Читать книгу Das aktuelle Disziplinarrecht - Frank Ebert - Страница 8

1.2 Historischer Abriss

Оглавление

Nachdem sich das „Dienststrafrecht“ im 19. Jahrhundert zu einem eigenständigen Teil des Beamtenrechts entwickelt hatte2, waren bis 1933 verschiedene Bemühungen gescheitert, eine für das ganze Deutsche Reich verbindliche Dienststrafordnung zu erlassen. Im Jahr 1937 erging die Reichsdienststrafordnung3, auf der die erste Bundesdisziplinarordnung4 (BDO) fußte.

Reformbestrebungen, die auf eine Verbesserung des Rechtsschutzes und eine „Humanisierung“ des Disziplinarrechts, einschließlich einer Umbenennung in „Dienstordnungsrecht“ abzielten, mündeten im Jahr 1967 in eine Neufassung der BDO5. Das Verfahrensrecht der BDO war weitgehend an der Strafprozessordnung und am Gerichtsverfassungsgesetz orientiert6, auch wenn es auf strafrechtliche Begriffe wie „Beschuldigter“ und „Strafe“ zugunsten von „Beamter“ und „Disziplinarmaßnahme“ verzichtete.

Die BDO galt nach der Wiedervereinigung Deutschlands nach Maßgabe des Einigungsvertrages zunächst auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR einschließlich Berlin/Ost.7

Nach weiteren 34 Jahren hat sich der Bundesgesetzgeber zu einer vollständigen Trennung des Disziplinarrechts vom Strafprozessrecht entschlossen. In ihrem „Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts“8 kritisierte die Bundesregierung, das seit 1967 geltende, nahezu unveränderte Bundesdisziplinarrecht sei „in weiten Teilen sehr unübersichtlich und in verfahrensrechtlicher Hinsicht vielfach nicht praktikabel“. Hierin liege eine wesentliche Ursache für die allseits beklagte lange Dauer der Verfahren. Angesichts dessen liege es sowohl im Interesse des Dienstherrn als auch im Interesse der Betroffenen, „im Zuge der Verwaltungsmodernisierung auch das Disziplinarrecht den Anforderungen einer modernen und effektiven Verwaltung und Rechtspflege anzupassen.“

Diesem Vorhaben verlieh das Bundesdisziplinargesetz (BDG)9 Gestalt. Die Vielzahl der vorzunehmenden Änderungen machte es aus Sicht des Bundesgesetzgebers erforderlich, von einer Novellierung lediglich einzelner Bestimmungen der BDO Abstand zu nehmen und statt dessen ein nunmehr als „Bundesdisziplinargesetz“ bezeichnetes Gesetzes zu erlassen. Umfassende verfahrensrechtliche und institutionelle Veränderungen schaffen die Voraussetzungen dafür, dass Disziplinarverfahren künftig effektiver und dadurch auch kostengünstiger abgewickelt werden können. Gleichzeitig wird der rechtsstaatliche Standard für die Betroffenen verbessert.10 Das Disziplinarverfahren ist nunmehr als reines Verwaltungsverfahren ausgestaltet. Soweit gerichtliche Entscheidungen erforderlich sind, sind ausschließlich die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden.11 Das Bundesdisziplinargericht und die Institution des Bundesdisziplinaranwalts wurden abgeschafft.12 Der beabsichtigte Einspareffekt des Gesetzes ist unübersehbar.13

Das Gesetz trat zum 1. Januar 2002 in Kraft.14 Gleichzeitig trat die Bundesdisziplinarordnung mit einer Reihe auf ihr beruhender Rechtsverordnungen außer Kraft.15

Die Neuordnung des Disziplinarrechts ist nicht auf den Bund beschränkt. Rheinland-Pfalz hatte sein Landesdisziplinarrecht bereits vor Inkrafttreten des neuen Bundesrechts grundlegend umgestaltet.16 Die meisten anderen Länder haben ihr Disziplinarrecht dem Modell des BDG inzwischen angepasst (vgl. unten 1.4.11). Die letzte Änderung erfuhr das BDG im Jahr 2020 durch die Elfte Zuständigkeitsanpassungsverordnung.

Das aktuelle Disziplinarrecht

Подняться наверх