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2.5 Mobbing und Anpassung
ОглавлениеWenn es um Anpassung geht, werden schon mal Mobbing-Methoden eingesetzt, die über den Entzug jeder Zuwendung, die das Kind oder den Partner lenkt einerseits bis zur harten und fühlbaren Bestrafung gehen. Wer in seiner Gruppe kaltgestellt wird, muss sein Verhalten ändern oder sie verlassen. In der Natur verläuft Anpassung schmerzlos, als ein Prozess, der seine Zeit beansprucht. Der weiße Schmetterling, der gewohnheitsmäßig die weiße Birke besucht, passt sich nur langsam genetisch an die Birke an und wird tiefgrau über dem Vererbungsweg und mit Hilfe passender Mutationen, wenn die Birke sich in der Industrieverschmutzung mit der Zeit verfärbt. Schmerzlos aber sehr langsam ist dieser Prozess, der in der Kultur schon mal sehr schnell eingefordert werden kann. „Entweder du hörst auf, vom Nachbarn abzuschreiben oder du fliegst raus.“ Alle mogeln, nur er muss sich jetzt an die Regeln anpassen. Die „schwarze Pädagogik“ war da schon mal von unerbittlicher Härte und aus heutiger Sicht auch noch von zielsicherer Negativität. Man muss eher von Mobbing sprechen als von einer positiven pädagogischen Leistung seitens der Erzieher. Die Technik des Anprangerns wurde praktiziert und bewirkte seit der Antike sklavische, angstbetonte Anpassung oder die Zerstörung der Persönlichkeit. Die Unerbittlichkeit, mit der in manchen asiatischen Kulturen darum gekämpft wird, das Gesicht nicht zu verlieren, führt oftmals zu der Übertreibung, immer nur Recht behalten zu müssen, selbst noch bei der Frage, haben wir heute Dienstag oder Mittwoch. Demütigung beginnt da schon im sehr Kleinen und ist ein Einfallstor für Schlimmeres, für Mobbing dessen, der eine erste Schwäche gezeigt hat.
Wenn der Vater den in der Schule sitzengebliebenen Sohn ein Jahr mit Schweigen bestraft, das berichtet der, der davon betroffen war, so ist das grausam. Im 3. Reich wurde in Ordensschulen, das berichtete der Journalist Theo Sommer, schon mal bestraft, indem die ganze Umgebung den Unbotmäßigen schneidet, das heißt, er ist für sie Luft. In beiden Fällen kann der Sünder aber annehmen, normal behandelt zu werden, sobald er sich der Mehrheit wieder annähert, besser, sich nahtlos anpasst. Wie nahe solche Methoden dem Sadismus sind, zeigt allerdings die obige Vater-Sohn-Beziehung. Wie überhaupt man davon ausgehen kann, dass die taktischen Anpassungsrepressalien nur schwer von sadistischen Lustgefühlen des Mobbers zu trennen sind.
Der Schmerz, in einer Gemeinschaft nicht gesehen zu werden, stellt sich spontan ein und löst über die Ängstigung geradezu den Reflex aus, gehorsam oder gefügig zu sein, bis zum Lieb-Kind Syndrom. Gelingt Anpassung, wird der Anpassungsschmerz schwächer, den man als Preis bezahlt hat. Über den Umweg einer gefühlten Ausgrenzung und der üblichen Verunsicherung, sprich Destabilisierung, kann beides passieren. Entweder scheint man hoffen zu dürfen, mit dem weiteren Verhalten geglückte und glückliche Konformität herzustellen oder das gelingt nicht. Dann wird es besonders bitter, wenn man feststellen muss, man hat den Diener gemacht und niemand schaut hin, an deinem Einknicken ist schon niemand mehr interessiert. Wer klein beigeben will, muss es rechtzeitig tun, und er muss wissen, wann “rechtzeitig“ ist. Diese psychosozialen Prozesse lassen sich unschwer beobachten. Auch die an eine andere Universität berufenen Professoren müssen eine Antwort darauf finden, wie sie sich unter Umständen in mehreren Zirkeln, auch Seilschaften, mit betonter Verbindlichkeit eingliedern, um eine angemessene persönliche Psychohygiene zu pflegen.