Читать книгу Die Raben Kastiliens - Gabriele Ketterl - Страница 19

B

Оглавление

»Das könnt Ihr nicht machen! Wir müssen zu unserer Tochter und unserem Enkel.« Benito stand fassungslos vor dem hochgewachsenen Soldaten, der sich ihm in den Weg gestellt hatte. Selbst wenn der nicht dort gestanden hätte, wären sie nicht weitergekommen. Aus Baumstämmen hatte man in aller Eile Barrikaden errichtet und so das komplette Viertel, in dem Sarah und sein Enkel lebten, abgesperrt.

»Ich bedaure, doch es geht nicht mehr. Auf Anweisung des Bischofs ist das ganze Viertel in quarantaine. Niemand darf hinein, niemand heraus. Es tut mir leid.« Das Gesicht des Mannes blieb bei diesen Worten so gleichgültig, als habe er verkündet, dass das Wetter sich ändern würde.

»Damit verurteilt Ihr die Menschen dort drin zum Tod. Seid Ihr Euch dessen bewusst?« Benito verstand die Welt nicht mehr.

»Falsch, Benito, damit schützen wir die Gesunden. Jetzt seid vernünftig und geht weiter. Ihr könnt hier nicht den ganzen Tag stehenbleiben.« Adolfo löste sich mit einer lässigen Bewegung aus dem Schatten eines Hauses, in den er sich zurückgezogen hatte.

Benito wollte auffahren, doch Estella hinderte ihn daran. Unmerklich schüttelte sie den Kopf. Sie kannte den Ruf, der Adolfo vorauseilte, seit er zum Hauptmann befördert worden war, nur zu gut.

»Komm, Benito, wir gehen. Es ist zwecklos. Für dich, Adolfo, kann ich nur hoffen, dass die Seelen derer, die du hier zum Tode verurteilst, dich auch weiterhin ruhigen Schlaf finden lassen.« Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte Estella sich um und zog ihren Mann, der noch immer nicht begreifen konnte, wie Menschen etwas Derartiges tun konnten, mit sich fort.

»Was sollen wir denn jetzt nur machen? Sarah braucht uns, und erst der Kleine! Mein Gott, wie furchtbar. Wenn doch nur Angel endlich käme!« Benito setzte seine ganze Zuversicht in seinen Schwiegersohn.

Estella aber hatte nicht einmal mehr diese Hoffnung. Sie wusste, wie sehr Adolfo Angel hasste. Jetzt, so fürchtete sie, war der Zeitpunkt für seine Rache gekommen.

»Nimmst du etwa an, dass Adolfo Sarah lieber sterben sehen würde, als sie zu retten?« Benito war ratlos.

»Genau das denke ich. Leider! Adolfo ist ein kleiner Geist. Dumm und brutal, das ist eine sehr schlechte Mischung. Ja, ich denke – vielmehr, ich bin mir sicher, er würde Sarah sterben lassen, um Angel Schmerz zuzufügen.« Estella hatte den Griff ihres großen Korbes so fest umklammert, dass es sie selbst schmerzte. »Nein, ich muss es anders sagen. Er wird sie sterben lassen.«

Mittlerweile hatten sie einen höher gelegenen Punkt der Stadt erreicht und konnten das von engen Gassen durchzogene Viertel ihrer Tochter überblicken. Sie sahen nichts als verlassene Gärtchen, leere Gassen – ein Ort der Geister. Nur ganz selten huschte ein Mensch zwischen den kleinen Häusern umher. Das Leben dort schien fast gänzlich erloschen zu sein. Sie fühlten sich unendlich hilflos.

Die Raben Kastiliens

Подняться наверх