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Wer aufs Ganze geht, scheitert

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Wo ist der Punkt, den ich verändern kann,

damit sich die ganze Welt verändert?

Ruth Zenkert

Da sagte Simon Petrus zu ihm: Herr,

dann nicht nur meine Füße, sondern auch

die Hände und das Haupt.

JOHANNES 13,9

Ich möchte mein Leben total ändern«, schrieb Benjamin in seiner Bewerbung für einen Volontärseinsatz in Rumänien. »Ich will aufhören zu saufen. Stattdessen will ich Sport machen, für den Herbst habe ich mich zum Marathonlauf angemeldet.« Ich konnte mir nicht vorstellen, wie er bei einer solchen Anstrengung Luft bekommen sollte, so viel rauchte er. Zudem war er fürs Laufen viel zu dick. Er war aus der Schule geflogen und suchte jetzt einen Neubeginn. Von seinem Wunsch, umzukehren, war ich beeindruckt, doch sein Vorsatz schien mir zu radikal.

Schon am ersten Morgen hatte Benjamin verschlafen. In der Rumänischstunde konnte er sich nicht konzentrieren, nach einer durchfeierten Nacht war mit ihm den ganzen Tag nichts anzufangen. Kein einziges Mal schaffte er es, bei unserem Morgenlauf mitzumachen. In der Dorfbar jedoch war er bekannt als einer der Letzten, die nach Hause gingen. Es lief alles genau so weiter wie vorher, ja es wurde eher ärger. Wir redeten und redeten. Ich aber hatte andere Probleme. Unser Gitarrelehrer war ausgefallen, und ich stand mit zehn Schülern da, die unbedingt etwas lernen wollten. So bat ich Benjamin, für eine Woche den Unterricht zu übernehmen; er sollte bloß mit den Anfängern einfache Griffe üben. Er erklärte sich bereit, auszuhelfen, und fragte nach einigen rumänischen Wörtern, um sich zu verständigen. Die Schüler machten Fortschritte, nicht weil er gut Gitarre spielen konnte, sondern weil sie ihn mochten. Das weckte in ihm überraschende Kräfte. Benjamin ist geblieben.

Benjamin wollte die totale Veränderung, gelungen ist sie aber erst durch den kleinen Zufall. Auch der Apostel Petrus ging aufs Ganze. Zuerst wollte er sich von Jesus keinesfalls die Füße waschen lassen, nun aber Füße, Hände und Haupt; im Vollbad möchte er die Nähe zu Jesus erfahren. Jesus aber will ihm nur die Füße waschen. Das genügt und sagt alles.

Wenn ein Glied gewaschen wird, spricht es für alle anderen, sie werden in die Liebe eingebunden, die im Waschen symbolisiert ist. Pars pro toto, ein Teil spricht für den ganzen Körper.

Als wir Kinder waren, zeichnete uns unsere Mutter gerne mit Weihwasser ein Kreuz auf die Stirne, wenn wir das Haus verließen, besonders vor schweren Schularbeiten. Worte wären zu viel gewesen, die Spannung war schon groß genug. Ich fühle noch nach, wie mir der nasse Finger meiner Mutter Sicherheit gab: Es wird gut gehen. Daran musste ich denken, als ich unlängst bei einer Taufe war und die jungen Eltern und die Paten vom Priester angeleitet wurden, dem Kind mit dem Daumen ein Kreuzzeichen auf die Stirn zu machen, als Zeichen, dass es jetzt zu Christus gehört.

Als Petrus und Benjamin aufs Ganze gingen, scheiterten sie. Der kleine Schritt aber, die Füße waschen zu lassen, Gitarre zu lehren, ließ sie Boden unter den Füßen spüren und dem großen Ziel näher kommen. Petrus wurde zum Fels für Jesus, und Benjamin lief bald morgens eine ganze Stunde mit uns.

Wo ist der Punkt, den ich verändern kann, damit sich die ganze Welt verändert?

Elijah & seine Raben

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