Читать книгу Banditen greifen an! Sammelband 4 Western - Glenn Stirling - Страница 30

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Jill Harper, die Blondine aus dem Silverking Saloon, ließ vor Schreck fast die Lampe fallen. Ein staubbedecktes Stiefelpaar lugte aus dem Schatten neben dem Schrank. Dann füllte der Lampenschein das ganze Zimmer.

Jill erkannte Felipe.

»Hombre, du siehst aus, als wärst du durch die Hölle spaziert!«

Felipe sah sich im Spiegel. Mit dem zerrissenen Hemd, den staubverklebten Strähnen und unrasierten Wangen, dazu der Winchester in der Armbeuge hatte er nur mehr entfernte Ähnlichkeit mit dem jungen Vaquero von einst. Seine Stimme klang rau.

»Tut mir leid, dass ich dich erschreckt hab.«

Das Saloongirl spähte erst den Korridor entlang, ehe es die Tür schloss und die Lampe auf den Tisch stellte. Müdigkeit lag auf dem geschminkten Gesicht. Es war Mitternacht, aber noch immer drang Lärm aus dem Erdgeschoss.

»Ich finde, dass du ziemlich leichtsinnig bist, Amigo. Nun behaupte bloß nicht, du hattest Sehnsucht nach mir?«

»Ich muss Wyatt Earp sprechen.«

»Sonst bist du gesund?«

»Sag ihm, dass ich hier auf ihn warte. Er soll vorsichtig sein. Rhett Emmery ist in der Stadt, ihn zu töten.«

»Ich brauch ’nen Drink.« Jill nahm Flasche und Glas aus einem Schränkchen. »Auch einen?«

Felipe schüttelte den Kopf. Sie bediente sich. Ihre grünen Augen musterten ihn intensiv.

»Warum gerade ich?«

»Ich kenn’ sonst niemand in Tombstone.«

Jill schüttelte den Kopf.

»Du bist der verrückteste Kerl, den ich je kennenlernte. Nach allem, was geschah, wird Earp dich ins Jail stecken.«

»Darauf muss ich’s ankommen lassen.«

Jill fröstelte. »Wenn du mich fragst …«

»Ich frag dich nicht.« Der harte Klang überraschte Jill.

»Aber du findest es selbstverständlich, mich in Schwierigkeiten zu bringen!«, stieß sie hervor. »Wer garantiert mir, dass du Earp nicht in eine Falle locken willst?«

»Ich.«

Die Frau schluckte.

»Also gut.« Sie zog einen Mantel an. Es war die erste kalte Oktobernacht. Jill löschte die Lampe, ehe sie ohne ein weiteres Wort das Zimmer verließ.

Der Schein der Gaslaternen entlang der Toughnut Street spiegelte sich an der Decke. Auch die übrigen Straßen und die meisten Gebäude besaßen Gasbeleuchtung. Das Gas wurde aus der nahen Umgebung in die Stadt geleitet. Ein Luxus mehr für die Boomtown.

Felipe stellte sich ans Fenster. Jill verließ eben den Saloon. Sie ließ eine Gruppe angetrunkener Miner vorbei, ehe sie die Straße überquerte. Felipe glaubte plötzlich einen Luftzug zu spüren, achtete aber nicht darauf. Denn drüben trat ein Mann aus dem Schatten und hielt Jill fest: Frank McLowry.

Felipe verstand nicht, was Frank zu Jill sagte. Sie versuchte nicht, sich loszureißen. Stattdessen blickte sie zu dem Fenster, an dem er stand. Felipe erkannte die Angst auf ihrem Gesicht. Sie lachte zwar, aber es klang eine Spur zu schrill; um einen Mann wie Frank McLowry zu überzeugen. Dann tauchten Jim Crane und Pete Spence an der Ecke auf. Frank schickte sie zum Silverking.

Sie schienen unbewaffnet, aber Felipe wäre jede Wette eingegangen, dass sie Revolver unter den Jacken trugen. Eine sonore Stimme sagte hinter ihm: »Sieht so aus, als hätten sie’s auf deinen Skalp abgesehen. Sie werden gleich hier sein.«

Felipe schnellte herum. Eine kräftige Faust umspannte seine Winchester. Die Mündung eines Colts berührte ihn.

»Du möchtest doch nicht, dass ich den Burschen die Arbeit abnehme.« Wyatt Earp grinste kantig. Er war wie eine Katze ins dunkle Zimmer gekommen. »Hast du wirklich gedacht, du könntest unbemerkt in die Stadt gelangen?«

»Ich wollte …«

»Du hast Glück. Ich hab nebenan alles mitgekriegt. Komm.«

Sie benutzten die Außentreppe an der Seitenwand. Die Gaslaterne vor dem Saloon funktionierte nicht. Felipe bezweifelte, dass es ein Zufall war. McLowry war verschwunden. Jill eilte zu Earps Office. Crane und Spence wollten statt in den Saloon ebenfalls zur Außentreppe. An der Ecke stand plötzlich Wyatt vor ihnen.

»Wen sucht ihr?«

Sie traten einen Schritt zurück. Spence fluchte, als er Felipe sah.

»Wie, zum Teufel, kommst du drauf, dass wir jemand suchen, Marshal?«, knurrte Crane.

»Dann ist’s ja gut. Ich wär’ euch gern behilflich gewesen. Spence, ist das nicht ein Revolver in deiner Tasche?«

Spence wollte wieder einen Schritt zurückweichen. Sein Kumpan legte ihm die Hand auf die Schulter.

»Wir haben eben unsere Schießeisen bei Webster abgeholt. Wir wollen heimreiten.«

»Lasst euch nicht aufhalten.«

Ihre Blicke bohrten sich ineinander. Felipe sah den beiden Outlaws an, dass sie fieberhaft überlegten, was er dem Marshal erzählt haben konnte.

Inzwischen war Jill vor dem Office. Virgil trat heraus. Der Lichtschein an der Tür traf ihn von hinten. Mit dem schwarzen Anzug und dem Abzeichen sah er Wyatt zum Verwechseln ähnlich. Eine hagere Gestalt in buntgestreiftem Poncho stand plötzlich an der Ecke.

Felipe sah den auf Virgil gerichteten Revolver, stieß einen Warnschrei aus, riss die Winchester hoch und schoss.

Gleichzeitig drückte Emmery ab. Die Drehung rettete den Stadtmarshal. Emmerys Blei streifte seinen Ärmel und traf den Pfosten neben Jill. Sie schrie.

Dann ließ Emmery die Waffe fallen, taumelte an die Wand und sank an ihr nieder. Sein Sombrero rollte auf die Straße. Jetzt erst erkannten die Earps ihn.

»Verdammt!«, rief Wyatt. Spence und Crane waren nicht mehr für ihn wichtig. Er rannte die Straße hinab. Felipe folgte ihm. Virgil kniete bei dem Getroffenen.

»Wer war noch dabei, als ihr die Postkutsche überfallen habt?«

Emmery atmete mühsam. Der Tod zeichnete bereits sein knochiges Gesicht.

»Antworte!«, drängte Virgil. Emmery hob den Kopf, als Wyatts Schatten auf ihn fiel. Seine Lippen bewegten sich.

»Sie wollen … Montoyas Schwester.«

»Sprich weiter!«

Rhett Emmerys Kopf sank zur Seite. Er atmete nicht mehr. Ein Rauschen füllte Felipes Ohren. Er spürte kein Bedauern, aber auch keine Genugtuung, nur den Wunsch, Tombstone auf der Stelle zu verlassen. Schwerfällig stand Virgil auf. Wyatt rührte sich nicht. Bleich lehnte Jill am Vordachpfosten.

Fenster und Türen klappten, Rufe schwirrten durcheinander. Neugierige kamen. Aber McLowry und seine Leute waren wie vom Erdboden verschluckt.

»Hast du geschossen?«, fragte Virgil den Bruder.

»Montoya war’s.«

»Er hat mir das Leben gerettet.«

»Und den einzigen Zeugen des Postkutschenüberfalls zum Schweigen gebracht«, meldete sich eine Stimme hinter Felipe. Der Druck eines Revolvers zwischen den Schultern bannte ihn. »Im Namen des Gesetzes verhafte ich dich, Montoya.«

Es war Sheriff Johnny Behan.

Banditen greifen an! Sammelband 4 Western

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