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Raymond van Barneveld: der Emotionale

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Wenn Raymond van Barneveld heute auf dieses letzte Match seiner Karriere schaut, schüttelt er den Kopf und kann es immer noch nicht fassen: „Ich hatte so gehofft, einen guten, einen würdigen Abschied zu finden. Vielleicht noch mal ein WM-Finale zu spielen, so wie Phil damals. Man hätte mich nicht gleich nach der Niederlage gegen Daren Young interviewen sollen. Das war nicht fair, ich war überfordert in diesem Moment“, erkennt er mit Abstand.

Auch am Ende seiner 32-jährigen Karriere ist Ray kein guter Verlierer. Das war er noch nie. Eine Tatsache, die ihn natürlich auch zu dem gemacht hat, was er ist: ein Champion. Sein gesamtes Jahr 2019 war durchwachsen, sportlich und privat. Er verlor viel zu häufig in der ersten oder zweiten Runde eines Turniers. „Das habe ich nicht ertragen“, gibt der fünfmalige Weltmeister zu, „das war nicht ich. Ich war immer einer aus den Top Fünf, einer, der um den Turniersieg mitspielte.“ Van Barneveld fühlte sich bis zum Ende wie ein Sieger, obwohl sein letzter großer Turniersieg aus dem Jahr 2014 stammt: der Erfolg bei der Premier League Darts. „Hätte mir jemand nach dem WM-Sieg 2007, nach dem Finale gegen Phil Taylor gesagt, das war dein letzter Erfolg bei einer Weltmeisterschaft, ich hätte ihn ausgelacht. Ich war mir damals sicher, ich würde noch vier oder fünf WM-Kronen gewinnen.“ Doch dazu kommt es nicht. Und 2019, in seinem Abschiedsjahr, warteten plötzlich auch private Herausforderungen auf den vierfachen Vater und zweifachen Großvater: angefangen mit der Scheidung von seiner Frau Sylvia über private Probleme mit seinem Sohn bis hin zu gesundheitlichen Schwierigkeiten aufgrund einer Diabetes-Erkrankung. „Meine Hände waren teilweise kalt, ich konnte im Match kein Gefühl, keinen Touch entwickeln. Ich hatte mit meinen Augen Probleme, versuchte mit Brille zu spielen, dann wieder ohne.“ So kam der große van Barneveld nicht mehr in seinen Flow. Und im Nachhinein bereut er es, seinen Abschied schon ein Jahr zuvor angekündigt zu haben, im November 2018. Es wurde zum Dauerthema. Überall wo er hinkam, trat er ein letztes Mal an. Eine einjährige Abschiedstour, die er rückblickend so nicht mehr machen würde.

Erst jetzt, da er kein Spieler auf der Profitour mehr ist, spürt van Barneveld, wie hoch die Belastung damals war. Der permanente Erfolgsdruck, die Angst, wieder frühzeitig zu verlieren. „Mein Körper ist in den ersten Wochen 2020 richtig runtergefahren“, sagt der 53-Jährige. „Ich bin wieder zu meiner Ruhe gekommen und bin bereit für all das, was da in Zukunft kommt.“ Eines ist klar: Raymond van Barneveld liebt Darts weiterhin über alles. Auch heute ist es sein Leben. Er hatte lediglich den Turnierstress satt, so wie es auch Phil Taylor nach seinem Karriereende beschrieben hat. Und tatsächlich: Am 23. September 2020 gab er mit den Worten „Ich bin noch nicht fertig“ sein Comeback bekannt. „Barney“ wird im Januar 2021 die Qualifying School spielen und versuchen, sich die Tour Card zu sichern. Hoffentlich hat er sich das gut überlegt.

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