Читать книгу Immer noch wach - Fabian Neidhardt - Страница 16
11
ОглавлениеKnapp Viertel nach vier in der Nacht, ich bin wach und verzweifelt. Habe gerade die letzten Blätter von der Klopapierrolle gezogen und mich irritiert im Bad umgesehen. Wenn ich mich übergebe, was ich erfolgreich ins Bad verlagert habe, will ich nicht das Handtuch benutzen. Deshalb muss Klopapier da sein, bevor ich es brauche.
Für einen Moment stehe ich unschlüssig neben meinem Bett am Telefon. Nachts ist das Hospiz nur minimal besetzt und ich würde mich über jeden ärgern, der anruft, weil sein Klopapier ausgegangen ist. Aber ich kann runtergehen und höflich fragen.
Erst auf dem Flur wird mir klar, dass ich zum ersten Mal mein Zimmer verlasse und überhaupt keine Ahnung habe, wohin ich muss.
Sind wir am ersten Abend von rechts gekommen? Ich betrachte den schwach beleuchteten Gang. In diesem Haus brennt immer Licht. Alle Türen sehen gleich aus, bis ich vor dem Aufzug stehe. Richtige Richtung also.
Als ich aus dem Aufzug trete, sehe ich rechts die kleine Nische, den Übergang zwischen den beiden Häusern. Ich schleiche durch den Gang und bleibe irritiert vor der Tür stehen, die halb offen steht. Die schon damals halb offen stand.
Auf dem Messingschild neben der Tür steht „K. Haron“. Wahrscheinlich das andere leere Zimmer. Ich halte mich am Türrahmen fest und strecke diskret und neugierig den Kopf hinein. Das sanfte Nachtlicht in Form eines Mondes leuchtet in der Zimmerecke. Der Fernseher ist dunkel und es ist still.
„Du kannst ruhig reinkommen.“
Erschrocken ziehe ich den Kopf zurück. Die alte Stimme kichert heiser und hustet. Ich wage mich so weit ins Zimmer, dass ich die Konturen des Mannes im Bett erkenne, und warte, bis er sich wieder beruhigt hat.
„Entschuldigung, ich wollte Sie nicht stören.“
„Schon okay. Ich kann nicht schlafen, wenn die Tür zu ist. Aber eigentlich kann ich sowieso nicht schlafen. Deshalb krieg ich viel mit.“
Er knipst das Licht auf dem Nachttisch an. Das Bett summt und der Oberkörper des Mannes richtet sich auf. Dieses Zimmer sieht nach Krankenhaus aus. Über dem Mann eine Triangel aus grauem Plastik und neben dem Bett eine blinkende Maschine, aus der durchsichtige Kabel bis zu seiner Nase führen. Seine Haut ist fleckig und eingefallen, ich ahne die Konturen des Schädels unter den Falten und den altersgrauen, dünnen Haaren. Die Augenbrauen sind buschig und die Bartbehaarung voller als der Kopf. Er setzt sich eine große, dunkelbraune Hornbrille auf, die heute wieder in Mode ist, sie scheint in die Nase einzusinken. Als er aufrecht sitzt, streckt er die Hand aus. Schmal, mit dicken Gelenken, aber ein kräftiger Griff.
„Ich bin Kasper.“
„Alex, hallo.“
„Du bist neu hier, oder?“
„Knapp zwei Wochen.“
„Also auch ein Gast. Na und, was fehlt uns denn?“