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Das »Weiße Ballett«

Der 1. FC Köln wird erster Deutscher Meister in der Bundesliga

An dieser Stelle muss ich ausnahmsweise ein Tabu brechen und eine kleine Geschichte erzählen, die ich eigentlich für mich behalten sollte. Aber sie gehört einfach hierher. Es ist schon ein paar Jahre her, als ich im WDR-Fernsehen eine Sendung machte, die sich regelmäßig neben ganz aktuellen Themen auch mit medizinischen Entwicklungen oder Problemfällen beschäftigte. Und manchmal bei gegebenem Anlass auch mit Fußball. In einem Fall ging es um die Pläne des 1. FC Köln, den »verlorenen Sohn« Lukas Podolski von Bayern München wieder zurück an den Rhein in seine Heimat zu holen. Ein schier auswegloses Unterfangen zu dem Zeitpunkt, so schien es. Denn der FC hatte im Sommer 2009 finanziell eigentlich keinen Spielraum für einen Transfer dieser Dimension. Immerhin hatten die Kölner »Prinz Poldi« erst drei Jahre zuvor für rund zehn Millionen Euro Ablösesumme nach München transferiert.

Nun saß aber der Präsident des 1. FC Köln bei mir im Studio und sinnierte darüber, ob und wie das wohl doch möglich sein könne. Wolfgang Overath zusammen mit Günter Netzer, die beide einen Heidenspaß hatten, sich gegenseitig hochzunehmen – und immer gern auch wieder mich. Kurzum, es war ein gelungener, sehr unterhaltsamer Programmpunkt mit viel Humor, aber auch fundierten Diskussionen über Fußball. Lachend und mit großem Applaus bedacht, verließen beide schließlich das Studio, während ich zum nächsten und dann übernächsten Programmpunkt kam. Bei Letzterem ging es um einen jungen Mann, der schwer, wenn nicht unheilbar krank war und dringend ein spezielles Öl brauchte, um wenigstens einigermaßen erträglich weiterleben zu können. Aber der heilende Stoff war so teuer und medizinisch auch noch nicht durch alle Instanzen anerkannt, dass die Krankenkasse sich nicht in der Lage sah, die Kosten von mehreren tausend Euro pro Jahr zu erstatten.


Die beiden prominenten Sportgäste bekamen von dieser Geschichte gar nichts mehr mit, sie befanden sich längst auf dem Heimweg. Aber die Frau von Wolfgang Overath schaute daheim am Fernsehschirm weiter zu und muss ihrem Wolfgang, als der später wieder nach Hause zurückgekehrt war, von dem schweren Schicksal des jungen Mannes erzählt haben. Die Sendung war gerade vorbei, schon erhielt ich einen Anruf von Overath.

»Hör mal zu. Der Junge da in deiner Sendung, der dieses Medikament braucht. Ich habe mir das grad noch einmal angesehen. Sage ihm doch bitte, dass für die nächsten ein, zwei Jahre – bis das als Arzneimittel anerkannt ist – das Öl bezahlt wird. Ich mache das. Aber bitte hänge das nicht an die große Glocke. Behalte es für dich!«

Ich habe bisher immer alles für mich behalten, erst recht, wenn ich so ehrlich darum gebeten wurde. Aber in diesem Fall darf ich sicherlich einmal eine Ausnahme machen. Denn diese Episode sagt viel über den Charakter von Wolfgang Overath aus. Und über den so manchen Führungsspielers aus der Zeit der sechziger und siebziger Jahre – denn ich bekam noch einen weiteren Anruf mit dem gleichen Inhalt an diesem Abend, von einem ehemaligen Fußballer, der früher bei St. Pauli und in Berlin aktiv gewesen ist! Fast jeder von ihnen hatte den Ehrgeiz, Karriere zu machen, aber die meisten waren sich auch bewusst, dass dies untrennbar mit dem Übernehmen von Verantwortung verbunden ist. Verantwortung für die Mannschaft, für den gemeinsamen Erfolg und für den Sportkameraden. Und bei den wirklich Großen ist das nicht in den Fußballkleidern hängen geblieben, sondern gilt auch nach der Karriere und über den Sport hinaus – wie in diesem Fall bei Wolfgang Overath, genauso wie bei Günter Netzer, Uwe Seeler, Franz Beckenbauer und einigen anderen.

Mich hat diese Begebenheit sehr froh gemacht und mir selber wieder einmal ins Bewusstsein gerufen, warum ich mein ganzes Leben immer auch mit Sport und vor allem Fußball zu tun habe und auch haben will!

50 Jahre Bundesliga – Wie ich sie erlebte

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