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10.
ОглавлениеWer war Luk Krieger? Anna Cole sah sich in der Wohnung um und suchte nach Hinweisen, die ihr etwas über das Leben des Agenten verrieten. Doch ihr wurde schnell klar, dass das nicht einfach werden würde. Hier gab es weder Bilder noch Bücher, die irgendeinen Aufschluss geben konnten. Der Flur mündete in ein großes, helles Wohnzimmer, an dessen Stirnseite ein beeindruckender antiker Kaminofen stand, in dem einige verkohlte Holzscheite auf die Reste eines Feuers hinwiesen. Neben dem Ofen lag in einem Weidenkorb weiteres Holz. Auf der linken Seite gab es eine Fensterfront, die vom Boden bis zur Decke reichte und in deren Mitte eine Tür zu einer großen Terrasse führte. Aufgrund des günstigen Schnitts der Wohnung konnte man weder Terrasse noch das Wohnzimmer von außen einsehen. Perfekt gewählt, dachte Cole und sah auf die Terrasse hinaus. Von hier aus konnte man auf das Dach hinausklettern und gelangte – wenn nötig – unbemerkt auf die Dächer der angrenzenden Häuser.
Direkt gegenüber der Terrasse, auf der anderen Seite des Wohnzimmers, befand sich eine offene Küche mit einem großen Tresen, der passgenau zwischen zwei tragende Balken eingelassen war.
Die Wohnung ist ein absolutes Juwel, dachte Anna Cole und war sich sicher, dass sie für sie selbst unerschwinglich sein musste. Und dennoch verriet sie nichts über ihren Besitzer. Es gab keine Pflanzen, keinen Krimskrams und überhaupt keine persönlichen Gegenstände. Nichts, was darauf hinwies, wer hier wohnte, und kaum etwas, was darauf hindeutete, dass hier überhaupt jemand wohnte. Sie hörte, wie die Dusche abgedreht wurde. Kurz darauf öffnete sich die Badtür. Cole drehte sich um, Krieger stand ihr direkt gegenüber. Sie meinte, ein Schmunzeln in seinem Blick auszumachen. Sein dunkles Haar war feucht zurückgekämmt. Krieger hatte nur ein Handtuch um die Hüfte geschlungen. Sein Oberkörper war muskulös und durchtrainiert – es schien, als hätte er kein Gramm Fett an sich. Stattdessen hatte er Narben. Viele Narben. Einige davon konnte Cole zuordnen, denn sie kannte sich nur zu gut mit den Ursachen dieser Verletzungen aus. Sie war im vergangenen Jahr selbst während eines Einsatzes mitten in einen Schusswechsel geraten. Was als Routinekontrolle begonnen hatte, war von einem Moment auf den anderen eskaliert. Sie hatte noch Glück gehabt: Ein Querschläger hatte ihren Arm gestreift. Ihren Partner hatte es jedoch schlimmer erwischt. Ein Bauchschuss hatte seine lebenswichtigen Organe so schwer verletzt, dass er noch am Tatort an inneren Blutungen gestorben war. Cole empfand tiefen Schmerz, wie immer, wenn sie an diesen Moment zurückdachte.
Sie schaute wieder zu Krieger. Da waren noch andere Narben, die sie nicht zuordnen konnte. Auf der rechten Hälfte seines Körpers hatte er etwas, das aussah wie Striemen. Erst jetzt merkte sie, dass auch Krieger sie musterte, und für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Cole wollte dem Blick standhalten, doch Krieger drehte sich einfach um und verschwand in dem Zimmer gegenüber vom Bad. In diesem Moment zuckte sie innerlich zusammen, denn jetzt konnte sie ganz deutlich erkennen, was es mit den Striemen auf sich hatte. Es gab keinen Zweifel. Sein ganzer Rücken war voller langer, tiefer Narben. Luk Krieger war ausgepeitscht worden.