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5.

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Von der „Isabella“ aus sah das „Stimmungsbild“ ganz anders aus.

Kaum hatten sie sich freigesegelt und Fahrt aufgenommen, da hing ihnen der dicke Brocken unvermittelt im Genick.

An der Hektik und Aufregung erkannte Jean Ribault eindeutig, daß es jetzt gleich zur Sache gehen würde, denn alle Dons waren auf Gefechtsstationen.

Jeder Fetzen Tuch war gesetzt, aber die Lady hatte ihr eigentliches Tempo bei diesem Wind noch nicht drauf. Dazu würde sie noch etliche Minuten brauchen.

Die malerische Bucht verschwand achteraus. Karl von Hutten legte Ruder und jagte unter vollem Preß weiter.

Minuten schleppten sich wie Stunden dahin. Noch immer schien die Kriegsgaleone aufzuholen.

„Jetzt müßten sie feuern“, sagte Roger Lutz. „Ich würde es jedenfalls tun, wenn ich der Don wäre. Oder wollen die unsere Nerven bis zum Äußersten strapazieren?“

„Sie wollen ganz sichergehen“, erwiderte Tom Coogan und strich über seinen gepflegten Bart. „Wenn ich an die unteren Brocken denke, dann wird mir ganz heiß.“ Er zeigte mit der Hand zu dem unteren Batteriedeck der Galeone, wo riesige Rohre hervorlugten.

In dem Dunkel dahinter waren undeutlich Dons zu erkennen, die an den schweren Stücken hantierten.

Der Profos wollte auch noch seinen Senf dazugeben, doch als er den Mund öffnete, blitzte es drüben auf. Trotz des gleißenden Sonnenlichts war das grelle Feuer deutlich zu erkennen – und danach natürlich der dicke, fast schwarze Qualm, der aus den Stückpforten drang.

Das Rohr brüllte auf, spie einen langen Strahl aus und verschwand dann wie von Geisterhänden zurückgezogen im Leib des Schiffes.

Als der Profos noch blinzelte, zuckten drei weitere Blitze auf wie lange Feuerzungen aus der Tiefe der Hölle.

„Verdammt noch mal“, murmelte er, „die lassen aber gleich richtig die Kuh fliegen.“

Hinter dem Achterkastell der „Isabella“ schlug es ein. Das Klatschen der Kugel war überlaut zu hören.

Das Meer schien vor Zorn zu brüllen, als es aus seiner Ruhe gerissen wurde. Es erhob sich in der Form baumdicker Säulen und stieg gischtend und brausend zum Himmel. Aus dem Nichts entstand eine Wasserwand, die einen Teil der nachsegelnden Galeone unsichtbar werden ließ.

Weitere Säulen wuchsen mit ungeheurer Wucht hervor und standen wie hingezaubert auf dem Wasser.

„Jetzt müßte man den Arsch einziehen können“, wetterte Carberry, „aber das geht bei einem Schiff leider nicht.“ Er bereitete sich sehr sonderbare Sorgen, der Profos.

Seine Worte verstand ohnehin niemand. Das Tosen der See und die brüllenden Abschüsse überlagerten jedes andere Geräusch.

Hinter ihnen, etwa achtzig Yards entfernt, gab es einen kuriosen Wasserfall, der fast lieblich anzusehen war, brächte er nicht den Tod mit sich.

Anfangs in kleinen Punkten, dann in riesigen Säulen, brachen Wassermassen aus dem Meer. Wie Perlen an der Schnur sahen sie aus, wenn sie wieder in sich zusammenfielen.

Aus dem Riesenleib des Verfolgers zuckten die Blitze jetzt in rascher Folge. Dröhnen und wütende Hammerschläge schüttelten die Luft. Ein Vierfrontengewitter war ein Klacks dagegen. Der Donner grollte weit über die See und wurde meilenweit getragen.

Die Vierzig-Pfünder richteten keinen Schaden an, denn sie lagen ausnahmslos zu kurz. Aber jetzt wurde es bedrohlicher, als die Schiffsartillerie kleinere Stücke einsetzte, die weitertrugen.

Aus den Rohren knallte es jetzt. Da war auch kein Dröhnen und Grollen mehr, es war ein Belfern, das wie Eisen auf Eisen klang, obwohl die Dons nur Steinkugeln verwendeten.

Ein wüster, unglaublich greller Blitz ließ die Männer zusammenfahren. Der Eindruck entstand, als sei im mittleren Deck ein Faß Schießpulver hochgegangen.

Sie warten auf den berstenden Einschlag und hatten das Gefühl, als habe der Spanier die dreifache Pulvermenge genommen.

Eine schwarze Fahne wehte aus der offenen Stückpforte. Dahinter war für lange Augenblicke absolut nichts zu erkennen. Für eine Weile schwiegen auch die Geschütze.

Dann zerfaserte der Wind den Pulverdampf, und da war deutlich zu sehen, daß eins der Geschütze krepiert war. Neben der Stückpforte klafften gezackte Löcher im Rumpf. Alles war dunkel und schwarz verkohlt. Das Schreien verwundeter Männer war zu hören.

Die schwimmende Festung, deren brüllende Ungeheuer sekundenlang den wilden Atem angehalten hatten, begann erneut Feuer zu speien. Diesmal fast aus allen Rohren.

Die „Isabella“ wurde mit weiteren Kugeln eingedeckt, die diesmal höllisch dicht lagen. Ein paar Schauer überbrausten das achtere Deck bis fast zum Ruder.

Ribault, von Hutten und der Schwarze Dogon wurden durchnäßt. In ihren Ohren klang lautes Gebrüll auf, und sie zogen unwillkürlich das Genick ein, als etwas pfeifend an ihnen vorbeistrich.

„Sie holen nicht mehr auf!“ schrie der Franzose durch den Höllenlärm. „Wir haben fast die gleiche Geschwindigkeit, werden aber langsam schneller als sie. Hoffentlich haben wir Glück.“

„Daumen halten!“ brüllte von Hutten zurück.

Die Dons luden nach. Zum Glück konnten sie die andere Breitseite nicht einsetzen. Sie sahen nur die schmale Silhouette, die Ribault ihnen bot und hielten aus allen Rohren drauf, bis sich der Winkel veränderte. Noch härter nach Backbord konnten sie nicht ablaufen, ohne einen beträchtlichen Zeitverlust in Kauf zu nehmen.

Das war der Augenblick, als es auf der „Isabella“ einschlug. Ein Zehn-Pfünder orgelte heran und bohrte sich mit überlautem Krach ins Schanzkleid des Quarterdecks.

Holzsplitter regneten durch die Luft. Die Männer, die in unmittelbarer Nähe standen warfen sich instinktiv auf die Planken. Eine zweite Kugel heulte dicht an ihnen vorbei.

Carberry vergrub das Gesicht in den Händen, als um ihn herum die Fetzen flogen. Es hörte sich sehr übel an. Heiß fuhr es ihm knapp über den Kopf, und er fluchte laut.

Neben dem Rumpf stiegen weitere Säulen aus dem Wasser. Sie lagen so knapp, daß Jean Ribault befürchtete, es werde gleich noch einmal mit berstender Gewalt einschlagen.

Doch inzwischen hatte die „Isabella“ an Fahrt gewonnen, und die Säulen blieben langsam als gischtende Punkte in der See zurück. Sie wanderten immer weiter achterlich aus, bis der Franzose aufatmete.

Der Don versuchte sein Glück mit Fünf-Pfündern, doch auch die erreichten ihr Ziel nicht mehr und verschwanden wirkungslos im brodelnden Kielwasser. Nur noch eine Kugel lag ganz nahe.

Unter vollem Preß segelten sie nach Norden, verfolgt von dem wütenden Don, der sein Geballer noch nicht aufgab, obwohl er erkennen mußte, daß es immer sinnloser wurde.

Sie schossen nur noch aus Wut und Enttäuschung und vergeudeten Kugeln und Pulver.

Sie setzten auch noch Musketen ein, deren wildes Geknatter Jean Ribault und seinen Mannen nur ein höhnisches Lachen entlockte.

„Das war’s, Freunde!“ rief er trocken, als sich der Abstand zwischen den beiden Schiffen weiter vergrößerte. „Jetzt werden wir uns mal das Andenken der Dons ansehen.“

Auf der Kuhl lag eine pechschwarze Steinkugel vom Gewicht eines Zehn-Pfünders. Sie war es, die das Schanzkleid durchschlagen hatte.

Reste von sandartigem groben Pulver klebten noch an ihr, und sie rauchte ein wenig. Es war nur ein dünner Faden Rauch, der von ihr aufstieg. Der Geruch des Pulvers war unangenehm.

Der fett wirkende Koch Eric Winlow starrte das qualmende Gebilde angewidert an, strich mit der Hand über seine Glatze und schickte sich an, die Steinkugel aufzuheben.

„Du willst dir wohl deine Gräten versengen, was, wie?“ fragte der Profos. „Das Ding ist glühend heiß, Mann. Faß es bloß nicht an.“

Carberry schnappte sich wortlos eine Pütz, hievte sie außenbords und zog sie wieder hoch. Seelenruhig leerte er sie über der hin und her rollenden Kugel aus.

Weißlicher Dampf stieg auf, und es zischte laut. Auf den Planken breitete sich ein schmieriger, schwarzer Fleck aus, den der Profos angewidert anstarrte.

Eine zweite Pütz wurde gehievt und ausgeleert. Das Ding rauchte noch immer, konnte jetzt aber keinen Schaden mehr anrichten.

Edwin Carberry hob die Kugel auf und warf sie von einer Hand in die andere, weil sie immer noch verdammt heiß war.

„Da, die schenk ich dir“, sagte er großzügig zu dem glatzköpfigen Koch. „Du solltest sie künftig mit einer Schnur um den Hals als Amulett tragen, in Erinnerung an eine siegreiche Schlacht.“

„Bißchen schwer“, meinte der Koch trocken. „Die würde mir beim Kochen immer in der Suppe baumeln.“

„Sei froh, daß es kein Vierzig-Pfünder war, sonst kriegst du nämlich einen steifen Hals. Willst du sie nun oder nicht? Aber nur unter der Bedingung, wenn das Deck gleich gesäubert wird. Ich kann den schwarzen Scheiß nicht sehen.“

Die Kerle um sie herum lachten erleichtert, seit die Gefahr vorbei war. Sie hatten während der Beschießung nur einmal gelacht, als der Kapitän der Kriegsgaleone auf dem Achterdeck herumtanzte, seinen Degen über den Kopf hielt und laut brüllte. Das hatte sehr lustig ausgesehen, doch danach war ihnen das Lachen vergangen, als die heißen Brocken ihnen nur so um die Ohren flogen.

Jetzt besahen sie sich den Schaden, und Tom Coogan, der sich auf die Technik des Schiffszimmermanns verstand, winkte nach der ersten Besichtigung ab.

„Das kriegen wir wieder hin“, versprach er. „Höchstens einen Tag Arbeit. Ferris Tucker würde nur einen halben Tag brauchen. Holz haben wir noch genug an Bord.“

Sie sammelten die Splitter auf, und Fred Finley, der mit seiner Augenklappe wie ein echter Pirat aussah, trug sie zur Kombüse, wo die Reste unter dem Kessel später noch Verwendung finden würden.

Das Schanzkleid war auf einer Länge von eineinhalb Yards zertrümmert worden, aber die Decksplanken waren nicht beschädigt. Der Handlauf war ebenfalls nur noch Bruch. Aber da konnte mühelos ein größeres Stück eingesetzt werden.

Ribault und der Profos gingen wieder nach achtern.

Die Negersklaven standen an Deck und fingen wieder mit ihrem Herumgehüpfe an. Sie benahmen sich wie Kinder und drehten den Dons lange Nasen, wobei sie laut lachten.

Nur Dogon, ihr Anführer, war ernst und blickte zurück.

„Keine Sorge“, sagte Ribault zu ihm. „Die können jetzt schießen und feuern, wie sie wollen, sie kriegen uns nicht mehr. Die Gefahr ist wirklich vorbei.“

„Aber wir sind wieder auf dem Rückzug“, sagte der Neger in seinem holprigen spanisch. „Die Spanier werden uns Tag und Nacht folgen, bis die mauretanische Küste verschwunden ist. Was tun wir dann? Wir können nicht mehr an Land gehen.“

„Ihr könnt an Land gehen“, versprach Ribault. „Wir werden den dicken Brocken schon abschütteln, und dann bringen wir euch wieder zurück, wie wir es versprochen haben.“

„Ich glaube es“, sagte Dogon einfach. „Anfangs habe ich euch nicht getraut, aber jetzt weiß ich es besser. Ihr mögt die Spanier auch nicht. Wollen sie euch auch versklaven?“

„Das wird ihnen kaum gelingen. Wir haben eine andere Rechnung mit den Dons zu begleichen.“ Jean Ribault zeigte kurz zu Karl von Hutten. „Die Dons haben seine Eltern ermordet, einfach so, ohne jeden Grund. Daher hat er eine ganz persönliche Rechnung zu begleichen. Aber wir haben noch mehr Gründe, die du vielleicht nicht verstehst.“

„Es gibt immer viele Gründe“, antwortete der Schwarze.

Vor der „Casco de la Cruz“ hatten sie jetzt so viel Vorsprung, daß sich der Einsatz der Kanonen für die Dons nicht mehr lohnte. Sie hatten ihr Feuer auch eingestellt, folgten aber beharrlich dem Kurs der ranken „Isabella“, die jetzt schnell durch die See klüste.

Die Mannen an Deck begannen jetzt unverzüglich damit, das lädierte Schanzkleid auszubessern. Das entsprechende Werkzeug wurde bereits nach oben gebracht.

Jean Ribault sah den Schwarzen forschend an.

„Kennst du dich an dieser Küste gut aus?“ fragte er.

Dogon nickte eifrig und zeigte seine weißen Zähne.

„Sehr gut, ich bin hier geboren.“

„Das ist gut, sehr gut.“

„Was hast du vor?“ fragte Karl von Hutten aufmerksam.

„Rache, mein Freund, Hugenottenrache auf meine Art. Rache muß sein, sprach der Herr, und ich habe mein Schiff damals nicht umsonst ‚Le Vengeur‘ der Rächer, genannt. Ich habe allen die Zähne gezeigt, die mir zu dicht auf den Leib gerückt sind, und mit diesem Don werde ich nicht anders verfahren. Er soll seine Freude haben. Ganz davon abgesehen, kann er auch weiterhin für uns zur tödlichen Gefahr werden. Er braucht nur eins seiner großen Beiboote abfieren und es als Fühlungshalter hinter uns herzuschicken.“

„Das stimmt. Damit rechne ich eigentlich immer noch. Aber um der Ironie die Spitze zu nehmen, mein Freund Jean. Willst du ihn mit dem Degen angehen, diesen riesigen Feuerspucker? Ich weiß, daß du einer der exzellentesten Degenkämpfer bist, die ich kenne. Du bist ebenbürtig mit dem Seewolf. Was hast du also vor?“

„Ihn aufbrummen zu lassen“, erwiderte der Franzose mit einem feinen Lächeln. „Das wäre doch ein Spaß, oder? Stellt euch mal vor, Don Julio sitzt mit seiner Kriegsgaleone auf dem Schlick.“

„Er ist nicht Old Donegal“, wandte der Profos ein. „Der ist von Natur ein alter Aufbrummer und auch noch darauf spezialisiert, hauptsächlich, wenn er einen gegluckert hat. Aber diesem Don traue ich das nicht zu, das ist ein ausgebuffter Bursche.“

„Sein Zorn wird ihn leiten“, sagte Ribault. Er grinste auf eine ganz infame Art.

Seewölfe Paket 33

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