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6 Neurophysiologie – elektrische Hirnaktivität Daniel Brandeis und Tobias Banaschewski 6.1 Einführung
ОглавлениеDie neurophysiologische Untersuchung der Hirnaktivität mittels EEG (Elektroenzephalogramm) erlaubt eine direkte Messung neuronaler Aktivität und eine Darstellung von neuronalen Vorgängen und Zuständen in Echtzeit, also von Sekundenbruchteilen bis zu Stunden. So können etwa Netzwerke, welche unterschiedliche Funktionen wie Zustandsregulation, Aufmerksamkeit oder Antwortkontrolle ausüben, durch die zeitliche Abfolge oder die Frequenz der entsprechenden transienten, anhaltenden oder oszillatorischen Hirnaktivität unterschieden werden. Dies hat wesentlich zum Verständnis von ADHS und anderen psychiatrischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter beigetragen (Banaschewski und Brandeis 2007, Brandeis et al. 2018, Rothenberger 2009). Messungen der betroffenen Hirnfunktion bei ADHS liefern auch quantitative neurobiologische Marker, welche als Endophänotypen eine Brücke zwischen der Psychopathologie von ADHS mit ihren unterschiedlichen Formen, Verläufen oder Behandlungserfolgen, und den neuronalen, molekularen oder genetischen Korrelaten bilden. Allerdings sind solche Biomarker auf Grundlage des EEGs noch zu ungenau und nicht unabhängig validiert. Sie eignen sich deshalb zurzeit weder zur ADHS-Diagnostik noch für Behandlungsempfehlungen.
Mangelnde Aufmerksamkeit und überaktives, wenig moduliertes impulsives Verhalten bilden zwei Kerndimensionen von ADHS. Neurophysiologische Messungen gestatten es nun, die entsprechende Hirnaktivität bei ADHS sowohl im Ruhezustand als auch beim Lösen von Aufgaben direkt zu untersuchen. Sie können damit auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kindern und Jugendlichen mit ADHS auf der neurophysiologischen Ebene aufzeigen. Fragen zur Ursache und Wirkung von neurophysiologischen Defiziten bei ADHS können anschließend durch weitere neurobiologische und genetische Studien sowie durch epidemiologische und ätiologische Untersuchungen geklärt werden. Das vorliegende Kapitel konzentriert sich auf exemplarische neuere Arbeiten der letzten fünfzehn Jahre, da weiter zurückgehende Befunde in früheren Übersichtsarbeiten bereits ausführlich dargestellt sind (Brandeis 2000; Barry et al. 2003a, b).