er sich augenblicklich um Kais Wunde gekümmert.

„Steig auf. Flieh.“

Eines der Schlachtrösser war vor ihm. War es das Gleiche von vorhin? Exoton half ihm dabei, in den Sattel zu klettern – Kais Bewegungen waren mühsam und schwerfällig. Seine Hand glitt zitternd, langsam zu dem blutverschmierten Hemdfetzen und zu der zerfransten und wunden Haut …

Exoton packte seinen Unterarm. Kais Blick fand zu ihm. „Zum Elfenkönig. Elfenkönig, hörst du? Erklär‘ ihm, was passiert ist. FLIEH! SCHNELL!“ „Erledigt die Bestien!“, drangen die hasserfüllten Stimmen der Soldaten zu ihnen vor. Kai gab seinem Pferd die Sporen. Ania lief um die Ecke, in ihrer Hand knisterten weiße Lichtblitze. Sie blickte Kai nach und fragte rasch: „Hast du es ihm gesagt?“ „Ja. Und du willst ihn wirklich so weiterreiten lassen?“ Exoton machte sich bereit für den Kampf. Soldaten kamen schwertschwingend auf die beiden zugelaufen. „Er ist verletzt und alleine. Woher willst du wissen, was er tun wird? Ihn als Informanten einzusetzen ist zwar eine gute Idee, aber ich weiß nicht, ob das funktioniert.“ „Wenn jemand mitgeht, wirkt das auffälliger. Er ist außerdem mit Leib und Seele ein Dieb“, erklärte Ania und sammelte ihre Kräfte und fügte seufzend hinzu: „Und er ist kompliziert.“ „Du bist verrückt“, knurrte Exoton. „Wenigstens stirbt unser Geheimnis mit ihm, falls er Dummheiten anstellen sollte.“ „Ich vertraue ihm. Vielleicht solltest du das auch versuchen“ Ein wenig bleich wandte sie sich zu den herannahenden Soldaten, deren Kettenhemden laut knirschten. Hatte sie richtig gehandelt? Würde ihr Plan aufgehen? Dann schüttelte sie den Kopf. Sie hatte es geträumt. Und es gab Dinge zwischen Himmel und Erde, die man nicht hinterfragen sollte. Hoffte sie.

Häuser zogen an ihm vorbei. Ein Pfeil schlug links von ihm in den Boden, aber der Flüchtende kümmerte sich nicht darum. Das Einzige, was er vor seinen Augen sah, waren die immer kleiner werdenden Häuser aus Holz und Stein, die letzten Ausläufer der Elendsviertel, die letzten Katzen und streunenden Hunde, die fauchend und bellend aus dem Weg huschten. Die letzten Schutthaufen, die letzten überquellenden Fässer, die letzten dunklen Gestalten, die ihm stumm hinterher starrten, dem großen Dieb, der seine Leute im Stich gelassen hatte und nun einsam und blutend floh.

Noch immer quoll heißes, frisches Blut über seinen Oberkörper, aber es wurde weniger. Mit neuem Mut fasste Kai die Zügel fester. Die Nachtluft zischte kühl an ihm vorbei. Der Mond wurde von den hellgrauen Wolken verschluckt, vor ihm türmten sich die dunkelgrünen Hügel wie ein endloses Meer auf.

Endlich ließ er die letzten Häuser hinter sich. Die Dunkelheit umschloss ihn nun vollständig und er blickte noch einmal zurück. Einzelne Lichtpunkte glühten in der langen, dunklen Ebene, versammelten sich zu einem schimmernden Haufen, aus dem sich die prächtige Hauptstadt bildete. Der große Fluss – Jamky – schlängelte sich an der Stadt vorbei und teilte sich in viele kleinere Nebenflüsse auf. Die Häuser wirkten wie stumme, aufgerissene Mäuler, die alles Gute verschlingen wollten.

Jamka lag still und dunkel da, thronte in der Hügelebene und starrte dem Fliehenden stumm hinterher.

Schaudernd wandte er sich wieder nach vorne. Fast hatte er einen der kleinen Wälder erreicht. Die Bäume ragten hoch über ihm auf, wie mahnende Wächter. Äste standen pechschwarz vom Nachthimmel ab und die Blätter rauschten leise im aufkommenden Wind.

Er drosselte das Tempo seines Rosses und trabte zwischen die dicht stehenden Bäume. Augenblicklich fand er sich in einer anderen Welt wider. Sträucher, Bäume, Farne und Gebüsche verbargen Felsen, Pfade, Tiere und versteckte Gegenstände, die die Bewohner immer wieder hierher brachten und vergruben. Wurzeln krochen über den Boden, dicke Stämme schoben sich immer wieder in seinen Weg. Moos kroch an ihnen hinauf wie eine unersättliche Schlingpflanze. Versenkungen und Biegungen, hinter denen Felsen lauerten, stellten beinahe tödliche Gefahr für Reiter und Pferd dar. Irgendwann hörte er das vertraute Plätschern von Wasser. Rasch lenkte er das Ross zwischen einigen Farnen hindurch und erblickte das Ufer des Flusses. Das dunkelblaue Wasser umfloss einige im Wasser stehende Felsen, es schimmerte sanft im darauf fallenden Mondlicht. Erleichtert glitt er aus dem Sattel. Schwarze Schatten krochen bereits über seine Augen, er stolperte zum Ufer und fiel auf die Knie.

Kai riss sich das Hemd vom Körper und zerteilte es mit seinem Messer. Er wagte es nicht, näher auf die dunkelrote Flüssigkeit zu starren, die sich über seiner Hose und über seinem Bauch verteilt hatte. Stattdessen tauchte er einen der Hemdsstreifen ins Wasser und säuberte damit vorsichtig seinen Oberkörper. Er tupfte die Wunde ab und biss die Zähne fest zusammen. Schließlich wickelte er sich die restlichen Hemdsstreifen als eine Art Verband um den schmerzenden Brustkorb.

Als er damit fertig war, ließ er keuchend die muskulösen Schultern sinken und beugte sich weiter vor. Er wusch sich Gesicht und Arme, dann trank er gierig. Als er wieder einigermaßen klar denken konnte, sah er, dass das Pferd ebenfalls beim Fluss trank. Es war nicht weggelaufen. Bewundernd starrte er das kräftige Tier an. Es war ein typisches Schlachtross des Königs, groß, kräftig und rabenschwarz, selbst die Augen. Und es musste perfekt ausgebildet sein.

Langsam trat er auf das edle Tier zu. Es beachtete ihn nicht weiter, sondern trank gierig. Schließlich richtete es sich schnaubend auf. Wasser tropfte von den weichen Nüstern, die es mit der Zunge auffing. Vorsichtig hob Kai die Hände und trat einen Schritt weiter.

Das Pferd schnupperte kurz im Wind, machte einen ebenso vorsichtigen Schritt nach vorne und schnüffelte an seiner linken Handfläche. Schließlich rieb es die Schnauze daran und Kai nahm zögernd die Zügel. Er führte das Pferd vom Flussufer weg – wer wusste, was für Diebesbanden sich dort herumtrieben – und er führte es durch den stillen Wald, während er sich aufmerksam umsah. Schließlich fand er eine kleine Senke, die vollständig von Farnen und Gebüschen bedeckt wurde.

Er band das treue Pferd an einem Baumstamm fest und kletterte müde zwischen die dichten Büsche. Sie kratzten ihm den nackten Oberkörper auf, aber Kai war es gewohnt, bei Kälte auf unebenen Flächen zu schlafen. Mit pochendem Kopf schloss er die Augen und glitt rasch in eine andere Welt.

Am nächsten Tag wachte er in aller Frühe auf. Es hatte noch nicht einmal gedämmert. Mit frischer Energie schwang er sich auf die Beine und band das Pferd los. Er kletterte in den Sattel und trabte dann einen schmalen Pfad entlang, der von schlanken Bäumen gesäumt wurde.

Währenddessen machte er sich Gedanken über die Nahrung, die er zu sich nehmen würde. Beeren würden sich hier genug finden lassen, aber wer wusste, ob sie nicht giftig waren? Kai war sich nicht sicher, ob er anderes als Walderdbeeren erkennen würde. Kräuter gab es vermutlich auch im Überfluss, aber woher sollte ein Dieb aus der Stadt über diese Dinge Bescheid wissen? Das Einzige, was ihm blieb, war das Jagen. Er würde wohl oder übel versuchen müssen, mit seinem Dolch wilde Tiere zu töten. Oder er könnte Vogeleier rauben …

Das Schlachtross wurde langsamer und tänzelte unruhig auf der Stelle. Kai nahm die Zügel fester und starrte misstrauisch nach vor. Nach einer Weile drang der Geruch von Rauch in seine Nase. Lautlos glitt er vom Rücken des Tieres und schlich an einigen großen Felsen vorbei. Überrascht hielt er inne, als er zwischen den Felsen eine Feuerstelle sah, deren Kohlen noch rotschwarz glühten.

Daneben lag ein Soldat. Sein Helm, das harte Lederwams, der Waffengürtel, die Schulterpanzer, die Handschuhe und die Stiefel lagen neben ihm, ebenso wie ein Beutel mit – Kai lief das Wasser im Mund zusammen – Nahrung. Der Soldat trug das schwarze Stoffhemd noch, schmutzig klebte es an seinem Körper. In dem Moment wurde Kai klar, wie sehr er fror.

Unsicher blickte er auf den schlafenden Mann hinab. Dann schüttelte er leise den Kopf. Immerhin war er gestern zum Mörder geworden, von Mensch sowie Dämonentier. Er hob einen Stein vom Boden auf, sprang auf den Schlafenden zu und schlug ihm kräftig auf den Kopf. Eine Blutspur zog sich über die Stirn des Soldaten, Kai hatte, was er wollte.

Eine Weile später ging Kai in Soldatenausrüstung und mit einem Proviantbeutel zu dem Pferd zurück, das wieder auf ihn gewartet hatte. Lächelnd füllte er die Satteltaschen mit den Essensvorräten und stopfte sich gleich ein Stück Brot in den Mund: „Bisd ein treuesch Tier.“

Er klopfte dem Pferd auf den Hals, schluckte das Essen hinunter und fuhr fort: „Ich sollte dir wohl einen Namen geben, der zu dir passt … wie wäre es mit Donnerhuf?“

Der Hengst schnaubte.

Kai streichelte seine weiche Schnauze, dann schwang er sich in den Sattel. „Hüa!“

Er galoppierte weiter und zwang sich, nachzudenken. Er hatte Nahrung, ein Pferd, Waffen und einen Schutzpanzer. Jetzt brauchte er ein Ziel.

Er dachte an Exotons Worte. Zum Elfenkönig … Kai schnaubte. Zum Elfenkönig, zu dem er nur gelangen konnte, wenn er über Phyan reiste, wo sich alle die Köpfe einschlugen? Oder über den riesigen Gebirgszug, der Cinta vom Elfenreich trennte und wo tausende Soldatenlager standen?! Und überhaupt, was machte Kai bei den Elfen? Er würde dort versklavt werden, weil er sich die Dreinstigkeit erlaubte, dem Elfenkönig gegenüberzutreten, weil es ihm irgendjemand gesagt hatte. Der Junge lachte leise. Wie stellte sich Exoton das Ganze vor? Kais Entscheidung war in dem Moment gefallen, in dem er sich Raus gedacht hatte. Er hatte aus der Bibliothek wollen, aus der Stadt, aus der gesamten Hügelebene. Er hatte dorthin wollen, wo er hergekommen war. Zu den Sandstränden, den kreischenden Möwen, dem salzigen Meergeruch und den rauschenden Wellen. Nachher, wenn er sich erholt hatte, konnte er immer noch zum Elfenkönig und ihm erzählen, was passiert war. Denn irgendwo ahnte er, dass diese ganze Phyan-Geschichte weitaus wichtiger war, als er es sich eingestehen mochte. Entschlossen packte er die Zügel fester. Donnerhuf preschte aus dem Wald und galoppierte in den Schatten der großen Bäume. Vor ihnen erstreckte sich die weite Landschaft, die rund um Jamka lag. Äcker in verschiedensten Gelbtönen waren zu sehen, Gemüsefelder und –beete. Bauernhöfe mit roten Ziegeldächern sahen wie farbenfrohe Tupfer auf einem bunten Gemälde aus. Ein Ausläufer des Jamky-Flusses schlängelte sich vor ihnen in den ruhigen Wald. Und ganz weit im Norden waren dunkelblaue und dunkelgrüne Berge mit zackigen Spitzen, die beinahe mit dem strahlenden Himmel verschmolzen. Sehnsucht wallte in Kai auf.

Die Wächter

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