Читать книгу Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué - Friedrich de La Motte Fouque - Страница 30
Dreizehntes Kapitel
ОглавлениеBalderich hatte den rüstigen Alwin von jeher lieb gehabt, seit der letztern That besonders war ihm sein ganzes Herz zugewandt. Oft wenn sie neben einander ritten, pflegte er ihn mit innigem Wohlgefallen anzublicken, und zu sagen:
S'ist ein wackrer Knabe fürwahr! Hat doch so lange Zeit mein Töchterlein in Braunschweig gesehn, mit ihr zugleich dieselben Tänze und Schmäuse besucht, und wirft da sein Auge auf die Beatrix. Das ist der einzige dumme Streich, den er gemacht hat, daß er nicht um Alinen anhielt, aber auch ein erzdummer. Ich hätte sie ihm so gern gegeben. Und was für ein Leben das geworden wär'. So ein lustiges Hochzeitfest nach unserm jetzigen Feldzuge, wo er sich die Braut selber gewonnen hätte, denn es wär' auf irgend eine Weise doch wohl gekommen; daß er sie aus den Krallen des Feindes gerissen hätte. Und so ein braver Soldat dann mit einer so hübschen Frau.
Wenn Alwin auf diese oder ähnliche Reden, das feuchte Auge, die glühende Wange verbarg, suchte Adalbert das Gespräch zu unterbrechen, und die Streiche mitleidig abzuwenden. welche Balderich unbewußt gegen das Herz des Jünglings führte.
Eines Morgens wollten kriegserfahrne Reiter starkes Schießen gehört haben. Adalbert sprang ab, und legte sich mit dem Ohr an die Erde. Es ist so, rief er, und nach der rechten Gegend zu. Der Herzog hat den Feind schon getroffen.
Man rückte nun rasch vor, achtlos darauf, daß einige Pferde zurück blieben, andre ermatteten. Besser müde Pferde, und wenige, als gar keine, sagte Adalbert, indem er den Zug nach allen Kräften beschleunigte. Gegen Mittag hörte man das Feuern sehr stark und nah. Es zieht sich gegen uns heran, sagte ein alter Reiter. Die Unsrigen weichen. Desto besser, fiel Adalbert ein, so kommen wir eben zur rechten Zeit, und machen's allein aus. Lustig. Halberstädter, singt Eins! Trompeter blaßt! Es geschah, wie er gesagt hatte. Die Schläge des schweren Geschützes, das Knattern des kleinen Gewehrs schallte immer lauter darin. Einige Flüchtlinge jagten ihnen aus dem nahen Gebüsch entgegen. Adalbert sprengte voraus. Steht Kinder! Steht! Gesicht auf den Feind! rief er ihnen zu. Hier kommt Euch Hülfe, hier Entscheidung! Die Furchtsamen hörten nicht auf ihn, und jagten voraus. Schurken, rief er ihnen nach, und Schurken riefen die Halberstädter; Feldflüchtige! Memmen! – Werdet uns bald Gesellschaft leisten, schrie Einer zurück. Vorne geht's drunter und drüber. Der Tilly führt gegen uns, der hat den Teufel im Leibe! Weil Ihr ein Hasenherz habt! sagte Adalbert. Halberstädter, hört nicht auf die Schufte. Marsch! Trab! Es ging an Verwundeten und Todten vorbei, Adalbert stellte die Schaar hinter einem Berghang in Ordnung, und jagte mit Einigen hinauf, um die Gestalt der Schlacht zu erkunden. Einzelne Kugeln flogen herüber, man wußte nicht, ob von Freunden oder Feinden. Es dauerte nicht lange, so kam er zurück, neben ihm ein stattlicher Reiter auf einem schwarzen Hengste; prächtig geschmückt Roß und Mann, Einer wie der Andre, wild vom Gefecht, jugendlich kühn und rasch, daß Federbusch und Decke und Mantel weitflatternd im Winde zogen.
Das ist der Herzog! Das ist der Herzog von Braunschweig! sagten einige Reiter und durch die Reihen klang's: Viktoria! Vivat der Herzog Christian! Vivat hoch!
Der Herzog grüßte im Heransprengen mit den Degen, hielt vor der Mitte der Schaaren, und überschaute sie mit einem flammenden Blick.
Brav, meine Halberstädter, rief er, Ihr gefallt mir. Und nun eilt er die Glieder hinunter und hinauf, mit vielen Einzelnen wie mit Bekannten redend.
Es geht eben nicht sonderlich bis jetzt, sagte er. Ich habe zu viele Söldner, die nur um's Geld fechten, und noch obenein Hundsfötter sind. Nun kommt Ihr heran, brave Reiter, eben zur rechten Zeit, und sollt mir's wieder gut machen, was jene verdorben haben. Wollt Ihr mir nach? Auf Leben und Tod?
Ein erneutes, lauteres Vivat erscholl durch die Reihen.
Marsch denn, in Gottes Namen, rief der Herzog, indem er vor die Mitte jagte. Trab! Es ging die Anhöhe hinauf, die Trompeter bliesen, die Pferde schnoben, ihre Mähnen flogen. Als man oben war, und den freiern Blick gewann, sah man das Schlachtfeld voll Rauch und Dampf, großentheils voll Flüchtlinge. Gallopp! kommandirte der Herzog selbst, Adalbert und alle Führer ihm nach, denn einige Züge feindliche Reiterei prellten gegen sie an. Die Halberstädter ließen ihren Pferden schon Zügel, schon waren viele Klingen hochgehoben zum Einhauen, da hielt der Feind, wankte, kehrte um, und jagte zurück, ziemlich geschlossen, jedoch die Halberstädter wollten zum Verfolgen nach, aber Adalbert rief Halt! Es giebt mehr zu thun. und Besseres, sagte er, indem er die Glieder richtete, und den Führern zurief, ihre Leute zusammenzuhalten. Hierher! Hier geht die Bahn zum Siege! schrie Herzog Christian, und sein goldeingelegter Küras funkelte schon weiter voraus durch Rauch und Staub. Alles jagte ihm nach. Es ging auf eine feindliche Batterie. Sie ließ die Angreifer näher heran, und gab dann eine volle Lage. Viele Reiter stürzten, theils sie, theils ihre Rosse zerschmettert von Kugelhagel, die übrigen wandten sich zur Flucht. Steht! Steht! Marsch! Darauf! So riefen die Führer. Balderich jagte mit gehobener Klinge um den Flügel. Die für den, der umkehrt! schrie er. Adalbert sprengte vorwärts, Alwin mir ihm. Verlaßt Eure Führer nicht, riefen sie. Wir reiten dem Herzog nach. Marsch! Marsch! Sie haben noch nicht wieder geladen schrien Andre. Nun ist es Zeit! Marsch! Das Rufen ward allgemein, die Reiter wandten sich wieder der Batterie entgegen, im lauten Gelärm ging Alles vorwärts, der Feind ward erschreckt und verließ seinen Posten, das Geschütz war gewonnen.
Zeugmeister her! rief nun der Herzog! Zeugmeister! Zum Teufel, schnell. Wir schießen dem Feind mit seiner eignen Batterie grad' in die Flanke. Viele jagten fort, um Artilleristen herbei zu hohlen; vergebens. Ein panisches Schrecken hatte die Nächsten vom Schlachtfelde gescheucht.
Schlag' der Donner drein! zürnte der Herzog. Ich Weiß mit den verfluchten Pulverbüchsen nicht umzugehn, und keiner von uns Rittern und Reitern. Nun hat man das fatale Geschütz, und kann's nicht einmal brauchen.
Kriegsobersten kamen zu ihm mit Meldungen vom andern Flügel. Sie rufen mich ab, sagte er, haltet Euch hier. Ich will Euch bald ein Paar Schießleute zuschicken. Sie werden doch nicht Alle nach Haus gelaufen sein? Damit jagte er fort. Wie das Geschütz noch immer schwieg, versuchten feindliche Reiter, es durch einen raschen Anfall zu befreien. Die Halberstädter ritten ihnen entgegen: man stieß in voller Kraft und Wildheit zusammen. Durch's Getümmel bemerkte Alwin das Wehen des feindlichen Panier's. Ich soll ein's heimsenden, sagte er zu sich selbst,
Und wenn Du auf den Feind brichst ein,
So denk, die Ahnen schauen drein.
Damit hatte er sich zwischen einigen feindlichen Reitern durchgesäbelt, und hieb auf den Pannerträger ein. Feind und Freund sammelte sich hier zum dichten Haufen, das Gefecht ward immer wilder, Alwin rang mit seinem Gegner, der schon von einem harten Hiebe blutete, aber das Panier mit letzter Anstrengung fest hielt. Da prellten ihre Rosse, scheu vor dem Flattern der Fahne auseinander, die beiden Reiter stürzten herunter, aber Alwin hatte seine Beute fester gehalten, als sein verwundeter Gegner, er lag unter dem ersiegten Ehrenzeichen, die Hände fest an dessen Stange geklammert. Wild nun brachen die Feinde auf ihn ein, die Halberstädter hielten wie Mauern vor ihm, und zwei seiner besten Reiter halfen ihm wieder zu Pferd. Jetzt aber gilts, sagten sie, als er eben im Sattel saß. S' ist schon Alles geschlagen! Zurück! Einer griff sein Pferd am Zügel und wandt es um. Wirklich sah er auch, als er sich besann, das ganze Braunschweigische Heer in allgemeiner Flucht. Die Feinde hieben wüthend nach. Unter fortgesetzten Kampf erreichte Alwin endlich mit seinem Pannier einen nahen Wald, wohin die Flucht eines großen Theils seiner Waffengefährten ging, und der ihnen vor den verfolgenden Feinde Schutz gewährte.