Читать книгу Perfect Game - Elmar Paulke - Страница 17

Tagebuch

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19. April

Bin übermorgen zum Telefon-Interview mit Russ Bray verabredet, mit Keith Deller werde ich am Tag danach quatschen. Die Spieler, da halte ich den vorgeschriebenen Weg ein, frage ich über die PDC an. Na gut, mit Gaga Clemens mache ich das auf direktem Weg. Und mit Peter Wright wohl auch, das läuft immer über den „Boss“, wie Peter sagt, seine Frau Joanne. Angefragt sind zunächst mal Gerwyn Price, Nathan Aspinall, Fallon Sherrock, Lisa Ashton.

20. April

Heute haben „Shorty“ und ich die allererste Folge unseres neuen Podcasts Game On! aufgenommen. Hat echt Bock gemacht, die 45 Minuten sind wie im Flug vergangen. Wir nehmen es uns heraus, nicht nur über Darts zu reden, aber natürlich liegt dort unser Schwerpunkt. Haben die Community abgefeiert, weil sie für den Dartsport so wichtig ist. Wenn du im April 2020 mit einem Podcast um die Ecke kommst, bist du bestimmt kein Trendsetter. Müssen wir aber auch nicht sein. Wir werden das Projekt entspannt angehen, schauen mal, ob und wie viel Spaß uns dieser Podcast bereitet. Heute spielte uns gleich mal die Technik einen Streich, wir durften Folge eins zweimal aufnehmen. Bitte nicht weitersagen.

28. April

Russ Bray ist einfach ein guter Typ, immer ein Lachen im Gesicht. Wir haben heute einen Video-Call gemacht. Ich war noch nie bei ihm zu Hause, deshalb hat er mich erst mal auf einen kleinen Rundgang durchs Haus und in seinen Garten mitgenommen. Platz genug haben er und seine Frau, die Kinder sind längst aus dem Haus. Russ wohnt eineinhalb Autostunden von London entfernt, irgendwo ziemlich ab vom Schuss. Der Garten ist riesengroß, aber ich glaube, ihm ist es gerade etwas zu ruhig. „So viele Wochen am Stück war ich seit meinem 16. Lebensjahr nicht mehr zu Hause. Das bin ich überhaupt nicht gewohnt!“, sagt er. Russ war ja Gerüstbauer, bevor er Mitte der 1990er-Jahre als professioneller Caller anfing.

Russ hat einen engen Draht zu den Spielern. Er hat die letzten Tage mit einigen gesprochen, die sich Sorgen machen, wie es weitergeht, wie lange die Pause ist. „Das ist für manche keine einfache Situation. Sie fangen an zu überlegen, ob sie in ihren alten Job zurückzugehen sollen.“ Russ selbst macht sich finanziell keinen Kopf. Er hat neben der PDC noch Einnahmen durch Sponsoren und auch durch die Russ Bray App. Und wie gesagt: Das Häuschen sieht geräumig aus. Den Brays geht es gut.

29. April

Sich mit Keith Deller über die 1980er-Jahre zu unterhalten, ist ein einziger Spaß. Er hört überhaupt nicht auf, Anekdoten und Geschichten von damals zu erzählen. Corona bremst jetzt auch ihn aus. Deller war ja nicht nur 1983 Weltmeister, sondern hat sich später als Manager um Adrian Lewis gekümmert. Er ist ein umtriebiger Typ, viel auf Achse. Es gibt kein großes TV-Turnier, das von Sky Sport England übertragen wird, bei dem er nicht als sogenannter Spotter im Einsatz ist. Er sagt also dem TV-Regisseur an, auf welche Felder die Spieler werfen werden. Er kennt die individuellen Wege der Spieler. Ist halt auch seit über 30 Jahren dabei. „Ich bin auch gerade viel zu Hause. Keine Turniere, keine Exhibitions bedeuten, dass ich gerade nichts zu tun habe.“

1. Mai

Gestern Abend um 23.20 Uhr ist das Finale der Lonely Darts Club Show zu Ende gegangen. Gewonnen hat das Team Gabriel Clemens. Im Entscheidungsspiel hatten der Profi und ein Fan aus dem Team jeweils die Aufgabe, so viele Bullseyes wie möglich zu treffen. Fünf Aufnahmen in Folge, 15 Darts also pro Spieler. Michael Smith trifft nicht ein einziges Mal den roten Knopf. Unglaublich. Er schreibt mir später noch einige WhatsApp-Nachrichten, weil er nicht glauben kann, dass die meisten Darts im Single Bull steckten. Er meint, er werde seinen Spitznamen „Bully Boy“ in „25 Boy“ ändern. Für die Entscheidung sorgte übrigens ein Fan, Martyna mit „Y“. Sie benötigte mit ihrer letzten Aufnahme noch mindestens einen Treffer, um zu gewinnen. Der zweite Dart steckte im Single Bull, was bei den Fans als Treffer gewertet wurde. Und später sagte sie, ich würde immer betonen, dass es um nichts ginge, keine Preise für den Sieger. Dabei habe sie ganz viel gewonnen: jeden Donnerstag und Sonntag diese Ablenkung, sie habe neue Kontakte geknüpft und natürlich schätzt sie auch das Erlebnis, mit einem Profi gemeinsam im Team zu spielen.

Für mich persönlich war die EPLDCS offen gesagt auch ein bisschen Eigentherapie. Ich wollte aktiv sein, wollte nicht zu Hause sitzen und auf bessere Zeiten warten. Die Klickzahlen haben leider nicht so funktioniert, wie ich mir das erhofft hatte. Gestern Abend waren gut 1000 Fans live dabei, im Schnitt wurden die Videos von rund 3000 Zuschauern angesehen. Im Vorfeld dachte ich, dass gerade die Profis ihre Fans mit rüberziehen würden. Das passierte jedoch nicht. Wahrscheinlich, weil dem englischen Darts-Fan diese deutschen Gespräche zu langweilig waren.

2. Mai

Habe heute lange mit Rod Harrington telefoniert, per Video-Call. Rod räumte gerade sein Auto aus, als ich ihn erwischte, und dann ging er ins Büro und zeigte mir die alten Fotos, die dort an der Wand hängen. Bilder mit Taylor und „Barney“.

Rod Harrington ist nicht nur eine ehemalige Nummer eins der PDC, sondern auch seit den 1990er-Jahren im Board of Directors der PDC vertreten. Natürlich gibt es in der aktuellen Lockdown-Situation regelmäßig Meetings, in denen die PDC für die nächsten Wochen und Monate plant. „Egal, wie lange die Pause sein wird“, sagt Harrington, „gleichgültig, ob Sponsoren dem Sport die Treue halten oder nicht, es wird die Preisgelder nicht berühren. Die PDC hat genug Rücklagen, um die Preisgelder aufrechtzuerhalten.“ Das habe ich so auch noch von niemandem gehört. Es bedeutet, dass die PDC den Profis ihre Einnahmen garantieren kann. Was es jetzt also braucht, sind Turniere. Und sollten in Kürze, wenn auch ohne Zuschauer, erste Turniere ausgetragen werden, würde die PDC es schaffen, 95 Prozent der geplanten Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Sagt Harrington. Die PDC versucht natürlich, Ruhe auszustrahlen, die Profis sollen nicht panisch werden. Bezüglich der Tour Card hat man wohl die Regelung getroffen, dass wenn 75 Prozent der Turniere gespielt werden, die Tour Card auch für die nächste Saison für die Top 64 gilt. „Jede Zeit“, davon ist Harrington überzeugt, „hat seine Profiteure. Auch diese Corona-Krise. Ich glaube und hoffe, dass Darts gestärkt aus diesen Zeiten heraustreten wird.“ Harrington hat dabei folgenden Hintergedanken: Sollten große Firmen nicht mehr bereit sein, hohe Millionenbeträge in den Fußball oder andere internationale Sportarten wie Tennis oder Golf zu investieren, entscheiden sie sich vielleicht für andere Sportarten, bei denen sie für einen Bruchteil der Beträge eine wichtige Rolle spielen könnten. Der Optimismus, den Harrington versprüht, tut richtig gut. Er gehört wegen seiner Asthmaprobleme übrigens zur Risikogruppe. Doch er winkt ab und sagt: „Es ist mir egal. Ich schränke mich deshalb nicht noch mehr ein. Es kommt, wie es kommt.“

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