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Rückgang der Lehrlingszahlen, gefolgt von Lehrstellenmangel
ОглавлениеGrafik 1 (siehe hier) zeigt es: Erstmals in diesem Jahrhundert gehen die Lehrlingszahlen zwischen 1985 und 1995 längere Zeit und in grösserem Ausmass zurück, um rund 40 000 Berufslernende. Tabelle 1 gibt Hinweise auf die Gründe: Es gibt 60 000 Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren weniger und 10 000 Schülerinnen und Schüler mehr an allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe II. Der Rückgang der Lehrlingszahlen hat also einerseits demographische Gründe, anderseits ist er eine Folge der Bevorzugung der Mittelschulen. Letzteres beunruhigt die Vertretungen der Berufsbildung.
Abbildung 13 Die Linke versucht zweimal mit Volksinitiativen, das Berufsbildungssystem zu ändern, hier das diesbezügliche Plakat zur Abstimmung 1982
Tabelle 1 Gründe für den Rückgang der Lehrlingszahlen 1985–1995
Lehrlinge | Wohnbevölkerung, 15–18 Jahre | Schüler/-innen in allgemeinbildenden Schulen | |
1985 | 189 675 | 381 117 | 76 754 |
1995 | 148 680 | 319 533 | 88 499 |
Differenz | −40 995 | −61 584 | 11 745 |
in % | −22 % | −16 % | 15 % |
Quellen: BfS, BIGA, eigene Berechnungen
Aber nicht dieser Rückgang löst Mitte der 1990er-Jahre die grosse Unruhe aus, sondern der Mangel an Lehrstellen, der sich in dieser Zeit aufbaut. Obwohl die Zahl der Lernenden zurückgegangen ist, fehlt es bereits 1996 an Lehrstellen. Das hat einerseits demographische Ursachen: Innert drei Jahren (1995 bis 1998) steigt die Zahl der Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren um 9500 Jugendliche an. Nun haben die Betriebe ihre Ausbildungstätigkeit jedoch in den Vorjahren zurückgefahren, siehe Tabelle 2. Zudem ist der Sektor Produktion geschrumpft, der mehr Lehrstellen anbietet als Dienstleistungsbetriebe.
Tabelle 2 Indikatoren zur Ausbildungsaktivität der Betriebe, 1985 und 1995
Quellen: BfS, Betriebszahlung (Dumont 1998) zit. in Galley Meyer 1998
Im Frühjahr 1996 weist die Zürcher Berufsberatung darauf hin, dass nach ihren Schätzungen die Zahl der Zürcher Lehrstellen die Nachfrage seitens der Jugendlichen nicht deckt. Diese Meldung löst in den Medien ein grosses Echo aus, obwohl die Behörden zu beschwichtigen versuchen. [1996a] Dies gelingt ihnen nicht, denn ihnen fehlen konkrete Zahlen zum Lehrstellenmarkt. Über Monate hinweg wird die Situation am Lehrstellenmarkt zu einem zentralen Thema in den Medien.
Der Lehrstellenmarkt ist auch Thema von Kapitel 11
Die Politik reagiert. «In den Jahren 1996/97 wurden schätzungsweise drei Dutzend Vorstösse aus allen politischen Lagern und aus den Kommissionen eingereicht, die alle auf irgendeine Weise den Handlungsbedarf des EVD respektive des BIGA akzentuierten.» (Strahm 2008, 317)