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2.Vertrauensschutz: Rückwirkung von Gesetzen
ОглавлениеNeben dem Bestimmtheitsgrundsatz gehört der Vertrauensschutz zu den rechtsstaatlichen Anforderungen der Rechtssicherheit. Danach sollen die Bürger darauf vertrauen dürfen, dass auf Grund einer bestimmten Rechtslage einmal getroffene Dispositionen grundsätzlich nicht durch nachträgliche Rechtsänderung entwertet werden. Für Strafgesetze ist ein solches Rückwirkungsverbot ausdrücklich in Art. 103 Abs. 2 GG geregelt, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
Im Übrigen ist stets eine sog. echte Rückwirkung41 unzulässig, bei der ein bereits abgeschlossener Lebenssachverhalt einer neuen, ungünstigeren Rechtslage unterworfen wird.
Beispiel: A hat sein Studium „Polizeivollzugsdienst“ erfolgreich beendet und seine Bachelor-Urkunde erhalten. Wenige Wochen später wird die Studienordnung rückwirkend derart geändert, dass nun für einen erfolgreichen Studienabschluss eine bestandene Englisch-Prüfung erforderlich ist. A wird daraufhin sein Studienabschluss bis auf weiteres aberkannt, er soll den Englisch-Test nachholen. – Unzulässige echte Rückwirkung.
Zulässig kann dagegen eine unechte Rückwirkung sein42, bei der ein in der Vergangenheit begonnener, aber noch nicht abgeschlossener Lebenssachverhalt zum Nachteil des Betroffenen neu geregelt wird.
Beispiel: A hat gerade sein Grundstudium im Studiengang Polizeivollzugsdienst erfolgreich absolviert. Nun wird die Studienordnung mit sofortiger Wirkung dahingehend geändert, dass im Studienabschnitt HS 3 eine Englisch-Prüfung erfolgreich zu absolvieren ist. Als A sein Studium begann, war dies noch nicht erforderlich. – Zulässige unechte Rückwirkung.
Das Rückwirkungsverbot gilt nur für den Gesetzgeber, nicht für die Rechtsprechung. Rückwirkende Änderungen der Rechtsprechung sind zulässig. In diesen Fällen ändert sich an der Grundlage dieser Rechtsprechung nichts; die Grundlage wird nur anders interpretiert. So durfte etwa der Bundesgerichtshof (BGH) die Promillegrenze im Straßenverkehr rückwirkend von 1,3 auf 1,1 herabsetzen.43