Читать книгу Ein Coach für alle Fälle - Erna Hüls - Страница 11

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5 AUSREDEN
Was wird auf Ihrem Grabstein stehen?

Stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor: Ein Mann geht zum Arzt und klagt, er fühle sich schlecht, er habe ein Wehwehchen nach dem anderen, er sei unglücklich und unzufrieden. Wenn er mehr Erfolg in seinem Leben hätte, wäre alles anders. Aber er habe keinen Erfolg, denn er habe kein Abitur, nicht die passende Ausbildung, nicht genug Geld, seine Frau stehe nicht hinter ihm, er sei ja auch ohne Vater aufgewachsen, seine Kollegen akzeptieren ihn nicht, sein Chef sei inkompetent, er sei zu alt, er habe auch schon eine Darmoperation hinter sich … usw. usf. Der Arzt war ein kluger Mann. Er hörte aufmerksam zu und entgegnete seinem Patienten in aller Gelassenheit: „Ihre Krankheit kann ich nicht heilen, das können nur Sie selbst. Sie leiden nämlich an akuter Ausrederitis!“

Welches Buch auf der Welt hat die meisten Seiten? Nein, es ist nicht die Bibel, sondern das große Buch der Ausreden. Diese sind meistens der Grund dafür, immer nur so weiterzumachen wie bisher und Nichts ändern zu müssen. Aus Angst vor Veränderungen erfinden viele Menschen lieber Ausreden und halten an ihren Symptomen und Problemen fest. Dabei sind sie nicht selten sehr erfinderisch. Je begabter sie sind, desto besser ihre Ausreden. Es fehlt ihnen der Mut und sie haben keine Ziele, für die es sich lohnt, ein Risiko einzugehen.

Statt uns aber aus einer Situation herauszureden, müssen wir die Verantwortung für alles übernehmen, was wir tun – und auch für alles, was wir nicht tun. In dem Begriff „Verantwortung“ ist nicht umsonst das Wort „Antwort“ enthalten. Erfolgreiche Menschen geben selbst die Antworten auf die Herausforderungen ihres Lebens. Wer das macht, braucht keine Ausreden mehr. Wenn Sie sich einmal umschauen, werden Sie Menschen entdecken, die beispielsweise auch in der Wirtschaftskrise gutes Geld verdienen, die ungeachtet vieler Beziehungsenttäuschungen einen passenden Partner finden, trotz gesundheitlicher Einschränkungen ihr Leben meistern, auch ohne Ausbildung etwas leisten oder ihre kaputte Ehe aus den Trümmern heben, um sie wieder neu aufzubauen.

Ich habe festgestellt, dass Ausreden oft zu den schönen, aber selten zu den wahren Gründen unseres Handelns oder Nicht-Handelns gehören. Angenommen, Ihr Kollege kommt zu spät zu einer Besprechung. Der schöne Grund, den Sie wahrscheinlich hören werden, lautet: „Ich habe im Stau gestanden.“ Der wahre Grund ist aber, dass er zu spät losgefahren ist. Aber – wer sagt das schon ehrlich? Vor allem, wenn der Betroffene zu den Menschen gehört, die immer pünktlich zehn Minuten zu spät kommen. Gehen Sie davon aus, dass diese Person auch sonst ihr Leben nicht auf den Punkt bringt. Vielleicht will derjenige auch nur der „Star“ sein, denn wer zuletzt einen Raum betritt – ob bei einem Meeting oder einer Party – wird von allen gesehen. Hier sind noch einige andere Beispiele: Wer beruflich nicht dort ist, wo er sein will, gibt als schönen Grund gerne an: „Mein Chef lässt mich nicht weiterkommen!“ Der wahre Grund könnte jedoch sein, dass er oder sie Angst hat, auf einem neuen Posten zu scheitern. Wenn ein Vorgesetzter seine Mitarbeiterin nicht wegen ihrer nachlässigen Arbeitsweise anspricht, dann ist der schöne Grund: „Ich will das Arbeitsklima nicht gefährden.“ Der wahre Grund ist, dass er zu feige ist, den Konflikt offen mit ihr auszutragen. Mit unseren Ausreden geben wir die Verantwortung für unser Handeln ab und degradieren uns stattdessen selbst zu einem machtlosen Opfer.

Wenn Sie gelegentlich selbst unter „Ausrederitis“ leiden, habe ich einen wirkungsvollen Tipp für Sie: Fragen Sie sich jetzt gleich, was Ihre beste Ausrede ist. Haben Sie sie? Und jetzt stellen Sie sich vor, dass dieser Satz nach Ihrem Ableben unterhalb Ihres Namens auf Ihrem Grabstein eingemeißelt wird. So, und wenn Sie nun schmunzeln, haben Sie es mit einer Ausrede zu tun, denn in diesem Moment werden Sie erkennen, wie absurd dieser Gedanke ist. Dort könnte dann zum Beispiel stehen: „Hier ruht Ingrid – sie hatte kein Auto“ oder „Frank – er hatte kein Abitur“ oder „Melanie – sie hatte Kinder“ oder „Ewald – seine Frau stand nicht hinter ihm“ oder zum guten Schluss „Hier ruht Michael – er war schon zu alt.“

Eine der beliebtesten Ausreden für Menschen über 40 Jahren ist die Einstellung, sie seien zu alt, um noch einmal etwas Neues anzufangen. Wenn Sie auch dazu gehören, dann haben Sie sich noch nicht die Vorzüge älterer Mitarbeiter/innen bewusst gemacht. In der Regel sind diese erfahren, kompetent, souverän, flexibel und eignen sich als Ausbilder/in oder Mentor/in für neue Kolleginnen und Kollegen. Außerdem kommt Ihnen der demografische Wandel zugute. Erst Kurzem stand im Wirtschaftsteil unserer Tageszeitung ein Artikel mit der Überschrift: „Wirtschaft umwirbt Senioren. Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte und setzen auf ältere Arbeitnehmer.“

Meine beste Ausrede war, als ich mich selbstständig machen wollte, aber Angst vor diesem Schritt (der wahre Grund) hatte: „Ich habe kein Büro“ (der schöne Grund). Die Vorstellung, dass dies auf meinem Grabstein stehen würde, fand ich so widersinnig und lächerlich, dass ich schnell einen kleinen Raum in meinem Haus freigemacht und darin angefangen habe, meine ersten Klienten zu beraten. Es war nicht perfekt, aber ein Anfang. Nach einiger Zeit wechselte ich in die Praxis einer Freundin, die Zahnärztin war und mir dort einen Raum anbot, der noch frei war. Erst danach hatte ich meine eigenen Praxisräume.

Eine ebenfalls beliebte Ausrede von Menschen, die sich gerne als Opfer der Umstände sehen, ist: „Was kann ich denn dafür?“ Wenn Sie das auch oft denken, schlage ich Ihnen vor, ein Wort am Ende des Satzes hinzuzufügen – und schon sind Sie raus aus der Opferrolle: „Was kann ich denn dafür tun?“ Das stärkt Ihr Selbstbewusstsein und Ihre Handlungskompetenz. Sie können sich z. B. neue Fähigkeiten aneignen, wie die Benutzung eines Computers. Sie können ein Bewerbungstraining besuchen, ein Paarcoaching machen oder eine Fremdsprache erlernen. Sie können eine höhere Position anstreben und damit ihren Einflussbereich erweitern. Sie können ein neues Netzwerk gründen oder einem bereits bestehenden beitreten.

Warten Sie nicht auf geeignete Umstände, schaffen Sie sie selbst. Glückliche Zufälle fallen nicht vom Himmel, sondern entstehen im Zusammentreffen von guten Gelegenheiten und Ihrer Bereitschaft, oder um es mit den Worten von Louis Pasteur, dem französischen Chemiker und Mikrobiologen, zu sagen: „Das Glück bevorzugt den, der vorbereitet ist.“

REFLEXION

• Stellen Sie sich vor, Ihre Ausreden wären auf Ihrem Grabstein eingemeißelt.

• Benutzen Sie Ausreden als Vorwand, um sich nicht ändern zu müssen?

• Übernehmen Sie Verantwortung, dann brauchen Sie keine Ausreden mehr.

• Ihr Handeln sollte wahre Gründe haben, nicht schöne.

• Glückliche Zufälle entstehen dann, wenn Sie gut auf sie vorbereitet sind.

Ein Coach für alle Fälle

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