Читать книгу Perfect Game - Elmar Paulke - Страница 15

Und genau das war auch das Problem beim WM-Abschiedsmatch gegen Darin Young 2019. Wer so viele Partien Darts gespielt hat wie ein fünfmaliger Weltmeister, ahnt irgendwann natürlich auch, worauf das Match hinauslaufen wird. Van Barneveld hatte nicht mehr die innere Kraft, sich gegen diese Niederlage zu stemmen, den miesen inneren Schweinehund zu besiegen, der dir nach jeder schlechten Aufnahme sagt: Das war’s. Wir alle kennen die Mimik von „Barney“, wenn es nicht läuft, wenn er die Augen verdreht, den Kopf schüttelt. An diesem 14. Dezember, es war das vorletzte Match des Abends, spürten irgendwann natürlich auch die Fans im Ally Pally, was die Stunde geschlagen hatte. Die „Barney Army“ bäumte sich noch mal auf, als es in das Entscheidungs-Leg des vierten Satzes beim Stand von 1:2 ging. Jetzt war klar, dass dieses Leg das letzte in der Profikarriere des damals 52-Jährigen sein konnte. „Barney“ startet mit einer 100, Darin Young mit 94 Punkten. Jeder Triple-Treffer ist wichtig in so einem Leg. Young macht aus fünf Punkten 125. „Barney“ hat 241 Punkte Rest und wirft die letzte 180 seiner Karriere. 61 Punkte stehen noch zu Buche. „Big Daddy“ Darin Young steht bei 178 Punkten und reagiert: Eine 45 lässt ihm noch satte 133 Punkte stehen. „Barney“ trifft das runde grüne Feld, Single Bull, lässt sich 36 Punkte Rest. Die Doppel-18 ist eines seiner Lieblings-Doppelfelder, zwei Chancen zum Ausgleich in den Sätzen. Doch beide Darts sind ein, vielleicht zwei Millimeter daneben, der letzte Dart noch knapper als der zuvor. „Barney“ senkt den Kopf, geht mit drei schweren Schritten die 2,37 Meter zum Board. Young trifft kein Triple: 20, 20, 19 lässt 74 Punkte Rest. Drei weitere Versuche also für van Barneveld, um im Match zu bleiben, sich diesen vierten Satz zu holen. Diesmal trifft er die große 18. Und anschließend die große 9. Macht neuen Punkte Rest – keine Chance zu checken. Die Fans im Ally Pally buhen. Young nimmt sich Zeit. Russ Bray bittet noch einmal um Ruhe: „Ladies and gentlemen, best of order, please. Thank you.“ 74 Punkte Rest. Young spielt es über die 18, 56 Rest. 16 für Tops. Und dieser erste Match-Dart landet tatsächlich im acht Millimeter schmalen Doppelfeld des 20er-Segments. Damit ist die großartige Karriere des Raymond van Barneveld beendet. Er winkt, er lächelt ein wenig und geht von der Bühne. Kein Blick mehr in den VIP-Bereich, wo sein Manager, seine Lebensgefährtin sitzen. „Direkt nach Niederlagen bist du ganz allein“, hat van Barneveld einmal gesagt. „Diesen Moment musst du mit dir selbst ausmachen.“ Es war die 28. Weltmeisterschaft für den niederländischen Nationalhelden. Nur dreimal hatte es ihn schon zum Auftakt, in der ersten Runde, erwischt: 1991 bei seinem Debüt gegen den Australier Keith Sullivan, 2000, als er zum zweiten Mal als BDO-Titelverteidiger antrat und mit 1:3 Sätzen gegen Chris Mason in Runde eins ausschied, sowie zum Abschluss, bei der WM 2020.