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KAPITEL ZWEI Wahrheit mit Konsequenzen

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Hat das Zweite Vatikanische Konzil einen grundlegenden Wandel im katholischen Selbstverständnis und damit letztlich einen Bruch mit der Vergangenheit herbeigeführt? War das Konzil ein furchtbarer Fehler? Hat es eine Horde Dämonen losgelassen, die man andernfalls hätte im Zaum halten können? Oder war das II. Vaticanum ein Triumph und wurde in der Folgezeit von Männern vereinnahmt, die entschlossen waren, die Kirche zu den Gewissheiten und der Sicherheit der 1950er-Jahre zurückzuführen? Ist das Konzil in Fragen wie der nach dem richtigen Verhältnis zwischen Kirche und Staat, dem Verhältnis der Kirche zum Judentum der Gegenwart, den Bemühungen um die Einheit des Christentums, dem interreligiösen Dialog und der Religionsfreiheit der bestehenden katholischen Lehre untreu geworden?

Jahrzehntelang hat die katholische Kirche in diesen und anderen grundlegenden Aspekten über die korrekte Interpretation eines Ereignisses debattiert, das – darin sind sich alle streitenden Parteien einig – im katholischen Leben einen Wendepunkt markiert: das II. Vaticanum. Diese Debatten haben einiges an interessanter historischer und einiges an ernst zu nehmender theologischer Arbeit hervorgebracht – und außerdem gegenseitige Anathemata (die meist eher im Stillen als offiziell ausgesprochen wurden), ein nicht geringes Maß an Groll sowie ein formelles Schisma (die kleine Abspaltung der Lefebvre-Anhänger) auf der rechten und ein weitaus folgenschwereres psychologisches Schisma auf der linken Seite (nämlich insofern, als zahlreiche Katholiken schon lange nicht mehr das glauben und bekennen, was die katholische Kirche glaubt und bekennt, ihr aber im formalen oder kirchenrechtlichen Sinne nach wie vor angehören). Diese Debatten waren nicht umsonst.

Dennoch haben sie tendenziell dazu beigetragen, die wahrhaft radikale Zielsetzung des Zweiten Vatikanischen Konzils und sein tiefgreifendes katholisches Reformprogramm zu verdunkeln.

Diese Zielsetzung bestand darin, das Evangelium in die Mitte des katholischen Lebens zu stellen und um diese Mitte herum einen reformierten Katholizismus aufzubauen: einen evangelikalen Katholizismus, der imstande sein würde, einer entzauberten Welt die Frohbotschaft von Jesus Christus zu verkünden und so auch unter den entschieden veränderten Bedingungen des dritten Jahrtausends der christlichen Geschichte den Missionsauftrag des Herrn zu erfüllen.

Die Erneuerung der Kirche

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