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c) Die nutzungsbezogene Allgemeinverfügung (§ 35 S. 2, 3. Var. VwVfG)

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Eine Allgemeinverfügung ist nach dem Willen des Gesetzgebers schließlich ein VA, der die Benutzung einer Sache durch die Allgemeinheit betrifft. „Allgemeinheit“ ist ausschließlich personal zu verstehen; es handelt sich um die Benutzung einer Sache durch eine unbestimmte Vielzahl von Personen. Die dritte Variante der Allgemeinverfügung erfasst – um sie von der zweiten Variante mit Hilfe eines Beispiels abzugrenzen – nicht die grundsätzliche Benutzbarkeit der Sache (diese ist von der zweiten Variante erfasst), sondern die Rechte und Pflichten der Benutzer: Es geht um Benutzungsregeln. Diese gelten für alle potenziellen Benutzer; der Kreis der Benutzer ist unbegrenzt. Allerdings können teilweise auch beide Varianten erfüllt sein: So bildet etwa die Widmung einer Straße das zentrale Merkmal für die Entstehung des öffentlich-rechtlichen Status einer Straße. Zugleich werden Art und Umfang ihrer Benutzung durch die Widmung bestimmt (s.u. Rn 1070).

Beispiele:

Benutzungsregeln einer Fachbereichsbibliothek;
Düngeverbote in einem Wasserschutzgebiet[115].

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Eine von einer staatlichen oder kommunalen Institution unterhaltene Bibliothek ist rechtlich gesehen typischerweise eine Anstalt (s.o. Rn 145 ff). Früher verstand man die Beziehung des Benutzers zur Anstalt als besonderes Gewaltverhältnis, dessen Inhalt durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden durfte. Die Rechtsfigur des besonderen Gewaltverhältnisses hat die herrschende Meinung aufgegeben (s.o. Rn 259 f). Die Lücke, die die Abschaffung des besonderen Gewaltverhältnisses in Bezug auf die Benutzungsregeln öffentlich-rechtlicher Anstalten hinterließ, füllt die benutzungsregelnde Allgemeinverfügung.

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Soweit nicht entsprechend der Wesentlichkeitstheorie des BVerfG[116] eine Regelung durch Rechtssatz zu treffen ist – das ist anzunehmen, wenn die Regelung wesentlich für die Verwirklichung von Grundrechten ist –, ist die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses durch Allgemeinverfügung möglich. Dieses Mittel gestattet jedenfalls den Erlass „interner Ordnungsvorschriften“[117]. Dafür ein

Beispiel:

Einen festen Arbeitsplatz in der Bibliothek des Fachbereichs Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin erhalten Studenten, denen ein hier lehrender Professor bescheinigt, dass sie seine Doktoranden sind.

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Lösung Fall 9 (Rn 346):

Der Wassersparaufruf könnte als Allgemeinverfügung und damit als VA oder als Rechtsnorm anzusehen sein. § 35 S. 2 unterscheidet drei Arten von Allgemeinverfügungen: die adressatenbezogene, die sachbezogene und die gemischt sach- und personenbezogene, benutzungsregelnde Allgemeinverfügung. Der Unterschied der ersten beiden Varianten von Allgemeinverfügung zur Rechtsnorm liegt im Adressatenbereich. Eine Allgemeinverfügung liegt vor, wenn der Personenkreis, an den sie sich richtet, im Zeitpunkt ihres Erlasses wegen der Konkretheit des geregelten Sachverhalts bestimmt oder bestimmbar ist. Bei einer Rechtsnorm ist der betroffene Personenkreis immer offen; er ist oder kann in jedem Zeitpunkt der Normgeltung ein anderer sein. Mit Blick auf die Benutzungsregelung liegt die Abgrenzung zum Rechtssatz allein in der Konkretheit des Bezugsobjekts. Der Wassersparaufruf ist eine Allgemeinverfügung iSd dritten Variante von § 35 S. 2. Er regelt die Benutzung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt (dazu auch Rn 1092). Die Trinkwasserversorgung der Gemeinde Marienburg ist eine öffentliche Einrichtung in Form einer Anstalt. Benutzungsregelungen solcher Anstalten genügen dem Begriff der Allgemeinverfügung.

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