Читать книгу Verschenktes Schicksal: Arztroman Sammelband 3 Romane - Glenn Stirling - Страница 13
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ОглавлениеNina Norden saß wie ein Häuflein Elend im Park und wartete auf Sven. Sie hatte jetzt viel Zeit zum Nachdenken; sie war krank geschrieben worden. Ihre Gedanken waren so schwarz, dass sie sich verzweifelt fragte: Werde ich etwa verrückt?
Sie konnte einfach nicht begreifen, dass ausgerechnet sie mit diesem schrecklichen Ekzem herumlaufen musste, wo sie sich doch immer peinlich sauber gehalten hatte.
Oder sollte das die Strafe sein ...?
Ihre Wangen färbten sich rot.
Am unteren Ende des Weges sah sie Sven auftauchen. Ihr Herz flatterte wie ein kleines Vögelchen in ihrer Brust. Sie liebte ihn so sehr! So unendlich! Deshalb hatte sie schreckliche Angst, ihn zu verlieren. Wenn das geschähe, würde sie ihrem Leben ein Ende machen. Dann hatte nichts mehr Sinn - gar nichts.
»Hallo«, sagte sie leise.
Er nahm sie in die Arme und küsste sie zärtlich.
»Wartest du schon lange auf mich?«
»Nein. Und wenn schon. Es macht doch nichts. Ich habe ja viel Zeit.«
»Ich wurde leider aufgehalten.«
»Sollen wir ins Kino gehen?«
Dorthin ging sie noch gern. Es war dunkel, und sie brauchte nicht zu befürchten, angestarrt zu werden. Es wirkte schon komisch, wenn sie im Lokal die Handschuhe nicht ablegte.
»Nein, jetzt nicht, Nina. Ich muss mit dir reden.«
Ihre Lippen begannen zu zittern. Jetzt wird er mir sagen, dass er mich verlässt, dachte sie dumpf.
»Hast du es dir überlegt?«
»Was?«
»Diesen neuen Arzt aufzusuchen. Ich habe noch einmal mit der Frau gesprochen. Du kannst es dir finanziell bestimmt leisten, und es wird auch nicht lange dauern. Wenn du alles tust, was man dir dort sagt, dann brauchst du nicht einmal zu bleiben.«
Schon wieder fing er davon an. Verstand er denn nicht, dass sie keine Ärzte mehr sehen konnte? Immer dieser mitleidige Blick! Sie ertrug ihn einfach nicht mehr. Und jedes Mal die falsche Hoffnung. Sie wusste doch schon vorher, dass nichts half.
»Wirst du hingehen?«
Sie zuckte nur mit den Schultern. Er sollte sie doch nicht so quälen.
Sven sagte ruhig: »Ich glaube, du liebst mich gar nicht mehr, Nina.«
Sie war entsetzt.
»Sven ...«, flüsterte sie.
»Hör zu, wenn du mich wirklich liebtest, würdest du es für mich tun. Aber nicht einmal das tust du. Du willst mich nur quälen, ich weiß nicht warum. Ich habe dir nichts getan. Aber glaubst du, ich merkte nicht, dass du seit einiger Zeit recht komisch zu mir bist? Vielleicht willst du gar nicht gesund werden. Ja, jetzt glaube ich es fast.«
»Das ist nicht wahr!«
»Hör zu, wenn es nicht wahr ist, dann fahr hin, erkundige dich zumindest. Wenn es nichts wird, dann mache ich dir keinen Vorwurf. Aber wenn du nicht einmal das für mich tun willst, dann tut es mir leid, Nina, dann kann ich dich nicht mehr länger ertragen.«
Tränen rollten über ihr Gesicht.
»Ich weiß doch, dass auch du dich ekelst. Sprich es doch aus! Du ekelst dich vor mir, wie alle anderen auch.«
Er sprang auf.
»Ich ekele mich nicht vor deinen Händen, Nina, das weißt du ganz genau. Aber deine Launen sind mir über. Ich ertrag’ sie einfach nicht mehr. Verflixt, ich will leben, verstehst du? Aber ich will nicht ständig eine Jammertüte bei mir haben. Du gehst mir auf die Nerven!« Vor Schreck erstarrt sah Nina ihren Freund an. »Ich kann nicht mehr. Ich bin am Ende, ich habe nämlich auch nur Nerven. Du wirst erst wieder von mir hören, wenn du bei diesem Arzt gewesen bist.«
Noch bevor das junge Mädchen antworten konnte, war er davongestürmt. Sie ahnte nicht, wie schwer es ihm gefallen war, so zu ihr zu sprechen. Ihr Herz wollte zerbrechen. Sie dachte nur immer wieder: Ich hab’ es gefühlt. Er muss mich ja verachten. Ich habe es gespürt. Jetzt hat er es mir gesagt. Ich, ich kann einfach nicht mehr.
Sie war verzweifelt; war am Ende.
Zuerst glaubte sie, sich von diesem Schock nicht erholen zu können. Doch später, als sie ein wenig ruhiger geworden war, dachte sie: Er hat ja recht, ich bin feige.
Dann jedoch war es zorniger Trotz, der sie mutig werden ließ.
»Gut, wenn er es will, dann gehe ich hin. Er wird sehen, dass auch das nichts hilft, und weiß dann aber, dass ich diesmal sogar mein Geld dafür ausgegeben habe.« Sie sprang auf und lief erregt durch den Park auf den Ausgang zu.