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Ein Becher Wasser überbrückte
tiefe Gräben

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Wasser macht achtsam für die Liebe, die uns

entgegenkommt. Wasser über die Hände, über die Füße,

im Becher – ob in der Roma-Hütte oder in den

Gotteshäusern.

Georg Sporschill

Petrus entgegnete ihm: Niemals sollst du mir die Füße waschen! Jesus erwiderte ihm: Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir.

JOHANNES 13,8

In der Sommerhitze ging ich mit Gästen hinunter an den Bach, wo die vielen kleinen Hütten der Roma-Bevölkerung stehen. Manche nennen diesen Teil des Dorfes »Dallas« und drücken damit ihre Ängste oder die Fremdheit der armseligen Siedlung aus. Ein tiefer Graben klafft zwischen den Bevölkerungsgruppen, oben und unten. Hier unten lungern Jugendliche herum, laute Musik dringt aus den Hütten, schwarze Hüte, rotbunte Kleider, Abfall, verwunderte Blicke, Mütter mit Babys auf dem Arm, Kinder laufen uns nach, Männer schauen abweisend.

Auf der Straße schleppten zwei Mädchen eine blaue Plastikkanne mit Wasser vom Dorfbrunnen. Alle paar Meter blieben sie stehen, weil die Henkel in ihre zarten Finger schnitten. Das spürte ich erst, als ich ihnen die Last abnehmen wollte. Schließlich brachten wir das Wasser gemeinsam bis zu ihrem Haus. Die Mutter bot uns großzügig einen Becher davon an. Ihre Kinder versammelten sich an der Türe, andere kamen noch dazu. Wir saßen auf dem Bett, dem einzigen Einrichtungsgegenstand im Raum. Das Wasser baute die Brücken in diese fremde Welt. Wir haben näher zu unserer neuen Aufgabe gefunden. Eine Schar Kinder begleitete uns auf dem Weg zurück, lachend brachten sie uns ein paar Worte Romanes bei.

Wasser symbolisiert die Liebe. Die Füße oder die Hände zu waschen bedeutet nach der Bibel, sich auf die Begegnung mit Gott vorzubereiten. Bevor die Priester, das Priestergeschlecht, Aaron und seine Söhne, das Offenbarungszelt betraten, wuschen sie sich Hände und Füße. Ebenso tat es Mose. Das Wasser dient noch mehr der kultischen als der physischen Reinheit. Durch das Wasser werden die Menschen beziehungsfähig, kultfähig, offen für die Begegnung mit Gott. Wasserriten finden wir in allen großen Religionen. Dafür gibt es die Brunnenanlagen vor den Moscheen, deshalb wäscht sich der Priester in der heiligen Messe die Hände und spricht das Psalmwort »Herr, wasche ab meine Schuld, von meinen Sünden mache mich rein«.

Jesus wäscht Petrus die Hände und Füße, um ihm Anteil an seiner Person zu geben. So wie die Priester im Offenbarungszelt in der Wüste durch die Waschung mit Gott in Beziehung traten, so gibt die Fußwaschung den Christen Anteil an Jesus. Denselben jüdischen Ritus missbraucht Pilatus, indem er sich damit von Jesus distanziert und jede Verantwortung ablehnt, mit den zynischen Worten: »Ich wasche meine Hände in Unschuld.«

Als ich Theologie studierte, machte uns der Spiritual den Vorschlag, die Hände zu waschen, bevor wir die Bibel aufschlugen. Da ging es zunächst nicht um die äußere Sauberkeit der Hände, sondern um ein inneres Sich-Öffnen. Diesen Brauch habe ich bewahrt, und er hilft mir heute noch, mit größerer Aufmerksamkeit das Wort in den heiligen Schriften zu lesen.

Wasser über die Hände, über die Füße, im Becher – ob in der Roma-Hütte oder in den Gotteshäusern. Wasser macht achtsam für die Liebe, die uns entgegenkommt.

Elijah & seine Raben

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