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Zustimmung als Basis für die Hingabe
ОглавлениеIn der Existenzanalyse wird zwischen Hingabe und Hergabe als Grunddispositionen im Leben unterschieden (Längle, 2013a). Eine Folge von Zustimmung kann die Hingabe sein, bzw. die Nicht-Zustimmung kann eine Hergabe mit sich bringen. Denn die Sache, zu der ich Ja gesagt, der ich meine Zustimmung geben habe, der kann ich mich hingeben. Vielleicht wird der Begriff »Hingabe« mit einem religiösen Kontext assoziiert, der auch etwas mit Selbstaufgabe zu tun hat. Bei der existenzanalytischen Hingabe ist das Gegenteil der Fall. Bei dieser Art von Hingabe geht es um das Finden dessen, was ganz und gar meiner Person entspricht und im besten Sinn Selbstverwirklichung ist.
Hergabe bedeutet:
►Sich benutzen lassen.
►Opfercharakter, in der Opferhaltung ist Selbstbestimmung nicht möglich.
►Aufgabe der Selbstbestimmung und Selbstachtung.
►Sich selbst aus der Hand geben.
►Über sich bestimmen lassen.
►Fremdbestimmung.
Wenn ich das lange mit mir machen lasse, dann ist es nicht mehr mein Leben. Mein Leben leert sich (Burn-out-Gefahr).
Hingabe bedeutet:
►Ich gebe mich in etwas hinein, das für mich einen Wert darstellt.
►Ich habe mich dafür entschieden.
►Dieses Etwas gibt mir Freude, Energie, ich vergesse die Zeit, habe Glücksgefühle dabei.
►Ich kann mich auch etwas Schwierigem hingeben.
►Ich bin ganz fest darin und vergesse fast alles darum herum.
►Ich erlebe eine ganz intensive Dichte.
Das Leben in diesem Moment wird als erfüllt erlebt. Hingabe und Erfüllung finden zeitgleich statt.
Es gibt immer wieder Momente, in denen die Lernenden einen desinteressierten Eindruck machen, ständig Seitengespräche geführt werden, die Resultate aus Gruppenarbeiten mehr als dürftig sind. Alle gefühlten dreißig Sekunden schauen sie auf die Uhr oder spielen mit dem Handy. So könnte der Hergabe-Modus sein. Und dann gibt es wieder die Momente, in denen die ganze Gruppe total im Flow ist, sich für ein Thema begeistert, und die Resultate gehen weit über die Erwartungen hinaus. Das ist dann, wenn Lernende sagen: Was, die Zeit ist schon um? Ich habe gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist. So könnte der Hingabe-Modus aussehen.
Für das Lehren und Lernen in der Erwachsenenbildung ist Zustimmung, das heißt Ja zu einem Thema, einem Inhalt oder auch einem methodischen Vorgehen zu sagen, ein Kernpunkt für die Motivation. Für Lehrpersonen bedeutet dies, didaktische Planungen vorzunehmen und Instrumente einzusetzen, mit denen die Lernenden ihre Zustimmung finden können. Es braucht Wege und Mittel, welche die Reflexion anregen und ein Nachdenken über sich selbst in Gang setzen, mit dem Ziel, die Relevanz des momentanen Themas für sich persönlich herauszufinden. Dann ist die Chance größer, mit interessierten und aufmerksamen Lernenden zusammenarbeiten zu können.
Folgerungen für die Praxis
►Die Lernenden machen etwas bewusst für sich und nicht, weil die Lehrperson es von ihnen verlangt.
►Die Lernenden können Ja zu dem sagen, was ansteht. Es gibt viele positive Emotionen, wenn etwas mit einem klaren Ja, also mit innerer Zustimmung getan wird.
►Wir stellen uns bewusst die Frage, ob wir zu dem, was wir tun, auch wirklich Ja sagen können.
►Wenn die Lernenden etwas tun sollen, sollen sie es mit innerer Zustimmung machen können.
►Wir halten zuweilen inne und geben den Lernenden Zeit, herauszufinden, was für sie Relevanz hat.
►Wir bieten individualisierte Lehr- und Lernformen an, zum Beispiel Werkstattunterricht.
►Meine Haltung als Lehrperson ist, dass ich in Bezug auf die Lernbedürfnisse der Lernenden nicht mehr weiß als die Lernenden selbst.
►Als Lehrperson suche ich mit den Lernenden gemeinsam Lernwege. Dabei spielt der Dialog eine zentrale Rolle.
►Als Lehrperson habe ich keine Konstrukte darüber, was die Lernenden brauchen, keine Interpretationen, stattdessen versuche ich, gemeinsam mit ihnen den nächsten Schritt herauszufinden.
►Ich begegne mit Offenheit dem, was sich zeigt.
►Ich bin bereit zu Ergebnistoleranz. Die Lernenden bringen vielleicht Gedanken und Resultate, die ich selbst noch nie angedacht hatte.