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4.4Individuelle Zuspitzungen der basalen Evolutionsprinzipien der menschlichen Natur

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Generell sind in jedem Menschen beide Prinzipien angelegt. Aber individuell gibt es große Unterschiede. So verkörpert das oben beschriebene Persönlichkeitsprofil der Kaltblütig manipulativen Persönlichkeit (KmP) eine individuell extreme Ausprägung beider Prinzipien: eine sehr geringe Ausprägung des Kooperationspotenzials auf der einen und eine extrem starke Ausprägung der egoistischen Selbstbehauptung auf der anderen Seite. Es ist klar, dass die individuelle Akzentuierung der egoistischen Selbstbehauptung häufig mit negativen Folgen für andere Menschen verbunden ist.

Es gibt auch das genaue Gegenteil. Das sind Menschen, die in übertriebener Weise an das Gute aller anderen Menschen glauben. Dadurch verkennen sie Risiken und neigen auf unkritische Weise zu einer naiven Gutmütigkeit. Besonders deutlich wird eine individuelle Übersteigerung des Kooperationspotenzials der menschlichen Natur auf Kosten der egoistischen Selbstbehauptung bei Personen mit einer Dependenzproblematik. Sie haben die Tendenz, ganz und gar in der sozialen Beziehung aufzugehen und die eigene Identität übertrieben stark zu relativieren. Darum besteht bei ihnen die Gefahr, dass sie anderen Menschen zu viel Macht über die eigene Person geben.

Dazu habe ich an anderer Stelle ausgeführt: »Von anderen Menschen abhängig zu sein und sich ihnen unterzuordnen, kann ein angemessenes Verhalten sein. So ist Abhängigkeit in der kindlichen Entwicklung normal. Neben einer bestimmten Lebensphase kommen Abhängigkeiten und Unterordnung auch kontextbezogen vor. Im Militär, als Patient im Krankenhaus oder als Mitglied eines Arbeitsteams können mehr oder weniger stark ausgeprägte Aspekte von Abhängigkeit und Unterordnung ein adäquates Verhalten sein. Demgegenüber gibt es aber Situationen, in denen die Unterordnung eigener Interessen und Bedürfnisse unter diejenigen einer anderen Person […] ein auffälliges Verhalten sein kann. Die Unangemessenheit eines unterordnenden und abhängigen Verhaltens stellt somit ein wichtiges Kriterium der Dependenzproblematik dar.«

Für die Diagnose einer dependenten Persönlichkeitsstörung gibt es folgende Kriterien:

1.»Bei den meisten Lebensentscheidungen wird an die Hilfe anderer appelliert oder die Entscheidung wird anderen überlassen.

2.Unterordnung eigener Bedürfnisse unter die anderer Personen, zu denen eine Abhängigkeit besteht, und unverhältnismäßige Nachgiebigkeit gegenüber den Wünschen anderer.

3.Mangelnde Bereitschaft zur Äußerung angemessener Ansprüche gegenüber Personen, zu denen eine Abhängigkeit besteht.

4.Unbehagliches Gefühl beim Alleinsein aus übertriebener Angst, nicht für sich allein sorgen zu können.

5.Häufige Angst, von einer Person verlassen zu werden, zu der eine enge Beziehung besteht, und auf sich selbst angewiesen zu sein.

6.Eingeschränkte Fähigkeit, Alltagsentscheidungen zu treffen ohne ein hohes Maß an Ratschlägen und Bestätigungen von anderen.

7.Zusätzlich können sich die Betreffenden selbst hilflos, inkompetent und nicht leistungsfähig fühlen (Weltgesundheitsorganisation 1999).« [13] zitiert nach [11, S. 236–237]

Die Zuspitzungen der beiden zentralen evolutionären Prinzipien der menschlichen Natur in Form individuell problematischer Persönlichkeitsprofile verdeutlichen, welches die positiven Aspekte des jeweils entgegengesetzten Pols sind. Durch eine individuell überdurchschnittliche Ausprägung der egoistischen Selbstbehauptung werden die Umwelt und vor allem andere Menschen geschädigt. Durch eine individuell überdurchschnittliche Ausprägung des Kooperationspotenzials erfährt vor allem die betroffene Person selbst Nachteile.

Darwin schlägt Kant

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