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Kapitel 2 Das Ende einer Ära – Abschied von van Barneveld und Taylor
ОглавлениеDer Sport lebt von großen Rivalitäten, ob im Mannschaftssport oder im Individualsport. Vielleicht sind die Duelle eins gegen eins noch ein bisschen besonderer: Muhammad Ali gegen Joe Frazier, Tyson gegen Holyfield, McEnroe gegen Borg, Federer gegen Nadal. Und Taylor gegen van Barneveld. Über viele Jahre hinweg war Darts vor allem das Duell „The Power“ vs. „Barney“. Van Barneveld selbst sprach bei diesem Aufeinandertreffen immer vom „El Classico“. Und die Rivalität entstand nicht erst 2006, als van Barneveld zur PDC wechselte.
Bis 2006 spielten Taylor und van Barneveld nur wenige Male im Jahr gegeneinander, doch bei ihren Matches stand immer wieder die Frage im Raum, wer denn nun der beste Spieler der Welt sei (und welcher Verband die wahre Nummer eins habe, die BDO oder die PDC). Ich denke, die Antwort kennen wir alle, sie lautet natürlich: Philip Douglas Taylor.
Wahrscheinlich war diese Rivalität auch deshalb so faszinierend, weil dabei zwei Legenden des Sports aufeinandertrafen, die unterschiedlicher kaum sein konnten. Taylor war der Arbeiter, der Perfektionist, der mit viel Fleiß sein Spiel auf ein bis dahin nicht gekanntes Niveau brachte und die Darts-Welt mit seiner Konstanz gnadenlos dominierte. Raymond van Barneveld auf der anderen Seite verkörperte eher den Typus des genialen Künstlers – das große Talent mit smoothem Wurf, das die Darts nicht warf, sondern eher jazzte.
Gerade im jeweils letzten Jahr ihrer Karrieren – bei Taylor war es 2017, bei van Barneveld 2019 – war dieser Mentalitätsunterschied gut zu erkennen: „Barneys“ Selbstvertrauen war schwer angeschlagen, die Konstanz fehlte. Taylor zog sein Ding einfach bis zum Schluss eisern durch, bis in das allerletzte Match seiner Karriere, das WM-Finale 2018.
Die Idee, dieses Buch zu schreiben, hat, wie gesagt, nichts mit Corona zu tun. Sie entstand nach der letzten Weltmeisterschaft, nach dem Abgang des fünfmaligen Weltmeisters Raymond van Barneveld. Damit ging endgültig eine Ära zu Ende, die natürlich besonders von DER Legende, dem 16-maligen Weltmeister Phil Taylor geprägt war, aber auch maßgeblich von van Barneveld. Phil Taylor hatte nach dem WM-Finale 2018 adieu gesagt. „Barney“ hoffte, bei der Weltmeisterschaft 2020 einen ähnlich spektakulären Abgang hinlegen zu können, verlor aber sein WM-Auftaktmatch gegen den krassen Außenseiter Darin Young aus Pennsylvania am 14. Dezember 2019. Wer die Bilder des völlig enttäuschten van Barneveld live erlebt hat, wird sie sein Leben lang nicht vergessen. Vor allem nicht das Interview wenige Minuten nach dem WM-Aus, als er sagte: „Ich werde mir diese Niederlage niemals verzeihen. Never ever.“
Es war ein unwürdiger Abgang, der traurig stimmte, weil man selber in diesem Abschiedsmoment ja auch die großen „Barney“-Momente vor Augen hatte. Oder anders: Nur weil van Barneveld einer der erfolgreichsten Spieler der Darts-Geschichte war und ist, wurde diese Niederlage zu einem solchen Drama. Vor allem für ihn selbst. Für ihn gab es in diesem Moment offenbar nur die Niederlage. Er war nicht imstande, das große Ganze zu sehen, seine fünf WM-Siege, seine insgesamt 82 Turniererfolge. Keines dieser Highlights konnte er in diesem Augenblick abrufen, sich vor Augen führen. Sie waren für einige Minuten aus seinen Erinnerungen gelöscht, was unterstreicht, wie überrascht er selber von seinem WM-Aus war.