Читать книгу OPPORTUNITY - The power of resistance - Gabriele André - Страница 24
Оглавление«CARAGUA RODAS»
Kapitel 18
Im Zentrum von Caraguatatuba, in der R. Geraldo Cordeiro de Souza 133 im Felgenfachhandel Caragua Rodas wartet der schlanke, listige Jóse Canchó, der mit seinen 40 Jahren, schon 22 Jahre davon in brasilianischen Gefängnissen verlebte. Eigentlich mehr überlebte. Er hat mehr Feinde als Freunde. Seiner Überzeugung nach sind ihm diese jedoch lieber. In seiner Weltanschauung pflegt er eher lieber den Kontakt mit seinen Feinden, als mit einem falschen Freund.
Die Haftbedingungen in Brasilien sind mehr als umstritten. Der tägliche Kampf ums Überleben, Mord und Totschlag stehen auf der Tagesordnung. Das kostbarste Gut neben der Gesundheit ist die Lebenszeit, von dem Jóse bereits die Hälfte verschenkt hat. Er ist sichtlich psychisch gezeichnet, er kann diese Zeit nicht vergessen. Abgebrüht hungert er nach einem neuen Leben. Und dieses Ziel verfolgt er eisern, obwohl er sich bewusst ist, dass dies ein schwerer und langer Weg wird. Jóse befindet sich auf der Flucht, es gelang ihm, vor einem halben Jahr, der Ausbruch aus «Alcacuz». Ebenso eines Menschen unwürdige Haftanstalt in Natal, im Norden Brasiliens. Auch dieses Orts sind die Haftbedingungen fatal, jedoch in keiner Weise mit seiner abgesessenen Zeit in «Carandiru» vergleichbar.
Jóse sitzt auf einer Werkzeugbox in der offenen Garage. Gehetzt rauchend blickt er andauernd nervös auf sein Handy. Er tritt die Kippe aus und steckt sich erneut eine an. Ungeduldig getrieben geht er auf und ab. Er wartet ruhelos auf seinen Freund Amadé. Freund, nun ja vielleicht doch etwas übertrieben, denn die Beiden haben sich seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Nicht einmal gehört. Ihre Bekanntschaft beruft sich mehr auf einen gemeinsamen Gefängnisaufenthalt. Jóse lernte Amadé in der «Carandiru Haftanstalt» in Sao Paulo vor 21 Jahren kennen. Amadé musste ein Jahr wegen Betrugs absitzen. Er kam Mitte 2001 nach «Carandiru».
Sein Glück war, dass er im August 2002 wegen guter Führung entlassen wurde. Auch er wird die Zeit dort nie vergessen. Nach seiner Entlassung, vier Monate später wurde «Carandiru» gesprengt. Jóse wurde 2002 nach Natal in das ebenso verrufene «Alcacuz» Bundesgefängnis überstellt. Dort sollte er den Rest seiner Haftstrafe absitzen.
Nervös, angespannt, unsicher wartet er im Felgenfachhandel Caragua Rodas, zappelig schiebt er die Werkzeugbox mit den Füßen hin und her. Jóse kann diesen Lebensabschnitt nie mehr vergessen immer wieder blickt er in das Erlebte aus der Vergangenheit, wie auch in diesem Augenblick des Wartens…