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7.

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Eine knappe halbe Stunde später erreichten die Arwenacks den Konvoi. Hasard segelte auf Rufweite an die „Isabella“ heran und informierte Jean Ribault über die letzten Ereignisse sowie über das, was er plante, nämlich die Verfolgung und Niederkämpfung der Kriegskaravelle „El León“, die Cadiz nicht erreichen durfte.

Jean Ribault zeigte verstanden.

„Wartet noch, bis die ‚Respeto‘ zu euch aufgeschlossen hat!“ setzte Hasard hinzu. „Und behaltet sie auch im Auge! Die scheinen einen an Bord zu haben, der gern mit dem Feuerchen spielt.“

„Wir passen auf!“ rief Jean Ribault. „Gute Fahrt und viel Glück!“

„Danke!“

Und damit ging die Schebecke auf den ostwärtigen Kurs, den Dan O’Flynn berechnet hatte.

Die Jagd begann.

Der Wind meinte es gut. Er wehte weiterhin aus dem südwestlichen Sektor und zeigte keinerlei Tendenz, einzuschlafen. Der Himmel war fast frei von Wolken. Die Schebecke segelte über Backbordbug auf Raumschotskurs.

Die Arwenacks wußten, um was es ging. Sie mußten aus ihrem Schiffchen herausholen, was nur möglich war. Dazu gehörte die ständige Kontrolle der Segelstellung, um den Wind optimal auszunutzen. Und die Arwenacks bewegten oder befanden sich möglichst in Luv am Steuerbordschanzkleid, um ihr Gewicht auf die Kante zu bringen. Sie hatten längst herausgefunden, daß die Schebecke schneller segelte, wenn sie nicht zu sehr nach Lee krängte. Außerdem bot sie, wenn sie aufrechter gesegelt wurde, dem Wind mehr Segelfläche, was wiederum mehr Vortrieb brachte.

„Wenn wir bloß mehr Segel setzen könnten“, knurrte Hasard.

Aber eine Schebecke führte eben nur die drei Lateinersegel Fock, Großsegel und Besan. Die drei Pfahlmasten hatten keine Stengen, um sie zu verlängern und dort noch Tuch setzen zu können.

Dennoch war Hasards Bemerkung das Stichwort. Roger Brighton, Bruder Ben Brightons und Takelmeister der Arwenacks, sowie Will Thorne, der alte Segelmacher, nickten sich zu und enterten aufs Achterdeck.

„Bitten, dich sprechen zu dürfen, Sir“, sagte Roger Brighton.

Hasard lächelte. „Warum so förmlich, Roger? Habt ihr einen Kummer?“

„Keinen Kummer, einen Vorschlag, Sir“, erwiderte Roger Brighton. Will Thorne nickte dazu. Er war einer von den Stillen an Bord.

Hasard horchte auf. Wenn der Takelmeister und der Segelmacher einen Vorschlag hatten, dann hatte das was mit den Segeln zu tun.

„Da bin ich aber gespannt“, sagte er.

„Will und ich haben was Verrücktes ausgeknobelt und auch gleich angefertigt, um es mal bei Gelegenheit auszuprobieren. Als du sagtest: Wenn wir bloß mehr Segel setzen könnten, da dachte ich, daß das jetzt eine gute Gelegenheit wäre. Wenn’s aber nicht klappt oder sich als Unsinn herausstellt, dann möchten Will und ich nicht ausgelacht werden. Jeder schießt mal ’n Bock.“

„Wer darüber lacht, kriegt’s mit mir zu tun“, sagte Hasard grimmig. „Aber daß ihr beiden Böcke schießt, kann ich mir nicht denken. Also, was ist es?“

„Wir holen es“, sagte Roger Brighton und zwinkerte Will Thorne zu. „Es ist ein neues Segel, und das muß statt der Fock am Vormast gesetzt werden. Aber es ist größer als die Fock und bringt demzufolge mehr Segelfläche – wie du das gewünscht hast, Sir.“

„Muß die Fock geborgen werden?“ fragte Hasard.

„Ja, denn wir brauchen das Fall.“

„Na, denn mal los. Ed, bergt die Fock!“

„Aye, Sir, Fock bergen!“ brüllte der Profos und scheuchte ein paar Mannen zum Vorschiff.

Sie geiten die Fock auf – trotz der Raumschotsfahrt –, fierten die Fockrahruten an Deck hinunter und tuchten das Segel auf. Es war von fünf Männern ohne weiteres zu bändigen. Normalerweise wurde ein Segel erst geborgen, wenn das Schiff in den Wind gegangen war. Aber sie wollten keine Zeit verlieren, und es ging auch so, wenn mehrere Fäuste kräftig zupackten, um die Rahrute an Deck zu zerren.

Gary Andrews schlug das Fockfall ab und behielt es in der Hand. Roger Brighton und Will Thorne erschienen und schleppten ein zusammengepacktes Segel zum Vormast. Sie nahmen es auseinander – mächtig viel Tuch – und Will Thorne hob eine brettchenverstärkte Spitze an, deren Dreieck mit einem Gatchen, einem Loch, versehen war.

„Hier bitte das Fall anschlagen, Gary“, sagte er.

„Palstek?“ fragte Gary.

„Ich bitte darum.“ Will Thorne war immer ein höflicher Mensch. Im Moment war er ein bißchen aufgeregt. „Aber noch nicht vorheißen.“

„Alles klar, Will. Das Tuch ist nicht so dick wie das der Fock, eh?“

„Stimmt, es ist leichter.“

Inzwischen hatte Roger Brighton zwei Ecken aus dem Segelwust gefischt, die ebenfalls mit Brettchen verstärkt waren und Gatchen hatten.

„Das sind die Halsen“, erklärte er Hasard, der aufmerksam dabeistand und beobachtete.

„Für eine Luv- und eine Leeschot?“ fragte er.

„Genau, Sir.“ Roger schlug die beiden Schoten an und beorderte je zwei Männer, die sie übernehmen sollten.

„Jetzt kommt der große Moment …“, begann er.

Carberry unterbrach grinsend: „… wo der Elefant ins Wasser rennt!“

„Falsch!“ tadelte Roger Brighton und grinste ebenfalls und geradezu jungenhaft. „Jetzt kommt der große Moment, wo ‚El Tigre‘ schneller rennt!“ Er drehte sich zu Gary um. „Heiß vor – die Tüte!“

Gary Andrews holte das Fockfall durch, und der Kopf des neuen Segels, seine obere Ecke, stieg nach oben, der Wind stieß hinein, beulte das Segel, und es zeigte sich, daß es dreieckig geschnitten war. Aber es hatte einen tiefen Bauch und sah aus wie die eine Hälfte einer Blase oder eines Tropfens: oben spitz und nach den Seiten sich verbreiternd bis hin zu den beiden unteren Ecken, den Halsen, an denen die Schoten angeschlagen waren.

Die standen jetzt stark unter Zug. Die Blase geigte hin und her wie ein Drachen und mußte mit den Schoten gezügelt werden. Aber dann stand sie Backbord voraus und etwas vom Vormast entfernt – und da zog die Schebecke wie ein Rennpferd los.

Der Bug zischte durch die See, auf beiden Seiten stoben Gischtfahnen davon.

„Wir laufen mehr Fahrt als sonst!“ brüllte Dan O’Flynn vom Achterdeck her. „Schätze siebzehn bis achtzehn Knoten!“

„Du meine Fresse!“ murmelte der Profos erschüttert. „Da zieht’s dir glatt die Hose aus, und die Perücke fliegt davon!“

Die Kerle jubelten und brüllten und schrien, hauten sich gegenseitig auf die Schultern und hüpften herum wie auf einem Kirmesfest.

Es war tatsächlich sagenhaft.

Die Schebecke hatte ihre Marschgeschwindigkeit bei diesem Wind und den üblichen Segeln um mehr als die Hälfte erhöht. Sie lag auch mehr über und mit dem Bug etwas tiefer, weil die Blase da vorn wie verrückt zog.

Hasard bemerkte es und beorderte die Mannen, die nicht an dem neuen Segel gebraucht wurden, nach achtern und nach Luv.

Zuerst war er sprachlos gewesen und hatte dieses Ding, das Will Thorne aus mehreren Bahnen Segeltuch in waagerechten Streifen zusammengenäht hatte, mißtrauisch angestarrt, als es begann, sich aufzublähen und nach unten zu verbreitern.

Mein Gott, hatte er gedacht, was haben die da bloß ausgeheckt! Ein Segel mit einem derart verrückten Schnitt hatte er noch nie gesehen. Er hatte schon Befehl geben wollen, diesen Unsinn abzubrechen, da hatte sich das Segel wie eine Blase aufgebläht, und die Schebecke war mit einem Ruck angesprungen, ja, wie ein Pferd, dem die Peitsche gegeben worden ist.

Und jetzt raste sie – um im Bild zu bleiben – im gestreckten Galopp über die See. Dieses blasenförmige Segel zog den Dreimaster mit unheimlicher Kraft vorwärts.

Will Thorne hatte ein glückliches Lächeln auf dem verwitterten Gesicht, Roger Brighton grinste bis zu den Ohrläppchen.

„Kutscher!“ donnerte Hasard über die Kuhl. „Ein Fäßchen Rum für Will und Roger! Sofort! Wenn ich darum bitten darf!“

Er wandte sich den beiden zu, haute ihnen auf die Schultern und sagte begeistert: „Ihr verdammten Satansbraten! Wie seid ihr nur auf diese Wahnsinnsidee verfallen?“

Will Thorne sagte gar nichts und senkte nur den Kopf, aber Roger Brighton platzte heraus: „Das war Wills Idee, Sir. Er zeigte mir eines Tages ein paar Skizzen von dem Ding, erklärte mir, was das sein sollte, und fragte mich, was ich davon hielte. Ich nannte ihn einen Spinner, aber er ließ nicht locker, und dann fing ich an, nachzudenken und sagte mir: Warum eigentlich nicht? Probieren geht über Studieren. Versuchen wir’s doch mal. Dann haben wir einen Schnitt angefertigt und lange herumgefummelt, um den Bauch in das Ding zu kriegen – na bitte, hat doch geklappt!“

„Und wie!“ Hasard lachte den alten Segelmacher an. „Los, Will, heraus mit der Sprache! Wie bist du darauf gekommen?“

„Ganz einfach, Sir“, sagte Will Thorne, „im Grunde habe ich nur das Prinzip des Blindesegels übernommen, das mir aber wegen der Blinderah zu unhandlich erschien. Ich brütete lange an einer Lösung. Du kennst die Sonnenschirme der feinen Ladies, Sir?“

„Ja.“ Hasard nickte verdutzt.

„Als wir zuletzt in London waren“, fuhr Will Thorne fort, „sah ich eine solche Lady auf dem Deich mit so einem Schirm spazierengehen. Ein Schirm ist kreisförmig und kann in vier Viertel geteilt werden. Unser Segel ist in etwa einem solchen Viertel nachgebildet. Die Idee dazu kam mir, als die Lady auf dem Deich gewissermaßen mit dem Schirm vor den Wind ging. Da fuhr eine Bö hinein, und der Schirm segelte davon. Merkwürdigerweise sah ich die Schirmkrücke plötzlich als Mast – als unseren Vormast und an ihm das dreieckige Schirmsegment, das ich mir als Form eines Segels vorstellte. Das war die Idee. Mit Roger konnte ich sie verwirklichen. Er hatte zusätzlich die Idee, den Luv- oder Leehals – besser den Leehals – mit einer Spiere auszuspreizen und zu stützen, was dem Segel möglicherweise einen noch besseren Stand gibt. Dürfen wir das noch ausprobieren?“

„Natürlich.“

Die beiden Kerle hatten wirklich an alles gedacht – und es auch zur Hand. Roger Brighton rückte mit einer Spiere an, die länger und etwas dicker als ein Bootshaken war. An dem einen Ende hatte sie auch eine metallene Spitze, nur der Haken war abgesägt. Das andere Ende war mit einer ebenfalls metallenen Gabel versehen, der vergrößerten Ausgabe einer Dolle oder Rudergabel.

Roger schwenkte die Spiere nach Lee, schob die Spitze in das dortige Halsgatchen und stemmte das Gabelende an den Fockmast – die Gabel umfaßte ihn zur Hälfte. Jetzt konnte das Segel, wie Roger gleich darauf demonstrierte, hin und her geschiftet werden – etwas mehr nach vorn oder mehr seitlich. Tatsächlich stand es jetzt noch besser. Man brauchte es nur mit der Luvschot zu trimmen.

„Phantastisch“, murmelte Hasard, „einfach phantastisch.“

„So phantastisch nun auch wieder nicht“, schränkte Will Thorne bescheiden ein. „Bedenke bitte, Sir, daß wir dieses Segel nur raumschots oder vor dem Wind benutzen können. Und wenn wir noch mehr Wind haben, müssen wir den Vormast vorsichtshalber noch zusätzlich mit Preventern abstagen. Du siehst jetzt schon, daß er einen leichten Fall nach vorn hat. Zum Glück halten Pfahlmasten einiges aus. Ich habe übrigens berechnet, daß das neue Segel dreiviertel mehr Segelfläche hat als die Fock.“

„Es ist und bleibt phantastisch“, beharrte Hasard, „und das ohne jegliche Einschränkung. Ich gestehe, als ich das Ding sah, hielt ich euch beide für ziemlich verrückt. Da fehlte mir wohl offenbar die Vorstellungskraft.“

„Wenn ich in der Segelkammer sitze und nähe, habe ich Zeit, nachzudenken, Sir“, sagte Will Thorne still. „Ich kann mich konzentrieren, niemand stört mich. Du hast einen Traum, aus dem eine Idee wird. Und dann brauchst du die Idee nur zu verwirklichen. So einfach ist das.“

Hasard seufzte. So einfach war das!

Der Kutscher und Mac Pellew brachten das Fäßchen Rum, und Hasard überreichte es den beiden Helden des Tages. Für die war es Ehrensache, mit allen Arwenacks einen zur Brust zu nehmen, daß heißt, den Rum nicht allein und heimlich wegzugluckern.

Die Mucks waren schnell zur Hand und wurden gefüllt.

„Drei Hurras für Will und Roger!“ rief Hasard und hob seine Muck. „Sie mögen leben – und das neue Segel auch!“

Schon wollte er das erste „Hurra!“ anstimmen, da rief Ben Brighton: „Halt! Bitte um Verzeihung, Sir! Aber wir sollten das neue Segel auch taufen und ihm einen Namen geben. Neues Segel klingt mir zu nichtssagend.“

„Hurra zurück, bitte um Vorschläge!“ sagte Hasard.

Alle starrten zu dem Segel, Denkfalten auf der Stirn.

„Spitzbusen!“ röhrte der Profos in die Stille.

Das Gelächter und Gejohle folgte auf dem Fuße. Auch Sir John kreischte mit, und Arwenack hüpfte auf und ab in sichtlich guter Laune.

Einzig der Kutscher verzog keine Miene. Sie war sozusagen vereist. Außerdem war er noch sauer wegen des Suppenkessels. Immer dieser Profos. Und Einfälle hatte der!

Als wieder Ruhe einkehrte, räusperte er sich und sagte kühl: „Ich halte das, was da eben als Name für ein Segel geäußert wurde, für äußerst geschmacklos, wenn nicht für unanständig. Aber es ist ja allgemein bekannt, wer hier an Bord so etwas ausbrütet …“

Mac Pellew kicherte und empfing von seinem Kombüsengenossen einen verweisenden Blick, einen mit Frost und Eis drin, was den guten Mac aber nicht im geringsten störte.

„Ich finde“, tönte der dürre Griesgram – er war richtig aufgedreht –, „Eds Vorschlag vortrefflich, will sagen, er trifft genau den Kern.“

„Natürlich!“ fuhr ihn der Kutscher an. „Du hast ja auch nur Weiber im Kopf, was anderes paßt da nicht rein!“

„Hast du einen besseren Vorschlag?“ fragte Mac spitz.

„Jawohl!“ Der Kutscher reckte sich. „Windsbraut!“ Und er blickte sich triumphierend um. „Das klingt nach was! Da steckt Symbolik drin – das Brausen der Winde, das Jubeln der Braut, eine Sinfonie der Sphären, die sich jauchzend vereinen!“

„Du kriegst dich nicht mehr ein“, murmelte der Profos entgeistert. „Was ist denn das für ein Quasselkram? Hast du noch alle beisammen?“

„Das ist lyrisch“, erklärte der Kutscher von oben herab. „Davon verstehst du nichts, weil du ein Banause bist und nie von den Musen geküßt wurdest.“

„Kann ich auch drauf verzichten“, entgegnete der Profos trocken. „Eine Lady aus Fleisch und Blut und mit Spitzbusen ist mir lieber als deine Musentanten.“

„Mir auch!“ pflichtete Mac Pellew bei und reimte: „Am Busen der Musen kann man nicht schmusen!“

Der Kutscher hätte fast die Hände gerungen.

Aber die Arwenacks kicherten und gackerten. Es war wieder köstlich, den drei Streithähnen zuzuhören, wobei Mac und der Profos gegen den Kutscher zusammenhielten, der nun wahrlich den Boden etwas zu „lyrisch“ überspannt hatte.

Jedenfalls fiel die „Windsbraut“ des Kutschers bei der Abstimmung glatt durch – nur der Kutscher stimmte für sich selbst – und Carberrys „Spitzbusen“ als Name für das neue Segel wurde einstimmig angenommen, wobei sich Will Thorne der Stimme enthielt.

Die drei „Hurras“ für Will Thorne und Roger Brighton sowie den „Spitzbusen“ donnerten über die See und wurden mit Rum begossen, wie sich das gehörte. Der Inhalt einer Rummuck flog in das windgefüllte Segel, ausgeschüttet vom Namensgeber Edwin Carberry.

„Ich taufe dich auf den Namen ‚Spitzbusen‘“, röhrte er, „und wünsche dir allzeit gute Fahrt und einen prallen Stand!“

Seewölfe Paket 33

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