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Also, unter jenem Hofgesinde, das sehr zahlreich war, befand sich außer Makar Iwanow auch ein Mädchen, und dieses Mädchen war achtzehn, als der fünfzigjährige Makar Dolgorukij auf einmal die Absicht äußerte, es zu heiraten. Wie man weiß, wurden Ehen unter dem Hofgesinde zur Zeit der Leibeigenschaft nur mit Genehmigung, zuweilen auch direkt auf Anordnung der Herrschaft geschlossen. Zu dem Gut gehörte damals eine Tante; das heißt, es war keine Tante von mir, sondern selbst eine Gutsbesitzerin; ich weiß nicht, warum, aber sie wurde nicht nur von mir, sondern von aller Welt ihr Leben lang Tante genannt, auch von der Familie Wersilow, mit der sie wohl auch tatsächlich durch einen Scheffel Erbsen verwandt war. Sie hieß Tatjana Pawlowna Prutkowa. Damals besaß sie noch in demselben Gouvernement und demselben Kreis ein Gut, das fünfunddreißig Seelen zählte. Sie verwaltete nicht gerade Wersilows Gut (fünfhundert Seelen), aber sie sah als Nachbarin ein bißchen nach dem Rechten, und wie man mir gesagt hat, soll das die Tätigkeit eines gelernten Verwalters vollkommen aufgewogen haben. Im übrigen kommt es mir gar nicht darauf an, ob sie was von der Landwirtschaft verstand oder nicht: ich will nur noch sagen, ohne ihr im geringsten schmeicheln zu wollen, daß Tatjana Pawlowna ein edler und, was noch mehr heißen will, ein origineller Mensch war.

Also, diese Frau legte den Heiratsplänen des finsteren Makar Dolgorukij (er soll damals finster gewesen sein) nicht nur nichts in den Weg, nein, im Gegenteil, sie förderte sie noch nach Kräften. Sophia Andrejewna (so hieß jenes achtzehnjährige Mädchen), das heißt meine Mutter, war schon seit einigen Jahren Doppelwaise; ihr verstorbener Vater, der gleichfalls Hofknecht gewesen war und vor Makar Dolgorukij eine unbegrenzte Hochachtung gehegt hatte und ihm auch, ich weiß nicht aus welchem Grunde, besonders zu Dank verpflichtet gewesen sein muß, hatte vor sechs Jahren, als er im Sterben lag, auf seinem Totenbette, man behauptet sogar, nur eine Viertelstunde vor seinem letzten Atemzug, so daß man es zur Not auch für einen Akt der Unzurechnungsfähigkeit hätte erklären können, wenn er nicht als Leibeigener überhaupt schon rechtsunfähig gewesen wäre – er hatte also vor versammeltem Hofgesinde und im Beisein des Geistlichen laut und deutlich seinen letzten Willen kundgemacht, indem er, auf seine Tochter deutend, zu Makar Dolgorukij sagte:

»Ziehe sie auf und nimm sie dann zur Frau.«

Das hatten alle gehört. Was nun Makar Iwanow angeht, so weiß ich nicht, in welchem Sinne er später geheiratet hat, ob mit großer Freude oder nur, um eine Pflicht zu erfüllen. Am wahrscheinlichsten scheint es mir, daß er dabei den Schein des vollkommensten Gleichmutes gewahrt hat. Er war ein Mensch, der es schon damals verstand, »sich ins Licht zu setzen«. Nicht etwa, daß er belesen gewesen wäre oder eine Art Schriftgelehrter (obschon er die ganze kirchliche Liturgie und insbesondere viele Heiligenlegenden auswendig wußte, aber die hatte er mehr vom Hören behalten), nicht etwa, als ob er eine Art von bäuerlichem Räsoneur gewesen wäre, er war ganz einfach ein hartnäckiger Charakter, der darin oft sogar die Grenze des Hasardierers streifte; er redete mit der Absicht, Eindruck zu machen, er war unbarmherzig absprechend und führte infolgedessen selbstverständlich »ein vorbildliches Leben«, – wie er sich selbst merkwürdig genug ausdrückte, – so ein Mensch also war er damals. Natürlich gewann er sich auf diese Weise die allgemeine Achtung, aber leiden konnte ihn keiner, wie ich höre. Anders wurde die Sache später, als er den Hofdienst verließ; da sprach man von ihm nur noch als von einem Heiligen, der viel erduldet hätte. Das weiß ich als Tatsache.

Was nun meine Mutter betrifft, so hatte sie Tatjana Pawlowna bis zu ihrem achtzehnten Jahre bei sich behalten, trotzdem der Verwalter darauf drang, sie nach Moskau in die Lehre zu schicken, und hatte ihr eine gewisse Erziehung angedeihen lassen. Das heißt, sie hatte Nähen gelernt und Zuschneiden und sich fräuleinhaft benehmen und sogar ein klein bißchen Lesen. Richtig schreiben konnte meine Mutter nie. In ihren Augen war diese Ehe mit Makar Iwanow eine längst abgemachte Sache, und als es dazu kam, fand sie das alles ausgezeichnet und wünschte sich nichts Besseres; vor den Altar trat sie mit der Miene einer so vollkommenen Ruhe, daß sogar Tatjana Pawlowna damals äußerte, sie hätte Fischblut in den Adern. Alle diese Nachrichten über den Charakter meiner Mutter zu der Zeit habe ich eben von Tatjana Pawlowna. Wersilow kam genau ein halbes Jahr nach dieser Hochzeit auf sein Gut.

Ein Werdender

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