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1.2Ermessen

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Von Ermessen37 spricht man, wenn ein Gesetz auf der Rechtsfolgenseite der handelnden Behörde einen Spielraum einräumt, wie bei allen Ermächtigungsgrundlagen des PolG NRW. Sprachlich kommt dies durch die Verwendung des Wortes „kann“ oder „darf“ zum Ausdruck: Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen (= Tatbestand) erfüllt sind, kann die Behörde eine bestimmte Maßnahme treffen. Das Ermessen kann unterschiedlich ausgestaltet sein, jedoch müssen ihr zumindest zwei Handlungsalternativen zur Verfügung stehen, nämlich eine Maßnahme zu unterlassen bzw. sie zu ergreifen, z.B. einen Platzverweis nach § 34 Abs. 1 PolG. Darüber hinaus ist es möglich, dass der Behörde aufgrund der Formulierung des Gesetzes, wenn sie sich zum Handeln entschieden hat, verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Auswahl gegeben werden. Das ist beispielsweise bei der polizeilichen Generalklausel der Fall, nach der die Polizei die „notwendigen Maßnahmen“ treffen kann.

Insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (dazu sogleich V.) reduziert und lenkt die Ermessensausübung. Nur verhältnismäßige Maßnahmen eröffnen Handlungsalternativen für die einschreitenden Polizeibeamten, aus denen sie unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten diejenige auswählen können, die ihnen für den konkreten Fall als sachgerecht erscheint.

Das einer Behörde eingeräumte Ermessen kann im Einzelfall unter besonderen Umständen reduziert sein, selbst wenn der Wortlaut des Gesetzes dies nicht vorsieht. Solche Umstände ergeben sich in rechtlicher Hinsicht z.B. aus der Einwirkung eines Grundrechts auf die Entscheidungsfindung der Behörde. Ist das Ermessen derart reduziert, dass nur noch eine einzige Entscheidung rechtmäßig ist, spricht man von einer Ermessensreduzierung auf Null. Im polizeilichen Bereich ist dies der Fall, wenn es um den Schutz hochrangiger Rechtsgüter des Bürgers geht. Ob eine Ermessensreduktion auf Null vorliegt, ist im Rahmen einer Güterabwägung zu ermitteln. Ermessensreduzierende Gründe sind dabei38:

•Schwere und Ausmaß der Gefahr,

•die hohe Bedeutung des gefährdeten Rechtsguts und

•die Möglichkeit der Polizei zum Handeln und das Fehlen anderer vorrangiger Aufgaben.

Überwiegt das Integritätsinteresse des gefährdeten Rechts, ist die Polizei verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu treffen. Der schutzsuchende Bürger hat dann einen Anspruch auf polizeiliches Einschreiten39. Eine Ermessensreduktion auf Null liegt stets vor bei „erheblichen Gefahren für wesentliche Rechtsgüter“40.

Beispiel: Die Polizei wird alarmiert, dass in einer Kneipe eine heftige Messerstecherei im Gange ist. Hier ist die Polizei zum Handeln verpflichtet, um eine akute Lebensgefahr abzuwehren. Tut sie dies nicht, handelt sie ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.

Staatsrecht  für Polizeibeamte

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