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Sioux City / Iowa, Montag 26. April, 08:30 Uhr

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Greg wich einem liegengebliebenen Fahrzeug aus. Er holte zum nächsten Wagen auf, machte einen kleinen Schlenker nach links und zog langsam aber sicher an seinem Kontrahenten vorbei. Vielleicht hatte er die windschnittigere Form, oder seine Radlager waren besser geölt. Jetzt hatte er Jonathan Peters hinter sich gelassen und es war nur noch ein Fahrzeug vor ihm. Greg hatte Zweifel, ob er ihn würde einholen können, hatte Andrew Summers doch einen verdammt schnellen Wagen. Greg holte auf. Würde er es nicht schaffen, hätte er das Rennen eindeutig im Gedränge am Start verloren. Allmählich kam er näher, aber Andrew der Ziellinie ebenfalls.

Sein Vater hatte ihm die Seifenkiste gebaut und Greg hatte ihm geholfen.

Vincent Bascomp hatte einen Laden, der Bibliothek und Buchladen in einem war. Seine Auswahl der zu erstehenden Bücher war ansehnlich, aber man konnte auch einfach nur stöbern, das Ein oder Andere nachlesen oder die Werke gegen Gebühr ausleihen. Von einigen Wälzern wollte sich sein Vater auch einfach nicht trennen. Gregs Mutter war schon früh verstorben, er hatte kaum eine Erinnerung an sie. Nur alte Bilder und die Geschichten seines Vaters.

Schon früh in der Schule, als Greg lernte zu lesen, war er fasziniert von Büchern und Geschichten. So begann er sehr jung, einem winzigen Lehrling gleich, im Laden seines Vaters zu arbeiten, was für ihn nicht nur Pflicht und Mühsal war, sondern das reinste Vergnügen. Er katalogisierte und ordnete neu angekommene Lieferungen ein, räumte von Kunden durcheinander gebrachte Regale auf und fand sich alsbald besser zurecht, als sein alter Herr, der Bücher ausgab, entgegennahm und sich um die Kasse kümmerte.

Eines Tages sah Greg in einem Buch mit dem Titel `The History of Automobiles` eine alte schwarz-weiß Aufnahme, unter der zu lesen stand `The legendary Silver-Arrow`. Dem Text zufolge soll dieser Wagen zu seiner Zeit das beste, schnellste und, auf Grund der Farbe und Form, schönste Auto der Welt gewesen sein. Greg fand ihn einfach Klasse. Seine Seifenkiste, mit der er beim nächsten Rennen antreten wollte, sollte nach diesem Vorbild geschaffen sein. Sein Flitzer vom letzten Jahr war zwar nicht schlecht gewesen, aber einen der vorderen Plätze hatte er damit nicht belegt. Die anderen Jungs aus seiner Straße hatten ihn damit aufgezogen, dass sein Vater soviel Zeit in eine Verliererkiste gesteckt hatte.

Dieses Mal bastelten sie zusammen und brauchten noch länger. Das Gestell war aus schwerem Holz, in der Fahrerkabine verstärkt um Greg zu tragen und um für zusätzlichen Ballast zu sorgen, und mit Spanplatten umrahmt. Anstelle von Zugseilen hatte der Wagen ein richtiges Lenkgestänge mit Lenkrad. Die Bremse funktionierte nicht über einen Handhebel sondern über ein Pedal, aber der eigentliche Clou waren die Räder. Anstelle von Rädern, die fest an die Achsen montiert waren, waren sie bei Gregs Seifenkiste auf Kugellagern einzeln aufgehängt, und waren sie gut eingeschmiert, drehten sie sich schneller, als bei der anderen schwerfälligeren Methode.

Die Farbe war nicht einfach zusammenzumischen gewesen. Gregs Vater wollte ein einfaches Grau nehmen, aber nach langem Gezeter und reichlichen Versuchen bekamen sie aus Weiß, Grau und einem Großteil silberner Farbe eine Mischung, die aus sich selbst heraus leuchtete. Mit farblosem Lack überzogen war Greg überwältigt und geblendet.

Als sie den Wagen ums Haus auf die Straße schoben, standen alle Jungen aus der Nachbarschaft Spalier, denn Greg hatte voller Stolz seine Probefahrt angekündigt, und es war ein »Oh«, »Ah« oder auch ein »Sieh dir das an.« zu vernehmen.

Er hatte gelesen, dass es über Jahre hinweg kein anderes Auto mit dem Silberpfeil hatte aufnehmen können. Wenn er sich jetzt mit seiner blitzenden Karosse blamieren würde, würden die anderen in ein brüllendes Gelächter ausbrechen, und er wäre für alle Zeiten der Verlierer.

Obwohl die Straße vor ihrem Haus nur leicht abschüssig war, lief der Wagen gut, das sahen auch die Nachbarjungen, und der Wind fuhr durch Gregs leuchtende Haare. Die Lenkung war noch etwas ruckelig, aber die Anderen meinten, dass der Verlierer beim nächsten Mal eine echte Konkurrenz wäre.

Beim darauf folgenden von der Schule organisierten Rennen, bei dem der Silberpfeil alle Blicke auf sich gezogen hatte, war es dann am Start zu einem Tumult gekommen, von dem Greg glaubte, er wäre mit Absicht organisiert worden.

Das lange Gefälle näherte sich dem Ende, er war mit den Vorderrädern seines Wagens bis an die Hinterräder seines Vordermannes herangekommen, als sie über die Ziellinie schossen.

Andrew Summers hatte gewonnen, Greg war Zweiter. Er war zufrieden und strahlte übers ganze Gesicht, war das doch eine deutliche Verbesserung gegenüber der letzten Platzierung. Wenn man nun noch die Lenkung optimieren und die Lager noch besser schmieren würde und er sich am Start ein wenig cleverer verhalten würde, wäre beim nächsten Mal der Sieg drin. Aber noch wichtiger als der Ausgang des Rennens war Greg, dass er sich den Respekt derer verdient hatte, die ihn zuvor noch als Verlierer abgestempelt hatten.

Wie ein Blitz durchfuhren Greg diese Erinnerungen an sorglose Kindertage, er hätte fast die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren, jedoch ließ ihn ein in zahllosen Rennen geschürter Ehrgeiz das Lenkrad seines Streifenwagens noch fester umklammern.

Hinter ihm meldeten sich seine Kollegen Walter Anderson und Steve Barnes: »Hier Wagen Acht, wir sind draußen, Eigenunfall, müssen die Verfolgung aufgeben, keine Verletzten, aber die Karre ist hin.« Steve machte die Durchsage und im Hintergrund hörte man Walter fluchen.

»Verstanden«, antwortete die Zentrale.

Greg überlegte kurz. Einer draußen, also blieben noch neun Wagen, das müsste reichen. Den Kollegen war nichts passiert, was gut war.

Ganz deutlich nahm er wahr, was sich ihm hier für ein Bild bot. Mehrere an der Seite geparkte Fahrzeuge wiesen Schäden wie Beulen, Kratzer oder zerstörte Scheinwerfer auf. Die Passanten waren auf den Gehwegen stehengeblieben und starrten jedem vorbeirasenden Wagen nach, wie das Publikum bei einem Autorennen. Mütter hielten ihre Kinder fest umklammert, damit sie sich ja nicht der Fahrbahn näherten und als hätten sie Angst, der bloße Luftzug könne sie ihnen entreißen. An einer Ecke war ein Hydrant entwurzelt worden, sodass sich ein mächtiger Strahl ergoss. Ein junger Hund tollte kläffend im Wasser herum.

Laut Funk war der Raser nun auf die W 4th Street nach Westen abgebogen. Er musste sich demnach irgendwo vor Greg befinden.

An einer Einmündung lag ein Lieferwagen mitten auf der Fahrbahn auf der Seite, und Greg hatte alle Mühe, ihm bei seiner Geschwindigkeit auszuweichen. Er bremste, lenkte rechts herum, lenkte links gegen, bemerkte wie die Reifen laut quietschend protestierten, wäre fast ins Schleudern gekommen, bekam den schweren Chevrolet Impala wieder vollkommen in seine Gewalt, gab Gas und donnerte weiter.

An der Kreuzung Turner Street rauschten zwei weitere Streifenwagen von rechts kommend in die W 4th Street. Der Verkehr war hier nun fast zum Erliegen gekommen und man ließ die Einsatzwagen zügig durch. Greg riss das Steuer herum und wich nach links aus. Dabei wäre er beinahe auf den Gehweg gerutscht und in ein Schaufenster gekracht. Den Schaulustigen, die sich dort versammelt hatten, stockte der Atem, einige schrien laut auf. Greg sah jetzt auch vermehrt Verletzte am Boden liegen und dass sich Menschen um sie kümmerten. Bei Einem machten zwei Helfer eine Herz-Lungen-Wiederbelebung, Andere gestikulierten wild mit den Armen in der Luft herum, als wollten sie einen Mückenschwarm vertreiben. Auf der Straße lag ein zerstörter Hot Dog Wagen und der Erste der drei Streifenwagen brauste durch die Trümmer. Einige Bruchstücke wurden durch die Luft geschleudert. Eines ließ ein Fenster bersten, ein Anderes traf einen Passanten am Kopf, welcher daraufhin zu Boden ging. Menschen liefen herbei, um nach ihm zu sehen. Der zweite Wagen machte eine Vollbremsung, damit das Gleiche nicht noch einmal geschah. Greg bremste auch, aber zu spät. Er knallte dem Vorausfahrenden hinten drauf, die Bleche verkeilten sich, und so fuhren beide, wie ein Gespann, vorsichtig durch die Überreste des Imbisswägelchens. Als sie hindurch waren, gab der Vordermann Gas, beide Impalas lösten sich, Greg holperte über die letzten Trümmer und beschleunigte ebenfalls wieder.

Während dieser ganzen Zeit herrschte am Funk das reinste Chaos. Besatzungen meldeten sich mit ihren Rufnamen, Greg kannte die meisten von ihnen, nannten Position und Richtung, gaben die Lage durch und forderten Verstärkung und Rettungskräfte an.

Der Fahrer, den sie verfolgten, fuhr immer noch auf der W 4th Street Richtung Westen und würde bald den Hi-View Park erreichen, an dem die Straße einen Bogen machte und in den War Eagle Drive überging. Es wurde immer wahrscheinlicher, dass der Verkehrsrowdy auf der Interstate 29 den Big Sioux River überqueren und so nach South Dakota entkommen wollte.

»Zentrale, hier Wagen Drei, kommen!«, meldete sich eine Stimme aus dem Funkgerät.

»Hier Zentrale Sioux City, sprechen Sie!«

»Wagen Drei hat Sichtkontakt zu dem flüchtigen Fahrzeug. Es handelt sich um einen dunklen Jeep Grand Cherokee. Aber für Einzelheiten sind wir noch zu weit weg. Augenblick mal. Jetzt biegt er nach links in die Colon Street Richtung Süden ab.« Nach wenigen Sekunden meldete Wagen Drei weiter: »Er biegt wieder links ab. Er fährt nun auf der W 3rd Street zurück in Richtung Osten.«

Greg überlegte fieberhaft. Wenn der Flüchtige auf der Parallelstraße in entgegengesetzte Richtung fuhr, brauchte er doch nur eher links abbiegen und konnte ihm mit etwas Glück den Weg abschneiden.

Die Fahrer in den beiden Streifenwagen vor ihm schienen die gleiche Idee zu haben. Die drei Wagen bogen mit schreienden Reifen nach links in die Casselman Street ab und waren erneut zu einer Vollbremsung gezwungen, da durch das Chaos auf der W 4th der Verkehr in den kleineren Seitenstraßen stand. Und abermals rauschte Greg auf das vordere Fahrzeug. Der Beifahrer drehte sich um. Er erkannte Herb Schäfers ärgerliches Gesicht, der ihm mit der flachen Hand einen Scheibenwischer zeigte.

Die drei Fahrzeuge begannen langsam im Schritttempo, sich einen Weg durch die Karawane vor ihnen zu bahnen.

»Zentrale? Hier Wagen Vier. Fordere Unterstützung an und schickt alles, was ihr an Rettungs-, Sanitäts- und Hilfskräften da habt, in die City. Wir stecken auf der Casselman fest. Ach ja, zieht sofort den Rookie hier ab, der ist ja gefährlicher als alle Anderen zusammen.«

Greg erkannte die Stimme von Harry Winchester und er wusste, dass dieser ihn nicht mochte, aber dieses fehlende Vertrauen einem Kollegen gegenüber schmerzte ihn.

»Verstanden Wagen Vier. Wagen Sechs, bitte kommen.« Das war die Stimme von Sam Moore. Greg wusste, was jetzt kommen würde und es passte ihm überhaupt nicht.

»Hier Wagen Sechs, ich höre.«

»Greg, mein Junge, ich weiß, es wird dir nicht gefallen, aber du brichst die Verfolgung jetzt ab und wirst zur Wache kommen, ganz sicher und langsam, und mich hier abholen. Dann werden wir Streife fahren und die Jagd Anderen überlassen. Hast du verstanden?«

Greg legte den Rückwärtsgang ein und eilte zurück um die Kurve. »Ben, tue mir das nicht an. Ein Wagen ist schon ausgefallen, Zwei sitzen erst mal fest und wer weiß, wo die Anderen stecken. Jetzt kommt es auf jeden Einzelnen an und ich bin mir sicher, dass ich ihn kriegen kann. Bitte Sam, wenn du wüsstest, wie es hier aussieht; den Kerl schnappe ich mir.«

»Greg, das ist etwas Anderes, als im Simulator oder auf der Teststrecke. Und du bist alleine, bei einem Rechtsstreit hast du keinen Zeugen, das weißt du.«

Im Hintergrund hörte Greg den Diensthabenden schimpfen: »Sam, hol ihn da raus! Das ist unverantwortlich. Er setzt seine Laufbahn aufs Spiel. Wenn das der Chief mitbekommt ...«

Greg hämmerte den Vorwärtsgang der Automatikschaltung rein und gab Vollgas. Wenn er die nächste Straße links abbiegen würde, in die Prescott Street, die noch vor der Colon kam, könnte er den Raser zwar nicht mehr abpassen, aber zumindest aufholen.

»Greg, tue dir selbst einen Gefallen und brich die Verfolgung ab.«

Im Grunde hatte Sam ja Recht, das wusste Greg. Er war ein Praktikant, ein Auszubildender, und dass er alleine im Dienstwagen nach Hause und zur Station fahren durfte, war schon eine Ausnahme, die lediglich geduldet wurde. Er hätte niemals alleine die Verfolgung aufnehmen dürfen, aber jetzt war er schon so weit, da würde er sich nicht abhängen lassen. Das Jagdfieber hatte Greg gepackt und er hatte keine Zeit, sich Gedanken um die Konsequenzen zu machen, die die Missachtung eines direkten Befehls nach sich ziehen würden. Er warf den Handapparat des Funkgerätes auf den Beifahrersitz und murmelte mehr zu sich selbst: »Tut mir leid.«

»Zentrale, hier Wagen Drei, der Flüchtige ist jetzt direkt vor uns. Er fährt einen schwarzen Grand Cherokee und ist momentan auf der W 3rd Street Richtung Osten.«

»Wagen Drei, haben Sie sein Kennzeichen?«

»Negativ, kein Kennzeichen. Verdunkelte Scheiben. Nichts zu erkennen.«

»Hier Zentrale. Verstanden.«

Greg bog nach links in die Prescott. Er musste immer wieder bremsen und waghalsige Ausweichmanöver fahren. Die Fahrer wussten teilweise überhaupt nicht, wohin mit ihren Wagen in dieser vollen engen Straße. Ein Mann vor ihm hielt an, riss die Fahrertür auf und stieg aus. Er rettete sich mit einem Hechtsprung zurück ins Wageninnere als Greg vorbeibrauste, wobei er mit der offenen Tür kollidierte, diese aus den Angeln riss und einige Meter weit mitschleifte. Um einige Autos herum fuhr er in den Gegenverkehr, um kurz darauf nach links in die W 3rd Street abzubiegen. Die gleiche Szenerie wie zuvor bot sich ihm dar. Er musste erneut bremsen und umkurvte einen Fahrradfahrer, der mitsamt seinem Rad auf der Straße lag. Dann trat er das Gaspedal voll durch. Der Motor des Chevrolet Impala röhrte auf und beschleunigte rasch.

Auf der Dritten kam Greg besser durch. Hier war weniger Verkehr, als zuvor. Dennoch tauchten immer wieder beschädigte Fahrzeuge und verletzte Fußgänger auf.

Anhand der Meldungen von Wagen Drei erfuhr er, dass der Flüchtige sich wieder dem Hamilton Blvd näherte, wo er ursprünglich einmal hergekommen war. Greg fragte sich, warum er das tat. Warum fuhr er diese Schleife und kehrte zum Hamilton zurück? Suchte er etwas? Wusste er gar nicht genau, wohin er wollte? War er verwirrt oder unter Drogen?

»Zentrale? Hier Wagen Drei.«

»Hier Sioux City, sprechen Sie!«

»Der flüchtige Jeep biegt nach rechts ab auf den Hamilton Blvd Richtung Süden.«

»Sioux City, verstanden!«

Der Cherokee musste sich erst durch den Verkehr pflügen. Greg kam dagegen auf dem freigeräumten Weg schneller voran. Er war inzwischen zwei Querstraßen vor dem Hamilton, Höhe der Isabella Street, und konnte bereits in der Ferne die Alarmlichter von Wagen Drei ausmachen, die einen Augenblick später nach rechts abbogen.

Greg erreichte die Kreuzung zum Hamilton, wollte abbiegen und knallte das Bremspedal nach unten. Sein Impala kam stotternd zum Stehen als auch schon drei weitere Streifenwagen mit Höchstgeschwindigkeit genau vor seiner Motorhaube vorbeirasten. Greg gab wieder Gas, bog ab und rauschte hinter ihnen her.

Momente später führte die Jagd unter der Interstate 29 her. Der flüchtige Wagen hielt unvermindert auf die Staatsgrenze zu. Greg merkte, dass es verdammt eng werden würde, wollten sie den Jeep stoppen.

Da Wagen Drei sie alle permanent per Funk über die Fluchtroute auf dem Laufenden hielt, bog der Polizeikonvoi direkt hinter der Unterführung nach links auf den Zubringer zur I 29 ab. Sie fuhren aber nicht auf die Interstate auf, sondern hielten sich rechts Richtung Wesley Parkway. Greg vermutete, dass der Cherokee dort nach rechts zur Combination Bridge über den Missouri River abbiegen würde. Und dann wären es nur noch wenige Meter bis nach Nebraska. Der Fluss bildete die Staatsgrenze. Wäre der Wagen erst einmal auf der Brücke, dann hätten Greg und seine Kollegen keine Möglichkeit mehr, ihn zu stoppen.

Ihm fiel ein, dass Wagen Drei gemeldet hatte, das Fahrzeug besäße kein Nummernschild. War das Auto gestohlen? War mit ihm ein Verbrechen begangen worden? Oder sollte eines begangen werden, als irgendetwas dazwischen kam?

Der Tross bog am Wesley Pkwy nach Süden ab, das Gelände stieg jetzt leicht an und führte hinauf zur Brückenauffahrt. So konnte Greg das erste Mal den schwarzen Wagen sehen, der für das ganze Chaos verantwortlich war. Ihm folgten vier Streifenwagen, er selbst fuhr den Fünften und im Rückspiegel konnte er noch zwei weitere Wagen erkennen.

Der Jeep war beinahe auf der Brücke, sie würden zu spät kommen. Ein Polizeihelicopter stand in der Luft über dem Missouri, bloßer Beobachter des Endes der Hochgeschwindigkeitsverfolgung auf Iowa Staats Territorium.

Der Geländewagen brauste die Auffahrt hinauf und hatte nur noch wenige Meter vor sich, die vorderen beiden Streifenwagen bremsten scharf ab, wollten ihn ziehen lassen und kamen am rechten Fahrbahnrand zum Stehen. Die nächsten Zwei rollten an ihnen vorbei und hielten ebenfalls an, sie schalteten die Sirenen ab, ließen aber die Rundumleuchten noch kreisen.

Gregs Gedanken schienen mit dem Fahrer des schwarzen Jeeps zu entschwinden. Er hatte noch gar nicht reagiert, raste am ersten stehen gebliebenen Streifenwagen vorbei und hörte gar nicht auf den Funkverkehr: »Hier Wagen Drei, der Flüchtige fährt soeben auf die Combination.«

»Verstanden. An alle Einheiten, Verfolgung abbrechen, die Behörden in Nebraska sind bereits verständigt. Kommt erst mal alle zurück in den Stall.«

Alle Wagen, bis auf Greg, bestätigten die Anweisung. Er war seltsam abwesend und dachte gar nicht daran, dass er sich der Staatsgrenze näherte. Sollte er sie im Dienst überqueren, würde das eine Disziplinarmaßnahme nach sich ziehen. Er dachte eigentlich an gar nichts, seine Gedanken flogen einem Vogel gleich durch die Lüfte.

Plötzlich bremste der Jeep stark ab. Seine Bremsleuchten strahlten hell und rot auf, sein Fahrer riss das Steuer herum und wendete fast auf der Stell um hundert achtzig Grad und der Wagen kam so zum Stillstand. Greg sah tanzende Lichtreflexe auf seiner Windschutzscheibe und raste heran.

Da gab der Jeepfahrer Gas und der Cherokee schoss auf ihn zu.

Das Lied des Steines

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