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Charakteristiken für motiviertes Handeln
ОглавлениеEs gibt zwei universelle Charakteristiken, die das motivierte Handeln des Menschen prägen: 1. etwas bewirken wollen und 2. ein Ziel erreichen wollen oder sich von einem Ziel distanzieren (vgl. Heckhausen & Heckhausen, 2010, S. 1).
Diese nicht nur in unserem Kulturkreis geltenden Prämissen stehen hinter jedem menschlichen Handeln. Wenn ich Hunger habe, will ich bewirken, dass ich keinen Hunger mehr habe, und entwickle das Ziel, eine Pizza zu kaufen. Beim ersten Take-away stelle ich nun fest, dass sie mit vierzig Zentimetern Durchmesser zu groß für meine Vorstellung einer Idealfigur ist und mit zwanzig Franken zu teuer für meine finanziellen Möglichkeiten. Somit distanziere ich mich vom Ziel, die Pizza in diesem Take-away zu kaufen. Ich entwickle ein neues Ziel und kaufe bei einem Großverteiler eine Tiefkühlpizza, die kleiner und vor allem viel günstiger ist, und mache sie im Mikrowellenofen bereit für den Verzehr.
Dieses Beispiel soll nicht nur die beiden genannten Charakteristiken motivierten Handelns verdeutlichen, sondern auch aufzeigen, wie die Handlungssteuerung funktioniert. Wir Menschen haben ein inneres, oft implizites Wertesystem, das unsere Motivation beeinflusst und damit das Handeln steuert. Im Beispiel sind es Vorstellungen zur Körperfigur und eine Idee, ab wann eine Pizza »teuer« ist. Solche Werte bestimmen mit, was ich bewirken und welche Ziele ich verfolgen will, aber auch, welche Ziele an Bedeutung verlieren und nicht mehr verfolgt werden. Werte spielen in der Existenzanalyse eine sehr zentrale Rolle, die im Rahmen der zweiten Grundmotivation näher erläutert werden.
Für die Ausbildungssituation
Jede Ausbildung können wir in einen Makro- und einen Mikrobereich unterteilen. Der Makrobereich umfasst das übergeordnete Ziel eines Lehrgangs oder eines Kurses, der an mehreren Tagen, Abenden oder an einem Tag stattfindet. Der Mikrobereich umfasst die konkrete didaktische Planung für die einzelnen Themen, Module, Ausbildungstage oder für einzelne Lektionen. Somit kann es für Teilnehmende in einer Ausbildungssituation verschiedene Motivationsebenen geben. Sie sind zum Beispiel im Rahmen eines zweijährigen Lehrgangs für Marketingfachleute für den Abschluss mit dem Fachausweis sehr motiviert (Makroebene), für das gerade aktuelle Fach Statistik (Mikroebene) aber nicht. Der Grund kann Überforderung sein oder auch, dass Statistik für die aktuelle berufliche Tätigkeit keine Relevanz hat. Oder in einem eintägigen Kurs zum Thema »Sitzungsleitung« sind alle gut motiviert und wollen lernen, Sitzungen besser zu leiten. Wenn dann aber die Ausbildungsperson ein Thema mit einem Rollenspiel bearbeiten will, sinkt die Motivation bei einzelnen Personen, weil sie sich mit dieser Methode unbehaglich fühlen.
In Ausbildungssituationen haben wir es mit Menschen zu tun, die mit dem Erwerb von neuem Wissen in ihrem Leben etwas bewirken wollen. In unseren Beispielen kann es um eine berufliche Verbesserung und um mehr Lohn gehen bzw. darum, eine Sitzung effizienter leiten zu können. Daraus lassen sich Ziele ableiten: eine Prüfung bestehen, sich ganz spezifisches Wissen oder spezielle Fähigkeiten aneignen. In der Regel sind die Inhalte und Ziele in Lehrplänen festgelegt, und die Lernenden müssen diese mehr oder weniger akzeptieren – nach dem Motto: Vogel friss oder stirb. Allerdings kann man davon ausgehen, dass jemand, der sich für einen Lehrgang angemeldet hat, auch mit den Themen und Inhalten einverstanden ist. Trotzdem fragt es sich, ob es für die Hebung der Motivation nicht förderlich wäre, die Lernenden bei der Festlegung von inhaltlichen Schwerpunkten mitwirken zu lassen. Denn sie sind eingebettet in ein berufliches und/oder privates Umfeld, das ganz spezifische Anforderungen an sie stellt. Daraus können sich innerhalb einer Lerngruppe unterschiedliche Bedürfnisse ergeben. Die Lernenden können so neben den offiziellen Zielen einer Ausbildung auch individuelle Entwicklungsziele formulieren. Dies wäre ganz im Sinn des zweiten Charakteristikums für das motivierte Handeln von Menschen: Die Lernenden wollen Ziele erreichen.