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Kapitel 12

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Träume von Indien und Tibet

Es war der Nervenarzt Dr. Rjabinin, der Verfasser des Tagebuchs der Tibetexpedition, der die Roerichs auf die Blavatzky aufmerksam machte. Dr. Rjabinin hatte in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg den Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Er behandelte Patienten aus besten Kreisen, wie Fürst Felix Jussupow, einen der reichsten Männer des Landes, und sogar den japanischen Thronfolger, als dieser vor dem Ersten Weltkrieg die russische Hauptstadt besuchte. Nebenbei fand er noch Zeit für das im Vorwort des Tagebuchs vielsagend beschriebene Interesse an »Experimenten im Bereich des Geistes«, das er mit den Roerichs geteilt habe.

Esther Lichtmann, eine der Jüngerinnen Helenas, wird 1930 aufschreiben, »wie Dr. Rjabinin ihr [Helena Roerich] eines Tages von der Blavatzky erzählte [...] und sie zur Theosophischen Gesellschaft ging, die sich in genau demselben Gebäude befand, in dem einmal EI [Elena Iwanowna, d.h. Helena Roerich] gelebt hatte, als sie ein kleines Mädchen war. Dort traf sie eine alte dicke Frau mit Strickzeug in den Händen. Als EI sie um Bücher bat, sagte diese ihr, dies sei nicht so einfach und sie müsse erst Mitglied der Theosophischen Gesellschaft werden. EI war bereit, aber man erwiderte ihr, dass auch dies nicht so einfach ginge und Madame Kamenskaja [die Vorsitzende der russischen Sektion] alle, die Mitglied werden wollten, erst einer Prüfung unterziehe und dass es möglich sei, dass EI diese nicht bestehe. Natürlich hatte EI keine Lust auf solch einen Unsinn und begann in Buchläden zu suchen.«109

Die Urgroßnichte Kutusows war niemand, der sich von einer Madame Kamenskaja Vorschriften machen ließ, und schon gar nicht wollte sie Mitglied in einer Organisation werden, bei der andere die Regeln aufstellten. Viel eher schon wollte sie selbst eine solche gründen. Aber das lag gut zehn Jahre entfernt.

In den Jahren vor der Revolution waren ihre Kinder noch klein. Auch beriet sie ihren Mann bei seiner Karriere. Laut ihren eigenen Aussagen, die zu verschiedenen Zeiten von ihren beiden Lieblingsjüngerinnen, Esther und Sinaida Lichtmann, protokolliert wurden, hatte sie bereits früh entscheidenden Einfluss genommen und den Aufstieg ihres Mannes in der Kaiserlichen Gesellschaft geleitet, indem sie »seinen Geist entflammte und seine Gedanken lenkte. Klug war er schon immer gewesen, aber er konnte sich nicht entscheiden, und manchmal zeigte er menschliche Schwächen, die sie bezwingen musste.«110

Und nicht nur in Sachen Karriere hörte ihr Mann auf sie. Manchmal seien ihr morgens Visionen gekommen und »sie erblickte eine Hand, die ihr Nummern zeigte, und wenn er [Nikolai Roerich] dann bestimmte Wertpapiere mit diesen Nummern kaufte, dann machten sie immer einen Gewinn«.111

Helena, die das Leben einer Dame aus gutem Haus führte, mit Gouvernanten für die Kinder und Dienstboten für den Haushalt und reichlich Freizeit, erzählte auch, es sei sie gewesen, die sich als Erste mit Indien beschäftigt habe und die Nikolai Roerich »von alten Formen auf einen neuen Weg brachte und in ihm das Bedürfnis weckte, Bücher mit geistigen und religiös-philosophischen Themen zu lesen«.112

Sich mit der Theosophie zu beschäftigen und ihren Mann dementsprechend zu beeinflussen war da nur der nächste logische Schritt.

Tatsächlich sind im Werk Nikolai Roerichs ab 1908 deutlich theosophische Elemente spürbar. Einige seiner Gedichte erinnern in Ton wie Inhalt stark an Verse der Blavatzky, und es fehlt auch nicht die für einen überzeugten Theosophen typische Mischung von Religionen und religiösen Zeichen. Für seine treue Anhängerin Tennischewa malte er eine Kirche auf ihrem Landsitz Talaschkino aus und stellte die Gottesmutter in einem Stil dar, der Fürst Schtscherbatow »in Entsetzen versetzte, worauf die Tennischewa schwer beleidigt war. In einer russischen Kirche im Gouvernement Smolensk war eine Gottesgebärerin tibetischen Stils abgebildet.«113 Schtscherbatow war ziemlich nahe an der Wahrheit. Vorbild für die Gottesmutter war die indische Göttin Kali, wie Helena Roerich später in einem Brief bekennen sollte.

Merklich war der Einfluss der Theosophie auch in den Schriften Roerichs zur Ur- und Vorgeschichte. Hatte er bereits in seiner frühen Phase als Ausgräber eine Tendenz gezeigt, in den Überresten der Vergangenheit vorzugsweise das zu sehen, was der Verehrer der Urslawen sehen wollte, so warf er nach und nach alle Vorsicht zur Seite. Getreu der theosophischen Vorstellung von den Mahatmas als verborgene Antreiber der Entwicklung von Religion und Kultur, postulierte er in dem 1909 erschienenen Artikel »Freude an der Kunst« zum ersten Mal eine Urkultur mit gemeinsamem Ursprung, die bereits in der Steinzeit bestanden habe. Diese war nur der Auftakt zu zahllosen späteren Artikeln, in denen er die erstaunlichsten Behauptungen aufstellte. 1912 schrieb er einen Artikel, der von der Realität von Atlantis ausging, dem Ursprungsort der Mahatmas, und der Zufall, dass einer der historischen Namen Tibets Gota ist, verführte ihn, wie auch die Pseudowissenschaftler der Nationalsozialisten, zu der Spekulation, der Himalaya sei das Ursprungsland der Goten.114

Sehnsuchtsland der Theosophen in aller Welt war Tibet, wo Madame Blavatzky angeblich ihre Einweihung in die okkulten Wissenschaften erfahren hatte und wo die Mahatmas, verborgen und ungestört von der Welt, an der Evolution der Menschheit zur sechsten Wurzelrasse arbeiteten.

1909 beschlossen die führenden Theosophen St. Petersburgs, an der Newa einen tibetischen Tempel zu errichten. An vorderster Stelle dabei war Nikolai Roerich. Vergeblich gifteten die orthodoxe Kirche und ihr verbundene Kreise gegen die Errichtung von »Götzenbildern« und die »Rückkehr des Heidentums nach Russland«.115

Der 1913 fertiggestellte gewaltige Bau, er steht noch heute an einem Arm der Newa, unterscheidet sich nur in einem, aber wesentlichen Detail von seinen tibetischen Vorbildern im Himalaya: In zwanzig Metern Höhe, direkt unter dem Dach, befinden sich schmale bunte Glasfenster, die das spärliche Tageslicht filtern, das in den großen, düsteren Altarraum fällt. Sie waren Nikolai Roerichs Beitrag zu dem Bau und stellen traditionelle, buddhistische Symbole, »die acht glücksbringenden Zeichen«, dar.116

Der Bau des buddhistischen Tempels in der Hauptstadt, noch dazu unter führender Beteiligung des »wirklichen Staatsrates« Roerich, war nicht nur ein Zeichen für den schwindenden Einfluss der Orthodoxie. Hier spielten noch ganz andere, geopolitische Motive eine Rolle, die in dem Vorsitzenden des Baukomitees, dem Lama Agwan Dordschiew, verkörpert waren.

Dieser Mann war ein Wanderer zwischen den Welten, wie er damals nur im Zarenreich denkbar war, dem einzigen Staat der Welt, in dessen Grenzen sich tibetischer Buddhismus und europäische Kultur direkt begegneten.

Dordschiew stammte von Burjaten ab, einer mongolischen Völkerschaft am Baikalsee, die sich zum tibetischen Buddhismus bekannte und im Dalai Lama ihre höchste geistige Autorität erblickte. Diesem kleinen Volk, auch heute zählen die Burjaten kaum mehr als eine halbe Million, kam bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts eine unverhältnismäßig große Bedeutung zu. Erst durch die Zaren, die sich der Burjaten bedienten, um das bis dahin noch völlig unbekannte Zentralasien zu erforschen und zu durchdringen, und dann die Sowjets, die einzelne Burjaten für ganz ähnliche Ziele einsetzten.

Was die Burjaten so besonders machte, war, dass sie als einzige Völkerschaft mit der durch Russland vermittelten europäischen Kultur und Technik vertraut und gleichzeitig Teil der viel größeren Ökumene des tibetischen Buddhismus waren, die ganz Tibet und sowohl Innere wie auch Äußere Mongolei umfasste. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts war dies eine noch zutiefst mittelalterliche Welt, die nominell unter der bröckelnden Autorität des chinesischen Kaisers stand, aber bereits dunkel die Bedrohung durch die Machtmittel der Industriemächte wie auch den kommenden Druck Chinas spürte, das 1911 seine erste Revolution erlebte. Es war ein riesiges Gebiet, so groß wie drei Viertel des europäischen Kontinents, und damals noch so wenig erforscht, dass es für weite Teile nicht einmal Karten gab.

Der 1855 geborene Agwan Dordschiew hatte als Jugendlicher erst ein Gymnasium und dann eine russische Universität absolviert. Danach reiste er nach Lhasa, wo er in einem der großen Klöster in die Feinheiten der Lehre Buddhas eingeweiht wurde und nach jahrelangem Studium den Titel eines »Lcharamba«, eines tibetischen Gelehrten, erhielt. Im abgeschiedenen und unzugänglichen Lhasa, wo man nur nebelhafte Vorstellungen von der Außenwelt hatte, wurde der Burjate mit seiner Kenntnis Europas eine einflussreiche Persönlichkeit und wichtigster Berater des dreizehnten Dalai Lama in außenpolitischen Fragen.

Als Agwan Dordschiew nach Tibet kam, stand das Land noch unter der nominellen Oberhoheit des chinesischen Kaisers, der mit dem Dalai Lama, dem »Papst« der tibetischen Buddhisten und weltlichen Herrscher, ein Interesse gemeinsam hatte: das Land gegen äußere Einflüsse hermetisch abzuschirmen. Vor allem natürlich gegen die Briten im benachbarten Indien, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts große Anstrengungen unternahmen, Tibet zumindest kartografisch zu durchdringen. Zu diesem Zweck schickte man »Pundits« genannte Mitglieder indischer, aber mit den Tibetern verwandter Völkerschaften los, die sich als Pilger ausgaben, aber Gebetsketten mit hundert statt hundertacht Perlen hatten und im Knauf ihrer Wanderstöcke Kompasse versteckten. Mit Hilfe ihrer Rosenkränze zählten die »Pundits« ihre Schritte ab, und am Knauf ihrer Stöcke kontrollierten sie die Himmelsrichtung. Auf diese Weise kamen zumindest von den bewohnten Gegenden erstaunlich genaue Karten zusammen. Aber große Teile des Landes blieben noch unerforscht.

Anfang des 20. Jahrhunderts schließlich wurde in London beschlossen, die nicht mehr »zeitgemäße« Isolierung des Landes gewaltsam zu durchbrechen. Der mit Maschinengewehren ausgerüsteten Younghusband-Expedition stellten sich 1903 tibetische Krieger mit Steinschlossgewehren, Lanzen, Schwertern und angeblich unverwundbar machenden Amuletten entgegen. Es gab ein entsetzliches Gemetzel, und nachdem ein letztes Aufgebot von »Kriegsmönchen« niedergemacht war, wurde Lhasa eingenommen. Der Dalai Lama war da bereits auf dem Weg nach Urga, dem heutigen Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei, die, obwohl gleichfalls noch unter Oberhoheit des chinesischen Kaisers, bereits stark den russischen Einfluss spürte. Dort ließ sich das begeistert begrüßte Oberhaupt auch der mongolischen Buddhisten vorläufig nieder.

Nachdem mit den Briten ein Vertrag geschlossen worden war, der begrenzten Handel sowie eine Vertretung des Empire in Tibet erlaubte, kehrte der Dalai Lama nach Tibet zurück. Von nun an wachte nicht Peking, sondern London eifersüchtig darüber, dass keine Außenstehenden mehr in jenes Land kamen, das, wie die Younghusband-Expedition gezeigt hatte, ein paar tausend Männern mit Maschinengewehren hilflos ausgeliefert war. Und damit war der Zweck der Expedition auch schon erfüllt. Denn an sich hatte man in England keinerlei Interesse an dieser riesigen, kalten Halbwüste mit kaum zwei Millionen Einwohnern außer dem einen, nämlich keiner anderen Macht die Herrschaft über das nördliche Grenzgebiet Indiens zu überlassen. Mit dieser Macht war Russland gemeint, mit dem Großbritannien in einer mit Geheimagenten geführten Auseinandersetzung um die Vorherrschaft in Zentralasien stand, die der britische Schriftsteller Rudyard Kipling unter der Bezeichnung »das Große Spiel« (The Great Game) verewigt hat.

Dieses einzige wesentliche Interesse Londons, die fortgesetzte Isolierung Tibets nämlich, fand seinen Ausdruck schließlich auch darin, dass London 1906, gegen den Willen der Tibeter, die fortbestehende Oberherrschaft Pekings bestätigte. So war man die lästige Pflicht los, die tibetische Außenpolitik zu kontrollieren.

Doch in Tibet hatte man auch seine Schlüsse aus der eigenen Hilflosigkeit gezogen. Und die bestanden darin, selbst den Kontakt zur Außenwelt zu suchen. Zu diesem Zweck schickte man Agwan Dordschiew nach St. Petersburg, wo er 1905 eintraf.

Selbstverständlich rissen sich Okkultisten aller Couleur und die Theosophen um den Berater des Dalai Lama aus dem geheimnisvollen und kaum erforschten Tibet, das sich hervorragend für Projektionen aller Art eignete. So auch Nikolai Roerich. Von dem Burjaten hörte der Künstler nach der Blavatzky ein weiteres Mal von Schambala, dem Paradies der tibetischen Buddhisten, das jedoch, im Gegensatz zum gelobten Land der Bibel, ein ganz irdisches Gegenstück haben sollte, das irgendwo tief versteckt in Himalaya lag. Auch überreichte Dordschiew Roerich nach Fertigstellung des Tempels ein Geschenk117 des Dalai Lama, womit er dessen Fantasie noch einmal anheizte.

Selbstverständlich erschöpfte sich Dordschiews Petersburger Mission keineswegs in der Beglückung von Okkultisten und Theosophen. Im November 1907 veröffentlichte er einen Artikel in der Zeitschrift der russischen Geografischen Gesellschaft mit dem Titel »Über die Annäherung Russlands an Tibet und die Mongolei«, in dem er eine Zusammenarbeit der drei Völker auf kulturell-ökonomischer Grundlage und die Gründung einer »buddhistischen Großföderation« propagierte.

Es war der Versuch des Burjaten, mit Hilfe Russlands die kulturell engverwandten Mongolen und Tibeter vor der machtpolitischen Expansion Großbritanniens auf der einen und der demografischen Expansion Chinas auf der anderen Seite zu bewahren. Dies waren Überlegungen, die er schon länger hegte und die ihn bei den Briten zum unbeliebtesten Mann in Tibet gemacht hatten sowie ihm den Verdacht eintrugen, er sei ein russischer Agent. Der japanische Mönch Kawaguchi, der sich Anfang des Jahrhunderts verkleidet in der tibetischen Hauptstadt aufhielt, berichtet, Dordschiew, der Vormund des damals noch minderjährigen Dalai Lama, habe ihm gegenüber die Prophezeiung erwähnt, aus Russland werde ein mächtiger Fürst kommen und Tschan Schambala, das nördliche Schambala, eine gewaltige buddhistische Macht, gründen.118 Eine offene Provokation für die Briten im benachbarten Indien und einer der Gründe für die Invasion 1904.

Diese als »Prophezeiung« verkleideten Überlegungen Dordschiews, denn natürlich musste im zutiefst gläubigen Tibet derart Umwälzendes religiös »ummäntelt« werden, trafen auf offene Ohren bei den Imperialisten in Petersburg, die ähnliche Gedanken hegten. Allerdings weniger, um Tibeter und Mongolen vor Fremdherrschaft zu bewahren, als vielmehr um »neuen Lebensraum für Russland« zu erobern, wie es ein »Sprachrohr des Generalstabes« ausdrückte.119 Das alles traf mit der Stimmung jenes Teils der Intelligenzija zusammen, der das »Asiatische« an Russland betonte.

In der schwankenden Gemütslage des silbernen Zeitalters wurden sogar Stimmen wie die des Philosophen Wladimir Solowjew ernst genommen, der Anfang des 20. Jahrhunderts von der Wiederauferstehung der mongolischen Großmacht überzeugt war. Er schöpfte dies aus dem Tibetbuch der beiden französischen Missionare Huc und Gabet, die dort Mitte des 19. Jahrhunderts der buddhistischen Bruderschaft der Kelane begegnet waren, die sich zum Ziel gesetzt hatte, »Tibet, China, die Mongolei und Russland [zu] erobern«, um das Kommen des Buddha Maitreya einzuleiten.120

Doch das alles waren nur Träume, die den harschen machtpolitischen Realitäten nicht standhalten sollten. Die Idee eines von Russland abhängigen zentralasiatischen Großstaats, der alle Anhänger des Dalai Lama, die Tibeter und Mongolen, vereinen sollte, traf auf den heftigen Widerstand Großbritanniens, das dem innerlich zerrissenen Zarenreich bald seine Grenzen aufzeigte. Alles was davon blieb, war die russische Unterstützung für eine Autonomie der Äußeren Mongolei innerhalb Chinas, die 1945 schließlich zur internationalen Anerkennung des neuen Staates führte. Aber der Traum war in die Welt gesetzt. In der kommenden Zeit der Wirren, in der alles möglich schien, wird es mehrere Versuche geben, das Kommen des Buddha Matreya zu beschleunigen.

Einen davon sollte Nikolai Roerich unternehmen. Aber davon konnte noch nicht im mindesten die Rede sein, als Roerich mit Agwan Dordschiew am Bau des Tempels an der Newa zusammenarbeitete. Vorläufig hatte er einen ganz anderen Traum. Er hatte vor, in das geheimnisvolle Indien zu reisen, in das Heimatland Tagores, Ramakrishnas und Vivekanandas. 1913 erörterte er die geplante Reise mit dem in Paris lebenden russischen Orientalisten Golubew, der ihm von den Denkmälern des indischen Altertums und den verlassenen Höhlenstädten Adschanti und Ellori erzählte.121 Und nicht nur nach Indien zog es den Künstler. Dr. Rjabinin schreibt in dem Vorwort zu seinem Tagebuch, er und die Roerich hätten auch über die Lehrer des Ostens gesprochen, deren Lehre die tiefe Kenntnis des Geistes widerspiegele, die sich in geheimen Zentren der Eingeweihten, vor allem in dem der Bruderschaft des Himalaya, angesammelt habe. »Das letztere Zentrum war für uns immer Quelle unübertrefflichen Wissens und der Wahrheit. Den Weg dorthin wollten wir über Indien nehmen.«122 Nikolai Roerich wollte also zu den Mahatmas der Blavatzky nach Tibet aufbrechen, deren Aufenthaltsort er auch zu kennen glaubte: Es war das mystische Schambala der tibetischen Buddhisten.

Nikolai Roerich: Kunst, Macht und Okkultismus

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